Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorrang amtsärztlicher Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Dienstordnungsangestellten der AOK Rheinland/Hamburg „die Gesundheitskasse” (DO AOK-R)
Leitsatz (amtlich)
Legt ein Dienstordnungsangestellter zum Beleg seines Unvermögens, Dienst zu tun, Dienstunfähigkeitsbescheinigungen behandelnder Privatärzte vor, kann der Nachweis seiner Dienstfähigkeit nach § 34 Abs. 1 Satz 1 LBG i. V. m. § 20 Abs. 1 lit. b DO AOK-R regelmäßig nur durch die Einschaltung des Amtsarztes geführt werden (im Anschluss an BVerwG 11.10.2006 – 1 D 10/05 – NVwZ-RR 2008, 190, 191).
Normenkette
LBG §§ 33-34; BeamtStG § 27; Dienstordnung für die Dienstordnungsangestellten
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 23.03.2010; Aktenzeichen 7 Ca 6872/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.03.2010 – 7 Ca 6872/09 – abgeändert:
Die Klage wird insoweit abgewiesen, als die Beklagte in diesem Teil-Urteil verurteilt worden ist, an den Kläger 3.979,60 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins aus jeweils 994,90 EUR seit dem 01.06., 01.07., 01.08., 01.09.2009 und weitere 994,90 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01.10.2009 zu zahlen.
Die Kostenentscheidung, auch hinsichtlich der in zweiter Instanz entstandenen Kosten, bleibt dem Schluss-Urteil vorbehalten.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in dieser Instanz über die Zahlung von Besoldungsdifferenzen.
Der 42-jährige, verheiratete Kläger, Vater von einem minderjährigen Kind, war bei der Beklagten, einer Krankenkasse, ab dem 01.03.1994 als Dienstordnungsangestellter auf Grund des Dienstvertrages vom 19.01./01.03.1994 tätig. Zuvor war er seit dem 19.07.1986 bei der Beklagten als „BAT-Angestellter” gemäß dem Arbeitsvertrag vom 21.07./13.08.1986 beschäftigt. Der Kläger wurde zuletzt nach der Besoldungsgruppe A 11 BBO besoldet. Dies entsprach zuletzt einer monatlichen Besoldung in Höhe von 3.327,55 EUR brutto bei einer Vollzeitbeschäftigung.
Der Kläger erkrankte im Jahre 2008 seelisch, was zu seiner Dienstunfähigkeit führte. In ihrer „Mitteilung des Ergebnisses der Begutachtung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit im Rahmen der vorzeitigen Zurruhesetzung” vom 24.07.2008 an die Beklagte empfahl die Amtsärztin des Kreises Wesel, Frau Dr. L., eine schrittweise Wiedereingliederung. Ausweislich dieser Mitteilung waren Grundlagen der Beurteilung:
- Internistischer Befundbericht Herr W. N., P. vom 16.03.06
- Hausärztliche Bescheinigung durch Frau C., P. vom 21.05.08
- Koloskopie-Befund durch W. N., P. vom 19.05.08
- Fachpsychiatrische Zusatzbegutachtung Dr. F., N. vom 25.06.08
Am 04.03.2009 wurde der Kläger erneut amtsärztlich untersucht. In ihrer „Mitteilung des Ergebnisses der Begutachtung zur Überprüfung der Dienstfähigkeit im Rahmen der vorzeitigen Zurruhesetzung” vom 27.03.2009 teilte die Amtsärztin, Frau Dr. L., der Beklagten mit, dass der Kläger nach telefonischen Rücksprachen mit der Hausärztin, Frau C., und dem behandelnden Psychotherapeuten Herrn W.-L., P., ihrer Ansicht nach krankheitsbedingt und aufgrund der langen Fahrzeit bis auf weiteres nicht mehr als sechs Stunden pro Tag belastbar sei, so dass zurzeit Teildienstfähigkeit in diesem zeitlichen Rahmen bestehe. Bei einer wohnortsnahen Umbesetzung wäre wahrscheinlich eine Volldiensttätigkeit gegeben.
Mit Schreiben vom 09.04.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie beabsichtige, seine wöchentliche Arbeitszeit im Rahmen einer begrenzten Dienstfähigkeit auf 73,17 v. H. (6 Stunden täglich) zu reduzieren. Gestützt würde diese Maßnahme durch das amtsärztliche Gutachten vom 27.03.2009. Am 05.05.2009 widersprach der Kläger der vorerwähnten Absicht der Beklagten.
Unter dem 22.05.2009 forderte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf das amtsärztliche Gutachten vom 27.03.2009 auf, seinen Dienst am 27.05.2009 wieder aufzunehmen.
Mit Schreiben vom 25.05.2009 teilten die Prozessbevollmächtigten des Klägers der Beklagten mit, dass ihr Mandant nicht dienstfähig sei, und regten eine erneute amtsärztliche Untersuchung an. Am 29.05.2009 beantragte der Kläger, ihn in den Ruhestand zu versetzen.
Am 02.06.2009 teilte die Beklagte dem Kläger schriftlich mit, dass ihr Vorstand am 26.05.2009 eine begrenzte Dienstfähigkeit mit einer wöchentlichen Stundenzahl von 30 Stunden festgestellt habe und ihm daher ab dem 01.06.2009 nur eine verringerte Besoldung zustünde. Seit dem Monat Juni 2009 kürzte die Beklagte die monatliche Besoldung des Klägers um 994,90 EUR brutto.
Laut einer ärztlichen Bescheinigung von Herrn Prof. Dr. med. E. E., Chefarzt des St.-K.-Hospital, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 20.09.2010 befand sich der Kläger vom 29.05.2009 bis zum 01.06.2009 in tagesklinischer Behandlung und vom 02.06.2009 bis zum 26.06.2009 in vollstationärer Krankenhausbehandlung. Ausweislich der vorerwähnten Bescheinigung wurde damals bestätigt, dass eine weitere Arbeitsunfähi...