Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweisgebühr
Leitsatz (amtlich)
Wird nach Durchführung einer streitigen Verhandlung ein Beschluß verkündet, wonach zur Vorbereitung eines neuen Termins bestimmte Zeugen geladen werden sollen, so entsteht trotz Fehlens eines förmlichen Beweisbeschlusses eine Beweisgebühr, wenn ein Beweisbeschluß angezeigt gewesen wäre und aufgrund der Verhandlung ersichtlich war, zu welchem Beweisthema die Zeugen vernommen werden sollten.
Normenkette
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Beschluss vom 20.01.1995; Aktenzeichen 5 Ca 1398/94) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird derKostenfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Wesel vom 20.01.1995, soweit der Antrag der Antragsteller zurückgewiesen worden ist, teilweise abgeändert.
Gegen den Antragsgegner wird eine weitere an die Antragsteller zu zahlende Vergütung von 261,05 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 02.01.1995 festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner in vollem Umfang.
Beschwerdewert: 261,05 DM.
Gründe
Die Erinnerung gilt nach Vorlage an das Landesarbeitsgericht als Beschwerde gegen den Beschluß des Rechtspflegers des Arbeitsgerichts (§§ 21 Nr. 2; 11 Abs. 2 RPflG).
Die Beschwerde hat Erfolg.
Der Zulässigkeit der Erinnerung steht nicht entgegen, daß in der Erinnerungsschrift das Datum des Erlasses des angefochtenen Beschlusses und das Zustelldatum unrichtig bezeichnet sind. Da in dieser Sache nur ein Kostenfestsetzungsbeschluß ergangen ist, kann nicht zweifelhaft sein, daß die Erinnerung sich gegen diesen, in dem obigen Tenor genannten Beschluß richten soll.
Die Erinnerung (Beschwerde) ist auch begründet. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz war eine Beweisgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO) festzusetzen.
Nach der genannten Vorschrift erhält der Rechtsanwalt die Gebühr (u.a.) für die Vertretung im Beweisaufnahmeverfahren.
Das Beweisaufnahmeverfahren beginnt in dem Zeitpunkt, in dem das Gericht zum ersten Mal seine Beweiserhebungsabsicht kundtut; sog. Beweisanordnung (vgl. Gerold/Schmidt-v. Eicken, BRAGO, 12. Aufl., Rdn. 97). Steht der Zeugenbeweis in Rede, so liegt, wenn die Beweisaufnahme, wie hier, ein besonderes Verfahren erfordert (§ 356 ZPO), die Kundgabe der Beweiserhebungsabsicht in dem Erlaß des in diesem Fall erforderlichen Beweisbeschlusses (vgl. a.a.O., Rdn. 90). Mit dem Erlaß des Beweisbeschlusses entsteht die Beweisgebühr. Darauf, ob der Beschluß zur Durchführung gelangt, kommt es nicht an (vgl. a.a.O., Rdn. 98).
Hier ist allerdings ein förmlicher Beweisbeschluß nicht verkündet worden. Der am Schluß der Sitzung vom 29.09.1994 verkündete Beschluß enthält nach seinem Wortlaut bloße zur Vorbereitung des weiteren Termins getroffene Anordnungen, worin eine Beweisanordnung im allgemeinen noch nicht gesehen werden kann. Auch die spätere Ladung könnte, sofern sie eine bloße vorbereitende Maßnahme darstellte, die Beweisgebühr noch nicht auslösen (vgl. a.a.O., Rdn. 109 m.w.N.). Dennoch ist hier aufgrund der besonderen Konstellation ausnahmsweise bereits von einer Beweisanordnung des Gerichts auszugehen.
Die Anordnungen gemäß dem Beschluß vom 29.09.1994 waren ergangen aufgrund einer Kammerverhandlung. Wie sich nicht zuletzt auch aus der Begründung der Nichtabhilfeentscheidung ergibt, war die Kammer zu der Erkenntnis gekommen, daß es (wie der Beschluß selbst ergibt: wohl neben einer Parteivernehmung) auf die Vernehmung der Zeugin ankam; desgleichen war für sie klar, zu welchem Punkt die Zeugin zu hören war (offenbar zur Höhe des vereinbarten Lohnes, siehe den Beweisantritt des Klägers in der Protokollniederschrift vom 07.09.1994). Unter diesen Umständen hätte dem nichts entgegengestanden, bereits als Ergebnis des Verhandlungstermins vom 29.09.1994 einen Beweisbeschluß zu verkünden. Einen solchen Beweisbeschluß hätte auch nicht gehindert, daß der Name und die Anschrift der Zeugin schriftsätzlich nicht genannt worden waren. Insoweit hätte zusätzlich eine Auflage zur Vervollständigung des Beweisantritts in den Beweisbeschluß aufgenommen werden können. Jedenfalls bei einer solchen Sachlage, in der der Erlaß eines Beweisbeschlusses angezeigt gewesen wäre, ist – unabhängig davon, ob nach einer mündlichen Verhandlung bloße prozeßvorbereitende Maßnahmen überhaupt noch zulässig sind (s. hierzu: Slowana/Hansens, BRAGO, § 31 Rdn. 29 m.w.N.) – von dem Vorliegen einer Beweisanordnung auszugehen (vgl. Slowana/Hansens, a.a.O., § 31 Rdn 27 u. Riedel/Sußbauer, BRAGO, 6. Aufl., § 31 Rdn. 110 m.w.N. pro und contra). Bei diesem Ergebnis bedarf demgemäß die Frage, wann trotz Fehlens eines an sich erforderlichen Beweisbeschlusses von einer Beweisanordnung ausgegangen werden darf, keiner grundsätzlichen Beantwortung (vgl. insoweit: Hartmann, Kostengesetze, 26. Aufl., § 31 BRAGO Rdn. 125 ff., 155 ff.).
Auch wenn die Beweisanordnung von der Angabe des vollständigen Namens und der Anschrift der Zeugin abhängig sein sollte (die Anschrift war im übrigen, da die Zeugin die Ehefrau des Beklagten war, was naheliegen mußte, mit der Anschrift d...