Entscheidungsstichwort (Thema)
Abberufung von der Freistellung eines Betriebsratsmitglieds, rechtzeitige Mitteilung der Tagesordnung
Leitsatz (amtlich)
Wird die Tagesordnung zu den regelmäßigen Sitzungen des Betriebsrats üblicherweise sechs oder sieben Tage vor den Sitzungen versandt, ist die Mitteilung des Tagesordnungspunkts „Abberufung eines Betriebsratsmitglieds von der Freistellung” eineinhalb Tage vor Beginn der Betriebsratssitzung nicht rechtzeitig im Sinne von § 29 Abs. 2 S. 3 BetrVG, sofern keine Eilbedürftigkeit vorliegt.
Normenkette
BetrVG § 38 Abs. 2 S. 8, § 27 Abs. 1 S. 5, § 29 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Beschluss vom 25.04.2007; Aktenzeichen 15 BV 238/06) |
Tenor
Der Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.04.2007 – 15 BV 238/06 – wird abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Abberufung der Antragstellerin durch den Betriebsrat in der Sitzung vom 29.11.2006 unwirksam ist.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Beschluss des Betriebsrats (Beteiligter zu 2.), die Antragstellerin als freigestelltes Mitglied des Betriebsrats abzuberufen, wirksam ist.
Die Antragstellerin kandidierte auf Platz 1 der Liste II bei der bei den beteiligten Arbeitgeberinnen im Jahr 2006 durchgeführten Betriebsratswahlen. Auf die Liste II entfielen die meisten Stimmen. Im Anschluss an die Wahl kam es zu einer Koalitionsbildung zwischen den anderen Listen. Während der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats am 28.03.2006 wurde als Vorsitzende des Betriebsrats die Listenführerin der Liste I gewählt.
Die Wahl der freizustellenden Mitglieder des Betriebsrats wurde am 03.04.2006 durchgeführt. Das Betriebsratsmitglied T. schlug die Vorsitzende des Betriebsrats, die Antragstellerin und das Betriebsratsmitglied M. vor. Die Antragstellerin schlug auch Frau I. vor. Sodann schrieb die Vorsitzende des Betriebsrats den Namen der Antragstellerin, ihren eigenen Namen und die Namen M., I. sowie I., C. auf die vorliegenden Stimmzettel für die Wahl von drei freigestellten Betriebsräten. Sodann wurde die Wahl durchgeführt, bei der jedes Betriebsratsmitglied für drei der Kandidatinnen bzw. Kandidaten stimmen konnte. Die Antragstellerin wurde mit den meisten Stimmen gewählt.
Von April 2006 bis November 2006 fanden die regulären Sitzungen des Betriebsrats regelmäßig am Mittwoch, in zwei Fällen am Donnerstag, statt. Die Tagesordnungen zu den Sitzungen wurden entweder am Donnerstag oder am Freitag der Vorwoche den Mitgliedern des Betriebsrats zugeleitet. Lediglich für die Sitzung vom 23.08.2006 erfolgte die Übermittlung der Tagesordnung erst am Montag, den 21.08.2006.
Im Betriebsrat bestanden zu bestimmten Fragen Meinungsverschiedenheiten. Nach einem Redebeitrag der Antragstellerin in einer Betriebsversammlung am 16.11.2006 diskutierten die Mitglieder der koalierenden Listen, ob die Antragstellerin von der Freistellung abberufen wird. Für die für Mittwoch, den 29.11.2006, vorgesehene Betriebsratssitzung wurde am Montag, den 27.11.2006, um die Mittagszeit eine Tagesordnung versandt, nach der Gegenstand der Sitzung die Abberufung der Antragstellerin aus der Freistellung und auch aus allen Ausschüssen sein sollte. Zu Beginn der Sitzung am 29.11.2006 wiesen einige Betriebsratsmitglieder darauf hin, dass sie mit dem Inhalt der Tagesordnung nicht einverstanden seien. Als die Vorsitzende des Betriebsrats an der Tagesordnung festhielt, verließen die Antragstellerin und weitere Mitglieder des Betriebsrats die Sitzung und nahmen an der Abstimmung über die Abberufung nicht teil. Bei der Abstimmung über die Abberufung der Antragstellerin aus der Freistellung wurden acht Ja-Stimmen und eine Enthaltung abgegeben.
Mit einem am 11.12.2006 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Antrag hat die Antragstellerin die Unwirksamkeit der Abberufung aus der Freistellung geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, die Abwahl sei nur mit einer Mehrheit von drei Viertel der Betriebsratsmitglieder möglich gewesen, da es sich bei der Wahl zur Freistellung am 03.04.2006 um eine Verhältniswahl gehandelt habe. Auch sei die Tagesordnung zu spät versandt worden.
Die Antragstellerin hat beantragt,
festzustellen, dass ihre Abberufung aus der Freistellung durch den Betriebsrat in der Sitzung vom 29.11.2006 unwirksam ist.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberinnen haben keinen Antrag gestellt.
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat durch Beschluss vom 25.04.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, den Antrag zurückgewiesen.
Gegen den ihr am 18.05.2007 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin mit einem am 14.06.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese – nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 20.08.2007 – mit einem am 15.08.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.04.2007 – 15 BV 238/06 – abzu...