Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Arbeitgebers für im Auftrag des Betriebsrats entstandene Rechtsanwaltskosten. Rechtsanwaltskosten als erstattungsfähiger Schaden
Leitsatz (amtlich)
Hat der Arbeitgeber gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG Rechtsanwaltsgebühren zu erstatten und erfüllt er diesen an den Rechtsanwalt, der für den Betriebsrat tätig geworden ist, abgetretenen Primäranspruch nicht, haftet er für Rechtsverfolgungskosten zur Durchsetzung dieses Anspruchs aus dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs.
Normenkette
ArbGG § 2a Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 12a Abs. 1 S. 1, § 83 Abs. 3; BetrVG § 40 Abs. 1; BGB § 249 Abs. 1, § 254 Abs. 1, §§ 276, 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1, §§ 291, 280 Abs. 2, § 286 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Entscheidung vom 26.10.2016; Aktenzeichen 6 BV 39/15) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wesel vom 26.10.2016 - 6 BV 39/15 - teilweise abgeändert und
- die Beteiligte zu 2) verpflichtet, weitere 218,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.06.2015 an die Antragstellerin zu zahlen,
- die Beteiligte zu 2) verpflichtet, weitere 523,60 € an die Antragstellerin zu zahlen.
II.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, soweit die Beteiligte zu 2) verpflichtet worden ist, weitere 523,60 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten über Vergütungsansprüche der Antragstellerin aufgrund der Vertretung des bei der Beteiligten zu 2) gebildeten Betriebsrats und aufgrund der Durchsetzung dieser Vergütungsansprüche.
A.Die Antragstellerin, eine Rechtsanwaltskanzlei in der Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, war die außergerichtliche Bevollmächtigte und Verfahrensbevollmächtigte des bei der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin (im Folgenden Arbeitgeberin) gebildeten Betriebsrats. Zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat war es in der Vergangenheit zu einer Vielzahl von Streitigkeiten und Beschlussverfahren gekommen.
Den hier streitigen Vergütungsansprüchen der Antragstellerin liegt der Streit über die Teilnahme der Betriebsratsmitglieder I.-H. T. und N. C. an den Seminaren "Der gläserne Mitarbeiter Teil I und II" vom 08.09.2014 bis 12.09.2014 und vom 22.09.2014 bis zum 26.09.2014 in Hamburg bzw. Berlin zu Grunde. Am 06.06.2014 fasste der Betriebsrat zwei Beschlüsse, ausweislich derer die Betriebsratsmitglieder T. und C. zu den genannten Seminaren entsandt werden sollten. Dies teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit Schreiben vom gleichen Tag mit, in denen es hieß, dass er von der Zustimmung der Arbeitgeberin ausgehe, wenn er in den nächsten 14 Tagen nichts von ihr höre. Mit E-Mail vom 23.06.2014 teilte Frau L. für die Arbeitgeberin dem Betriebsrat u.a. Folgendes mit:
"2. Seminare "Der gläserne Mitarbeiter Teil 1 und Teil 2"
In Bezug auf dieses Seminar sind wir der Meinung, dass es vollkommen ausreicht, wenn ein Betriebsratsmitglied das Seminar besucht und danach die anderen Betriebsratsmitglieder (selbst wenn der BR sich in zwei "Arbeitsgruppen" aufteilt, um die Beschlüsse zu erarbeiten), die sich mit Teilbereichen der Materie befassen sollen, seinerseits informiert.
Das Seminar wird somit seitens des Arbeitgebers für ein Betriebsratsmitglied genehmigt. Im Übrigen erfolgt keine Genehmigung."
Mit Schreiben vom 03.07.2014 wandte sich der jetzige Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberin für diese an den Betriebsrat. In dem Schreiben hieß es u.a.:
"....
Die I. Elektrobau GmbH, namentlich Frau T. L., hat dem Betriebsrat mit E-Mail vom 25.06.2014 mitgeteilt, dass es nach Ansicht des Arbeitgebers ausreichend ist, wenn ein Betriebsratsmitglied zu den beiden aufeinander aufbauenden Seminaren entsendet wird.
Angesichts der Tatsache, dass der Betriebsrat hiernach weiterhin die Ansicht vertreten hat, dass es erforderlich sei, zwei Betriebsratsmitglieder zu entsenden, bin ich insofern mit der Prüfung der Angelegenheit betraut worden.
Insofern möchte ich Ihnen wie folgt mitteilen:
...
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Funktionsfähigkeit des Betriebsrats keineswegs gleiche Kenntnis der Mitglieder in allen Angelegenheiten erfordert. Der Betriebsrat muss seine innere Organisation so einrichten, dass die Mitglieder, die über entsprechendes Spezialwissen verfügen bzw. dieses erlangen entsprechend eingesetzt werden.
Insofern ist es vollkommen ausreichend, wenn ein Betriebsratsmitglied sich innerhalb des Betriebsrats mit dem Thema Datenschutz befasst und hierdurch das notwendige Spezialwissen erlangt, um das Thema Datenschutz auf Seiten des Betriebsrats zu verantworten. Auch für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung ist es vollständig ausreichend, wenn ein Betriebsratsmitglied die notwendigen Spezialkenntnisse erlangt hat.
Wir erklären hiermit namens und in Vollmacht der I. Elektrobau GmbH noch einmal ausdrücklich, dass die Freistellung von der Arbeitsleistung sowie die Kostenübernahme für die oben näher...