Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchführungs- und Unterlassungsanspruch eines Gesamtbetriebsrats. Unterlassungsanspruch des Gesamtbetriebsrats gegen den Arbeitgeber auf Bezahlung mitbestimmungswidrig mit einem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich vereinbarter Vergütung
Leitsatz (amtlich)
1. Auslegung einer Gesamtbetriebsvereinbarung, aus der sich keine absolute Gehaltsobergrenze entnehmen lässt.
2. Auf der Grundlage des allgemeinen Unterlassungsanspruchs aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kann der Gesamtbetriebsrat von der Arbeitgeberin nicht verlangen, dass sie die Bezahlung mitbestimmungswidrig mit einem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich vereinbarter Vergütung unterlässt.
Normenkette
ArbGG § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 3; BetrVG § 23 Abs. 3 S. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 10; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 13.09.2012; Aktenzeichen 3 BV 27/12) |
Nachgehend
Tenor
Gründe
Die Beteiligten streiten über einen Unterlassungsanspruch und die korrekte Anwendung eines Entgeltsystems.
I.
Der Antragsteller ist der bei der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin gebildete Gesamtbetriebsrat. Die Arbeitgeberin, ein Finanzdienstleister für überwiegend private Kunden, der nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes des privaten Bankgewerbes war, beschäftigte ca. 3.600 Mitarbeiter.
Am 12.11.2008 einigten sich die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach auf die Einrichtung einer Einigungsstelle zum Thema "Einführung eines unternehmenseinheitlichen Lohn- und Gehaltssystems nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 unter Berücksichtigung der noch bestehenden Betriebsvereinbarungen und Gesamtbetriebsvereinbarungen". Eine Delegation der damaligen örtlichen Betriebsräte, für die auf Seite 3 der Antragsschrift Bezug genommen wird, an den Gesamtbetriebsrat gab es nicht. Dieser war damals der Ansicht, originär zuständig zu sein. Die Einigungsstelle entschied durch Spruch vom 29.06.2009 "Gesamtbetriebsvereinbarung über die Schaffung eines neuen Gehaltssystems" (GBV Gehalt). In der GBV Gehalt hieß es u.a.:
"§ 2 Vergütungsgruppen
(1)Anstelle der Tarifgruppen des Tarifvertrages für das private Bankgewerbe und der Einstufung nach Berufsjahren einerseits und dem bisher praktizierten Hay-Systems andererseits tritt zukünftig bei der T.-Bank ein eigenständiges Vergütungssystem mit eigenen Vergütungsgruppen (nachfolgend auch: "VG"). Die Vergütungsgruppen und deren prozentualer Abstand ergeben sich aus Anlage 1. Die Höhe der monatlichen Grundvergütung für die Vergütungsgruppe 1 (...) wird vom Arbeitgeber jährlich neu festgelegt.
(2)Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bezieht sich auf das Vergütungssystem, das Verhältnis der Vergütungsgruppen zueinander, nicht hingegen auf die Vergütungshöhe.
§ 4 Ein- und Umgruppierungen
(1)Jeder Mitarbeiter wird nach der von ihm ausgeübten bzw. - bei Neueinstellungen oder erstmaliger Übertragung der Position - der zur Ausübung vorgesehenen Tätigkeit unter Anwendung der in Anlage 2 genannten Kriterien einer Grundfunktion zugeordnet und - soweit für diese Grundfunktion existent - in ein Level eingestuft, wobei die Kriterien des Kriterienkatalogs jeweils kumulativ erfüllt sein müssen. Dadurch ergibt sich die individuelle Eingruppierung des jeweiligen Mitarbeiters.
..."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichte GBV Gehalt nebst Anlagen und Begründung des Spruchs Bezug genommen. Neben der GBV Gehalt gab es bei der Arbeitgeberin weitere, verschiedene Vergütungssysteme. Am 09.12.2010 wurde ein Nachtrag 1 zur GBV Gehalt (Nachtrag 1) vereinbart. Dieser wurde von der Arbeitgeberin, dem örtlichen Betriebsrat der Hauptverwaltung und dem Gesamtbetriebsrat unterzeichnet. Im Nachtrag 1 hieß es u.a.:
"§ 3 Zusätzliche Zulage
(1)Der Arbeitgeber kann Mitarbeitern nach eigenem Ermessen - ausgehend von der Vergütungsgruppe, in die der jeweilige Mitarbeiter nach dem Vergütungssystem eingruppiert ist - eine Zulage in Höhe von bis zu zwei Vergütungsgruppen zahlen.
(2)Der Gesamtbetriebsrat ist über die Namen der Betroffenen und die Höhe der Zahlungen zu informieren. Einer weiteren Beteiligung des Gesamtbetriebsrates und/oder des jeweils zuständigen örtlichen Betriebsrates bedarf es nicht.
§ 4 Sonderzahlungen
(1)Der Arbeitgeber ist berechtigt, Mitarbeitern Sonderzahlungen zu leisten, die bezogen auf das jeweilige Kalenderjahr insgesamt die Summe von 0,5 % der Gehaltszahlungen eines Geschäftsjahres der Mitarbeiter, die am Gehaltssystem teilnehmen, nicht übersteigt.
(2)Der Gesamtbetriebsrat ist über die Namen der Betroffenen und die Höhe der Zahlungen zu informieren. Einer weiteren Beteiligung des Gesamtbetriebsrates und/oder des jeweils zuständigen örtlichen Betriebsrates bedarf es nicht.
..."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Nachtrag 1 B...