Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer Fristsetzung gem. § 55 Abs. 6 Abs. 1 RVG bei PKH-Bewilligung ohne Zahlungsbestimmung
Leitsatz (amtlich)
Eine wirksame Fristsetzung nach § 55 Abs. 6 RVG setzt voraus, dass im Rahmen der PKH-Bewilligung eine Zahlungsanordnung nach § 120 Abs. 1 ZPO getroffen wurde.
Normenkette
RVG § 55 Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG Krefeld (Entscheidung vom 25.04.2016; Aktenzeichen 5 Ca 2539/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 24.05.2016 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Krefeld vom 25.04.2016 aufgehoben.
Auf die Erinnerung des Antragstellers vom 18.04.2016 wird der den Antrag auf Vergütungsfestsetzung vom 28.12.2015 zurückweisende Beschluss des Arbeitsgerichts Krefeld vom 12.04.2016 aufgehoben. Insoweit wird das Verfahren zur Neuentscheidung über den Vergütungsfestsetzungsantrag an das Arbeitsgericht Krefeld (Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle) zurückverwiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
A.
Mit Beschlüssen vom 08.12.2011 und 22.11.2012 gewährte das Arbeitsgericht dem Kläger des Ausgangsrechtsstreits Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Antragstellers, ohne eine Zahlungsanordnung nach § 120 Abs. 1 ZPO zu treffen. Der Rechtsstreit wurde im Termin am 16.04.2012 zum Ruhen gebracht und von den Parteien nicht weiter betrieben.
Mit Schreiben vom 29.11.2012, welches der Antragsteller am 14.01.2013 erhielt, hat ihn das Arbeitsgericht unter Hinweis auf § 55 Abs. 6 RVG gebeten, seinen Antrag auf Festsetzung seiner Vergütung binnen eines Monats zur Akte zu reichen. Am 28.12.2015 ist beim Arbeitsgericht ein Antrag auf Festsetzung der Prozesskostenhilfe-Vergütung des Antragstellers eingegangen.
Durch Beschluss vom 12.04.2016 hat das Arbeitsgericht - Urkundsbeamter der Geschäftsstelle - den Antrag zurückgewiesen, da der Vergütungsanspruch nach § 55 Abs. 6 Satz 2 RVG erloschen sei. Die hiergegen eingelegte Erinnerung des Antragstellers vom 18.04.2016 hat das Arbeitsgericht - Richter - mit Beschluss vom 25.04.2016 zurückgewiesen. Gegen den ihm am 12.05.2016 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit einem am 24.05.2016 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt.
B.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
I.Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Krefeld ist gemäß § 56 Abs. 2 RVG i. V. m. § 33 Abs. 3 RVG statthaft und auch sonst zulässig (§ 33 Abs. 3 Satz 3 RVG). Insbesondere überschreitet der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 200,00 €.
II.Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die Erinnerung des Antragstellers ist zulässig und begründet. Aus den Gründen des Beschlusses vom 12.04.2016 durfte der Antrag auf Vergütungsfestsetzung nicht zurückgewiesen werden.
1.Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Landeskasse ist der geltend gemachte Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse nicht gemäß § 55 Abs. 6 Satz 2 RVG erloschen. Das entsprechende Aufforderungsschreiben vom 29.11.2012 ist rechtlich unbeachtlich.
a)Zweck der Regelung des § 55 Abs. 6 Satz 1 RVG ist es, dem Urkundsbeamten eine möglichst frühzeitige Schlussabrechnung und eine zuverlässige Abschätzung der für die noch einzuziehenden Raten zu bestimmenden Laufzeit zu ermöglichen (OLG Zweibrücken 21.06.2013 - 2 WF 266/12 - RN 6, [...]; OLG Düsseldorf 06.02.2012 - II-5 WF 126-11, 5 WF 126-11 - RN 5, [...]). Sie dient hingegen nicht dazu, ihm eine beschleunigte Abwicklung einer Prozesskostenhilfe-Vergütung auch in den Fällen zu ermöglichen, in denen wie hier im Rahmen der Prozesskostenhilfe-Bewilligung keine Zahlungsanordnung nach § 120 Abs. 1 ZPO getroffen worden ist. Ansonsten wäre die Erwähnung der weiteren Vergütung nach § 50 RVG in § 55 Abs. 6 Satz 1 RVG überflüssig. Der Urkundsbeamte kann die Antragstellung durch Fristsetzung vielmehr nur erzwingen, wenn die Festsetzung einer weiteren Vergütung nach § 50 RVG in Betracht kommt (vgl. Gerold/Schmidt RVG 22. Aufl. § 55 RN 19). Eine solche setzt voraus, dass das Gericht nach § 120 Abs. 1 ZPO eine Zahlungsanordnung getroffen hat. Darauf, ob eine solche noch möglich ist, weil der 4-Jahreszeitraum des § 120 Abs. 1 Satz 4 ZPO noch nicht abgelaufen ist, kommt es nicht an. Die Fristsetzung ist zudem nur möglich für das Stellen eines Antrags auf weitere Vergütung, nicht für die Prozesskostenhilfe-Vergütung (Bischof ua. RVG 5. Aufl. § 55 RN 29). Wie sich bereits aus dem klaren Wortlaut ergibt, korrespondiert § 55 Abs. 6 Satz 1 RVG insoweit mit § 50 Abs. 1 und 2 RVG.
b)Anderes folgt auch nicht aus der vom Arbeitsgericht zitierten Entscheidung des OLG Koblenz vom 07.08.2012 (- 14 W 423/12 - JurBüro 2013, 206). Dort war eine Zahlungsanordnung getroffen worden, im Zeitpunkt der Aufforderung nach § 55 Abs. 6 Satz 1 RVG jedoch mangels Abschluss des Verfahrens eine Festsetzung noch unzulässig. Das OLG Koblenz hat die Aufforderung für wirksam gehalten, da sie vorbereitend eine einstweilige Situationsbeurteilung ermöglichen sollte. Unabhängig davon, ob dieser Auff...