Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten. Kündigung eines formlos zum Geschäftsführer bestellten Arbeitnehmers
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Zulässigkeit des Rechtswegs ist der jeweilige Streitgegenstand maßgeblich, der ausschließlich durch die klagende Partei bestimmt wird.
2. Beim Geschäftsführer einer GmbH greift in jedem Fall die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG mit der Folge der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte dann nicht, wenn der Streitgegenstand das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis betrifft.
3. Betrifft der Streitgegenstand hingegen nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis, sondern nur das Schicksal des ursprünglichen Arbeitsvertrages, ist die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte anzunehmen.
Normenkette
ArbGG § 5 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 06.08.2012; Aktenzeichen 1 Ca 1473/12) |
Nachgehend
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 22.8.2012 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 6.8.2012 - 1 Ca 1473/12 - abgeändert:
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: 14.735,53 Euro
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung sowie über Gehaltsansprüche und insoweit vorab über die Zulässigkeit des zu dem Arbeitsgericht beschrittenen Rechtswegs.
Der Kläger ist seit dem 1.9.2009 bei der I. & H. Metallgießerei GmbH, der Insolvenzschuldnerin, beschäftigt gewesen bei einer monatlichen Grundvergütung in Höhe von 7.500,00 Euro brutto.
Aufgrund formloser Abrede ist er seit Februar 2011 zum Geschäftsführer der Schuldnerin bestellt.
Am 1.2.2012 eröffnete das Amtsgericht Wuppertal unter dem Aktenzeichen IN 1112/11 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter.
Mit Schreiben vom 23.4.2012 kündigte dieser das Arbeitsverhältnis zum 31.5.2012.
Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht sei zuständig, weil er aufgrund des Arbeitsvertrages vom 18.8.2009 in einem Arbeitsverhältnis bei der Schuldnerin beschäftigt gewesen sei. Ein gesonderter Geschäftsführerdienstvertrag sei nicht abgeschlossen. Eine Aufhebung des Arbeitsvertrages sei nicht erfolgt und auch nicht beabsichtigt gewesen und wäre ohnehin mangels Einhaltung des Schriftformerfordernisses nicht wirksam.
Der Kläger hat angekündigt, zu beantragen,
1.
festzustellen, dass das Anstellungsverhältnis des Klägers durch die Kündigung des Beklagten vom 23.4.2012 zum 31.5.2012 nicht aufgelöst worden ist.;
2.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern unverändert über den 31.5.2012 fortbesteht;
3.
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger für April 2012 7500,00 Euro brutto abzüglich bereits erhaltener 793,41 netto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins auf 6.706,59 Euro seit dem 1.5. 2012 zu zahlen, für Mai 2012 7.500,00 Euro brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins hierauf seit dem 1.6.2012 und für Juni 2012 7.500,00 Euro brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1.7.2012.
Die Beklagte hat angekündigt, zu beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei nicht gegeben, weil der Kläger gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG gelte.
Das Arbeitsgericht Wuppertal hat mit Beschluss vom 6.8.2012 den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten als nicht eröffnet angesehen und den Rechtsstreit an das Landgericht Wuppertal verwiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger bei Zugang der Kündigung nach wie vor Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin gewesen sei. Unabhängig davon, ob der Kläger materiellrechtlich als Arbeitnehmer anzusehen sei, sei das Arbeitsgericht wegen der Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht zuständig.
Mit seiner form- und fristgerecht gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wuppertal eingelegten sofortigen Beschwerde vertieft der Kläger seine Rechtsansicht - insbesondere unter Bezugnahme der Rechtsprechung des BAG zum Fortbestehen des ursprünglichen Arbeitsvertrages bei einer formunwirksamen Bestellung zum Geschäftsführer - und stellt auf die diesbezügliche Nachfrage der Beschwerdekammer ausdrücklich klar, dass es klägerseits nur um Feststellungen zu diesem Arbeitsverhältnis und nicht um die Anstellung des Klägers als Geschäftsführer gehen soll.
Die Beklagte verteidigt den angefochtenen Beschluss unter Vertiefung ihrer erstinstanzlich bereits vorgebrachten Argumente.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die sofortige Beschwerde des Klägers ist statthaft und zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1.Für die Feststellungsanträge des Klägers ist der ...