Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg bei Kündigung eines Poolgesellschafters im Mutterkonzern mit Arbeitsvertrag bei Tochtergesellschaft. Rechtswegprüfung anhand rechtlicher Bewertung der Hauptanträge. Keine Zuständigkeit des Arbeitsgerichts bei Kündigung eines in der Tochtergesellschaft angestellten Gesellschafters des Mutterkonzerns
Leitsatz (amtlich)
1. Die Rechtswegprüfung hat streitgegenstandsbezogen und bei einer Klage mit Haupt- und Hilfsanträgen bis zum Eintritt der Bedingung für die Entscheidung über die Hilfsanträge einheitlich allein nach Maßgabe der rechtlichen Beurteilung für die Hauptanträge zu erfolgen.
2. Ist ein Arbeitnehmer anlässlich des Arbeitsverhältnisses mit der Tochtergesellschaft zugleich Gesellschafter der Muttergesellschaft und Mitglied eines dort errichteten Gesellschafterpools auf der Grundlage eines Poolvertrages aller Gesellschafter geworden, betrifft die Kündigung der Poolmitgliedschaft durch das gemäß Poolvertrag zuständige Gremium eine gesellschaftsrechtliche Streitigkeit. Für den Streit über die Wirksamkeit der Kündigung der Poolmitgliedschaft sind die Arbeitsgerichte dementsprechend auch dann nicht zuständig, wenn infolge der Kündigung der Poolmitgliedschaft ganz erhebliche Teile des bisherigen, sich aus Arbeitsentgelt und Ausschüttungen aus der Gewinnbeteiligung bei der Muttergesellschaft zusammensetzenden Gesamteinkommens wegfallen.
Normenkette
GVG §§ 17, 17a; ZPO §§ 567 ff.; ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a), Buchst. b), Nr. 4 Buchst. a), § 3; BGB §§ 705 ff.; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 07.03.2023; Aktenzeichen 16 Ca 5548/22) |
Tenor
I.
Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 05.04.2023 gegen den Rechtswegbeschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 07.03.2023 - Az.: 16 Ca 5548/22 - wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
III.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 23.047,69 € festgesetzt.
IV.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Beendigung der Mitgliedschaft des Klägers in dem als "Pool" bezeichneten vertraglichen Zusammenschluss der Gesellschafter und Genussrechtsinhaber der Beklagten zu 2 durch zwei am 05. und 19.12.2022 jeweils zum 31.05.2023 ausgesprochene Kündigungen und in diesem Zusammenhang vorab über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten.
Der Kläger ist auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 05./16.09.2019 seit dem 01.11.2019 im Bereich Audit and Assurance bei der Beklagten zu 1 mit Dienstsitz in E. beschäftigt. Gemäß § 1 (2) des Arbeitsvertrages führt er den Titel "Partner", solange er bei der Beklagten zu 2 gleichzeitig Gesellschafter ist. Unter § 3 des Arbeitsvertrages ist zudem geregelt, dass der Kläger ein Jahresfestgehalt in Höhe von 132.000,- € brutto erhält und er neben diesem Jahresfestgehalt einen freiwilligen Bonus erhalten kann, auf dessen Zahlung - auch bei wiederholter Leistung - kein Rechtsanspruch besteht.
Die Beklagte zu 2, eine Holdinggesellschaft ohne eigene Arbeitnehmer, ist die Alleingesellschafterin der Beklagten zu 1. Der Kläger ist seit 01.11.2019 Gesellschafter der Beklagten zu 2. Durch notarielle Vereinbarung vom 26.11.2019 wurde mit Wirkung zum 01.11.2019 die Aufnahme des Klägers als Vertragspartner des Poolvertrages zwischen den Gesellschaftern und Genussrechtsinhabern I der Beklagten zu 2 und mithin seine Poolmitgliedschaft begründet.
Grundlage dieser Poolmitgliedschaft ist der Vertrag zur Regelung der Willensbildung in der E. Deutschland GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft - der Beklagten zu 2 - (sog. "Poolvertrag"), wegen dessen Inhalts im Einzelnen auf die Anlage K2 zur Klageschrift Bezug genommen wird. Parteien dieses Poolvertrages sind die Gesellschafter und Genussrechtsinhaber I der Beklagten zu 2 als sog. "Poolmitglieder". Gemäß § 1 des Poolvertrages ist dessen Gegenstand die abschließende Regelung des Verhältnisses der Poolmitglieder untereinander sowie die gemeinschaftliche Ausübung der Gesellschafterrechte in der Beklagten zu 2. In § 14 ist geregelt, dass die Gewinnverteilung im Verhältnis der Poolmitglieder untereinander nach dem Verhältnis sog. Units erfolgt. Ferner wird Bezug genommen auf die anstellungsvertraglichen Regelungen in den Verträgen der Poolmitglieder bei u.a. den Tochtergesellschaften der Beklagten zu 2, die - wie auch im Fall des Arbeitsvertrages des Klägers mit der Beklagten zu 1 - ein monatlich zahlbares Festgehalt sowie die Möglichkeit einer zusätzlichen freiwilligen jährlichen Bonuszahlung vorsehen. Festgelegt wird im Poolvertrag sodann, dass eine Bonuszahlung nur erfolgen darf, wenn der Governance Ausschuss gemäß Poolvertrag einer solchen an ein Poolmitglied zustimmt und dass eine solche Bonuszahlung auf den sich später ergebenden Gewinnanteil des Poolmitglieds anzurechnen ist. Weiter regelt § 21 die Kündigung der Poolmitgliedschaft "aus sachlich gerechtfertigtem Grund" und § 33 enthält eine Schiedsklausel für Streitigkeiten aus und im...