Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergleich ohne Kostenregelung. Mehrkosten durch Unzuständigkeit des Gerichts

 

Leitsatz (amtlich)

Haben die Parteien in dem Vergleich keine Kostenregelung getroffen, so gelten auch die durch die Anrufung eines unzuständigen Gerichts angefallenen Mehrkosten als gegeneinander aufgehoben. Wegen der Auslegungsregel des § 98 ZPO ist eine gerichtliche Kostenentscheidung über diese Kosten nicht zulässig.

 

Normenkette

ZPO §§ 98, 281 Abs. 3; GVG § 17b Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Beschluss vom 27.12.2001; Aktenzeichen 3 Ca 3058/01)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird derBeschluss des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 27.12.2001 abgeändert und der Antrag des Beklagten vom 30.11.2001 auf eine gerichtliche Kostengrundentscheidung über die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Mönchengladbach entstandenen Kosten zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Beschwerdewert: 2.485,00 DM.

 

Tatbestand

A.

Nach Verweisung des Rechtsstreits durch das Landgericht Mönchengladbach an das Arbeitsgericht Mönchengladbach schlossen die Parteien zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich. Dieser Vergleich enthielt keine Kostenregelung.

In dem angefochtenen Beschluss hat das Arbeitsgericht auf den Antrag des Beklagten dem Kläger die vor dem unzuständigen Landgericht entstandenen Kosten auferlegt.

 

Entscheidungsgründe

B.

Die unzulässige Kostenentscheidung des Arbeitsgerichts (dazu s. unten) unterliegt der Anfechtung (Baumbach-Hartmann, Zivilprozessordnung, 60. Aufl., § 99 Rdn. 4 und 19). Hier ist die sofortige Beschwerde das statthafte Rechtsmittel (§§ 91 a Abs. 2 Satz 1, 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO analog; siehe auch: OLG Köln Rpfleger 1987, 429). Die auch ansonsten zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Für eine Kostengrundentscheidung über die Kosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Mönchengladbach entstanden sind, war kein Raum, da die Kostenverteilung sich umfassend aus dem geschlossenen Vergleich ergibt (vgl. hierzu und im folgenden: Beschwerdekammer in: EzA § 98 ZPO Nr. 1).

Nach § 98 Satz 1 und 2 ZPO gelten die Kosten eines Vergleichs und des zugrundeliegenden Rechtsstreits als gegeneinander aufgehoben, wenn die Parteien, wie hier, keine andere Bestimmung getroffen haben. Dass die Kosten als gegeneinander aufgehoben gelten, bedeutet, dass die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last fallen (siehe § 92 Abs. 1 Satz 2 ZPO) und dass die außergerichtlichen Kosten jede Partei selbst trägt (Baumbach-Hartmann, a.a.O., § 92 Rdn. 40, § 98 Rdn. 1).

Zu den Kosten des Rechtsstreits zählen – gänzlich unbestritten (vgl. statt aller: Beschwerdekammer a.a.O.; OLG Köln JurBüro 1975, 234; Schmidt NJW 1975, 984) – auch die Kosten, die durch die zunächst erfolgte Anrufung des unzuständigen Gerichts entstanden sind. Dies ergibt sich daraus, dass das Gesetz in diesem Fall bezüglich der Kosten von einem einheitlichen Verfahren ausgeht (§ 17 b Abs. 2 S. 1 GVG; dto. § 281 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Dafür, dass für den Vergleich der Begriff der „Kosten des Rechtsstreits” einen grundsätzlich anderen Inhalt haben sollte, ist kein Grund erkennbar.

Richtig ist allerdings, dass, da der Parteiwille vorgeht („wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben”), eine Auslegung des Vergleichs ergeben kann, dass die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Kosten von der in dem Vergleich getroffenen Kostenregelung ausgenommen werden sollen und diese Kosten von der klagenden Partei getragen werden sollen. Aber abgesehen davon, dass es auch in diesem Fall keiner gerichtlichen Kostengrundentscheidung bedurfte – die Auslegung des Vergleichs wäre im Kostenfestsetzungsverfahren vorzunehmen –, bedarf es für eine solche Auslegung zusätzlicher Anhaltspunkte. Keinesfalls ist es rechtlich zutreffend, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Kosten mangels gegenteiliger Anhaltspunkte generell von einer in einem Vergleich getroffenen Kostenregelung auszunehmen und es als stillschweigend vereinbart anzusehen, dass diese Kosten von der klagenden Partei zu tragen sind (Beschwerdekammer a.a.O.; OLG Köln, JurBüro 1975, 234; OLG Frankfurt Rpfleger 1988, 78; OLG Karlsruhe MDR 1988, 1063; OLG Düsseldorf MDR 1999, 568; a.A. zu Unrecht: OLG Bremen JurBüro 1987, 285; OLG Köln Rpfleger 1987, 430; OLG Zweibrücken, MDR 1996, 971). Jedenfalls in dem hier vorliegenden Fall einer unterlassenen ausdrücklichen Kostenregelung in dem Vergleich sind die Dinge in rechtlicher Hinsicht klar. Hier der klagenden Partei die Kosten aufzuerlegen, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstanden sind, ließe sich mit der Systematik des Gesetzes nicht in Einklang bringen. Die Auslegungsregelung des § 98 ist eindeutig (Beschwerdekammer a.a.O.; OLG Köln, JurBüro 1975, 236). Aus demselben Grund kann es nicht richtig sein, die Kostentragungspflicht der klagenden Partei bezüglich der durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Koste...

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