Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsstelle zum Thema „Mobbing”. Offensichtliche Unzuständigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Es erscheint nicht undenkbar, dass dem Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zur Erzwingung einer „Mobbingschutz-Betriebsvereinbarung” über die Einigungsstelle zusteht. Einem Antrag nach § 98 ArbGG ist daher zu entsprechen.
Normenkette
ArbGG § 98; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 1, §§ 84-85
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Beschluss vom 23.04.2004; Aktenzeichen 7 BV 12/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats vom 21.05.2004 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 23.04.2004 – 7 BV 12/04 – abgeändert:
Herr Richter am Arbeitsgericht Duisburg, Dr. W. A., wird zum Vorsitzenden der im Betrieb der Arbeitgeberin einzurichtenden Einigungsstelle „Betriebsvereinbarung über partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz sowie zur Verbesserung der Informations- und Unternehmenskultur” bestellt.
Die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf zwei festgelegt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Verfahrens nach § 98 ArbGG über die Frage, ob die vom Betriebsrat (Antragsteller) angerufene Einigungsstelle zum Thema „Mobbing” offensichtlich unzuständig ist.
Die Antragsgegnerin (Arbeitgeberin) betreibt in N. ein Unternehmen des Groß- und Außenhandels mit circa 250 Arbeitnehmern.
Der bei der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat legte ihr zu Beginn des Jahres 2004 den Entwurf einer „Betriebsvereinbarung über partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz sowie zur Verbesserung der Informations- und Unternehmenskultur” (im Folgenden „BV” genannt, wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt 6 ff. der Akten verwiesen) vor und forderte die Arbeitgeberin zu Verhandlungen über den Entwurf auf. Nachdem die Arbeitgeberin dies unter dem 19.02.2004 abgelehnt hatte, erklärte der Betriebsrat mit Schreiben seiner späteren Verfahrensbevollmächtigten vom 20.02.2004 die Verhandlung für gescheitert und rief die Einigungsstelle an. Die Arbeitgeberin ließ mit Schreiben vom 04.03.2004 antworten und durch ihre jetzigen Verfahrensbevollmächtigten erklären, dass aus Sicht der Arbeitgeberin kein mitbestimmungspflichtiger Tatbestand gegeben wäre.
Mit seinem am 12.03.2004 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach anhängig gemachten Antrag hat der Betriebsrat die Errichtung einer Einigungsstelle unter Vorsitz von Herrn Richter am Arbeitsgericht Duisburg Dr. A. weiterverfolgt und die Festlegung der Anzahl der Beisitzer auf je zwei begehrt.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass die angestrebte Einigungsstelle jedenfalls nicht offensichtlich unzuständig sei. Das Mitbestimmungsrecht für die zu regelnden betrieblichen Sachverhalte folge nämlich aus § 87 Abs. 1 Ziffer 1 BetrVG, wonach der Betriebsrat bei Regelungen zur betrieblichen Ordnung und zum Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen hätte. Gleiches gelte mit Blick auf § 87 Abs. 1 Ziffer 7 BetrVG, weil es bei den angestrebten Regelungen auch um solche ginge, die dem präventiven Gesundheitsschutz dienten.
Der Betriebsrat hat weiter die Auffassung vertreten, dass der angestrebten Regelung auch der Gesetzesvorbehalt des § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG nicht entgegenstünde. Insbesondere enthielten die §§ 84 ff. BetrVG aber auch die Bestimmungen des Beschäftigtenschutzgesetzes (BeschSchG) keine abschließenden Regelungen, die Sperrwirkung entfalten könnten.
Der Betriebsrat hat beantragt,
- Herrn Richter am Arbeitsgericht Duisburg, Dr. W. A., als Vorsitzenden der im Betrieb der Beteiligten zu 2) einzurichtenden Einigungsstelle „Betriebsvereinbarung über partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz sowie zur Verbesserung der Informations- und Unternehmenskultur” zu bestellen,
- die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer auf zwei festzulegen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei. Sie hat hierzu ausgeführt, die von der Betriebsvereinbarung zu regelnden Materien unterfielen sämtlich nicht den Regelungstatbeständen des
§ 87 Abs. 1 BetrVG und würden zudem durch die Normen des BeschSchG und der §§ 84 ff. BetrVG verdrängt.
Mit Beschluss vom 23.04.2004 hat die 7. Kammer des Arbeitsgerichts Mönchengladbach – 7 BV 12/04 – die Anträge zurückgewiesen. In den Gründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Einigungsstelle sei offensichtlich unzuständig im Sinne von § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG. Einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats stehe der Gesetzesvorbehalt des § 87 Abs. 1 BetrVG entgegen, weil die vom Betriebsrat angestrebten Regelungen bereits durch §§ 82 ff. BetrVG einer abschließenden gesetzlichen Behandlung zugeführt seien.
Der Betriebsrat hat gegen den ihm am 07.05.2004 zugestellten Beschluss mit einem am 21.05.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.
Er wiederholt im Wesentl...