Verfahrensgang
ArbG Essen (Beschluss vom 06.02.1991; Aktenzeichen 5 Ca 2943/90) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Essen vom 06.02.1991 – 5 Ca 2943/90 – wird als unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Beschwerdewert beträgt 7.500,– DM.
Gründe
Der Kläger hat gegen die ihm am 19.10.1990 mündlich ausgesprochene fristlose Kündigung der Beklagten mit der am 16.11.1990 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageschrift unter Berufung auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes Klage erhoben und zugleich unter Beifügung seiner eidesstattlichen Versicherung den Antrag auf nachträgliche Zulassung dieser Klage mit der Begründung gestellt, er habe am 19.10.1990 von einem Sachbearbeiter des Arbeitsamtes auf seine Frage hin, was er gegen die Kündigung machen könne, die Auskunft erhalten, daß er beim Arbeitsgericht Klage erheben müsse. Auf die Dreiwochenfrist sei er nicht hingewiesen worden. Erst am 16.11.1990 sei er bei seinem Prozeßbevollmächtigten vorstellig geworden.
Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat durch am 06.02.1991 verkündeten Beschluß den Antrag des Klägers auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung, wegen deren Einzelheiten auch insoweit auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen wird, führt das Arbeitsgericht im wesentlichen aus, der Kläger habe die ihm zuzumutende Sorgfalt außer acht gelassen, wenn er nach Zugang der Kündigung nicht unverzüglich gegen die Kündigung Klage erhoben, sondern seinen Anwalt erst nach vier Wochen konsultiert habe. Eine unvollständige Auskunft des Sachbearbeiters des Arbeitsamtes rechtfertige die nachträgliche Zulassung nicht, denn das Arbeitsamt sei keine für die Erteilung von Rechtsauskünften in arbeitsrechtlichen Fragen zuverlässige Stelle. Die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts Kiel (NZA 1988, 178) werde geteilt.
Der Kläger hat gegen den ihm am 08.03.1991 zugestellten Beschluß des Arbeitsgerichts mit einem am 21.02.1991 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Er rügt unter Hinweis auf den Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsrecht (KR, § 5 KSchG Rdnr. 30 f.) die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, das Arbeitsamt sei keine für die Erteilung von Rechtsauskünften in arbeitsrechtlichen Fragen zuverlässige Stelle. Die Sachbearbeiter der Arbeitsämter seien mit der Frage befaßt, wie das Arbeitsverhältnis beendet worden sei. Sie seien auch darüber informiert, daß die Berechtigung einer Kündigung nur innerhalb der Dreiwochenfrist nach Zugang der Kündigung überprüft werden könne. Es könne daher angesichts der unvollständigen Auskunftserteilung ihm nicht zum Nachteil gereichen, daß er aus Unkenntnis erst nach vier Wochen seinen Anwalt aufgesucht habe.
Die Beklagte ist der Auffassung, das Arbeitsamt sei nicht als Rechtsberatungsstelle anzusehen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Beschwerdeverfahren wird auf den Inhalt ihrer in diesem Rechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die nach Verkündung des angefochtenen Beschlusses eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG) und form- und fristgerecht (§ 577 Abs. 2 ZPO) eingelegt worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen den zulässigen Antrag des Klägers auf nachträgliche Zulassung seiner verspätet erhobenen Kündigungsschutzklage zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat nicht dargetan, bei aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert gewesen zu sein, die Klage innerhalb der Frist des § 4 KSchG zu erheben. Für ein Verschulden im Sinne von § 5 Abs. 1 KSchG ist auf die den betroffenen Arbeitnehmer zuzumutende Sorgfaltspflicht abzustellen. Unter Berücksichtigung seiner individuellen Möglichkeiten muß jedoch jede Form des Verschuldens, also auch leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen sein. Es ist zu berücksichtigen, daß einem Arbeitnehmer bei der Verfolgung einer für ihn so wichtigen Angelegenheit, wie die Frage der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses, eine gesteigerte Sorgfalt abverlangt werden muß. Im Interesse der Rechtssicherheit muß von ihm erwartet werden, daß er alle Vorkehrungen trifft, die in seiner Lage unter Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse nach dem Empfang der Kündigung getroffen werden können (KR-Friedrich, 3. Aufl., § 5 KSchG Rdz. 11 ff.; Rohlfing/Rewolle, KSchG-Komm., § 5 Anm. 2 a; Hueck, KSchG, 10. Aufl., § 5 Anm. 2; Herschel/Löwisch, KSchG-Komm., 6. Aufl., § 5 Rdnr. 3; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 5. Aufl., Rz. 1127). Die Unkenntnis von der Klageerhebungsfrist entlastet den Arbeitnehmer grundsätzlich nicht. Es gehört zu der jedem Arbeitnehmer zumutbaren Sorgfalt, sich im Falle fehlender Rechtskenntnisse bei einer f...