Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang. Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB. fristgemäßer Widerspruch gemäß § 613 a Abs. 6 BGB. Widerspruchserklärung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Verwirkung
Leitsatz (redaktionell)
1. Rechtsfolge einer unterbliebenen Unterrichtung nach § 613a Abs.5 BGB ist, dass die Widerspruchsfrist gemäß Abs.6 nicht zu laufen beginnt. Dies gilt auch für die unvollständige Unterrichtung.
2. Die reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts in der Unterrichtung genügt den Anforderungen des § 613a BGB nicht. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für juristische Laien möglichst verständlichen Sprache.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 4-6, § 242
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Urteil vom 11.01.2006; Aktenzeichen 3 Ca 2001/05 lev) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 11.01.2006 – 3 Ca 2001/05 lev – wird zurückgewiesen, soweit das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass zwischen den Parteien ein Frühruhestandsvertragsverhältnis besteht.
II. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner am 30.09.2005 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Frühruhestandsvertragsverhältnis besteht und macht sich daraus ergebende Zahlungsansprüche geltend. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber eines Betriebsteils der Beklagten wirksam widersprochen hat.
Der am 21.02.1950 geborene, verheiratete Kläger war seit 1974 bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von durchschnittlich 4.151,75 EUR beschäftigt.
Der Kläger war im Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) tätig, der insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen Arbeitnehmern von der Beklagten zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt wurden.
Mit Schreiben vom 01.12.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Arbeitsplatz aufgrund einer umfassenden Restrukturierung entfalle und kündigte das Arbeitsverhältnis zum 28.02.2005 (Bl. 18 der Akte).
Mit Schreiben vom 22.12.2003 wies die Beklagte den Kläger nochmals darauf hin, dass sein Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen am 28.02.2005 enden wird. Nach dem Hinweis „In diesem Zusammenhang halten wir folgendes fest:” folgte die Zusage einer Abfindung in Höhe von 143.914,06 EUR brutto, die sich für die Zeit vom 01.03.2005 bis zum 28.02.2010 aus einer monatlichen Leistung in Höhe von 2.308,00 EUR brutto sowie einer Einmalzahlung am 31.03.2005 von 5.434,06 EUR brutto zusammensetzte. Es folgten sodann weitere Zahlungszusagen, wegen deren Inhalt im Einzelnen auf Bl.19-21 der Akte Bezug genommen wird. Das Schreiben endete mit der Bitte, auf der beigefügten Zweitschrift zu bestätigen, dass er – der Kläger – den Inhalt des Schreibens zur Kenntnis genommen habe.
Unter dem Datum vom 14.10.2004 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste ab.
Ende des Jahres 2004 wurde der Geschäftsbereich CI im Wege eines Betriebsübergangs ausgegliedert und mit Wirkung zum 01.11.2004 auf die neu gegründete B.Photo GmbH übertragen.
Für die von dem Teilbetriebsübergang betroffenen Belegschaftsmitglieder fanden Informationsveranstaltungen statt. Unter anderem hat die Beklagte eine solche Informationsveranstaltung am 19.08.2004 abgehalten, bei der der spätere Geschäftsführer der B.Photo GmbH F. S., zum damaligen Zeitpunkt Mitglied des Vorstandes der Beklagten, Informationen zur wirtschaftlichen Situation der B.Photo GmbH erteilte. Außerdem wurden die Arbeitnehmer in Mitarbeiterzeitschriften über den bevorstehenden Teilbetriebsübergang unterrichtet. Im Monat September 2004 befanden sich in den betriebsinternen Magazinen die Zahlenangaben für die Erwerberin B.Photo GmbH von 300 Millionen Eigenkapitalsumme sowie 70 bzw. 72 Millionen Euro Barmittel.
Sämtliche dem Geschäftsbereich CI zugeordneten Arbeitnehmer der Beklagten haben im Oktober 2004 im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbereichs CI eine im wesentlichen gleich lautende schriftliche Information erhalten. Die Informationsschreiben unterscheiden sich allerdings abhängig von der jeweiligen arbeitsvertraglichen Situation der betroffenen Mitarbeiter in Einzelfragen voneinander.
Mit Schreiben vom 22.10.2004 wurde auch der Kläger über die geplante Übertragung des Geschäftsbereichs CI informiert. Nach Hinweis auf die Informationspflicht gemäß § 613 a BGB und Wiedergabe des Textes von § 613 a Abs.5 und 6 BGB teilt die Beklagte mit, es werde hi...