Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmungsrecht - betriebliches Vorschlagswesen
Leitsatz (redaktionell)
1. Streiten die Beteiligten im Beschlußverfahren über die Frage, ob der Spruch einer Einigungsstelle wegen eines Rechtsverstoßes unwirksam ist, so ist die Einigungsstelle als Beteiligte im Verfahren hinzuzuziehen.
2. Das Initiativrecht des Betriebsrates im Rahmen des § 87 Abs 1 BetrVG 1972 und das dem Betriebsrat danach zustehende Mitbestimmungsrecht sind deckungsgleich.
3. Die Mitbestimmung des Betriebsrates im Rahmen des § 87 Abs 1 BetrVG 1972 verwirklicht den Grundsatz der Parität und schließt im Rahmen der gewährten Rechtsstellung auch das Recht zur Gestaltung auf Grund eigenen Initiativen ein.
4. Die Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen nach § 87 Abs 1 Ziff 12 BetrVG 1972 können nicht mit Sozialeinrichtungen nach § 87 Abs 1 Ziff 8 BetrVG 1972 verglichen werden. Der Arbeitgeber kann also eine "Einrichtung" betriebliches Vorschlagswesen nicht "schließen".
5. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates im Rahmen des § 87 Abs 1 Ziff 12 BetrVG hat auch präventiven Charakter, dh es setzt bereits dann ein, wenn noch keine Verbesserungsvorschläge in größerer Zahl von Arbeitnehmern des Betriebes gemacht worden sind. Ein "Unterlaufen" des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates durch Annahme nur vereinzelt gemachter Verbesserungsvorschläge ist unzulässig. Hat der Arbeitgeber in der Vergangenheit einzelne Verbesserungsvorschläge von Arbeitnehmern angenommen, so besteht stets ein Regelungsanspruch des Betriebsrates nach § 87 Abs 1 Ziff 12 BetrVG 1972.
6. Ob ein Regelungsanspruch des Betriebsrates auch dann besteht, wenn in der Vergangenheit noch niemals Verbesserungsvorschläge von den Arbeitnehmern des Betriebes eingebracht worden sind, bleibt unentschieden.
7. Im Verfahren über die Rechtsgültigkeit des Spruchs einer Einigungsstelle kann das Gericht nach Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Spruchs die Regelung nicht selbst treffen. Verstößt der Spruch der Einigungsstelle gegen eine Rechtsnorm, so ist er aufzuheben. Die Einigungsstelle hat nach Rechtskraft des Beschlusses ihr Verfahren fortzusetzen. Die Bildung einer neuen Einigungsstelle kommt nicht in Betracht.
Nachgehend
Fundstellen
EzA § 87 BetrVG 1972 Vorschlagswesen, Nr 1 (LT1-7) |
LAGE § 76 BetrVG 1972, Nr 13 (L1-7) |
LAGE § 87 BetrVG 1972 Vorschlagswesen, Nr 1 (L1-7) |