Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung. Insolvenz. Vertragsauslegung
Leitsatz (amtlich)
Eine einzelvertragliche Vereinbarung, dass die Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist, ist nicht wegen ihres Zwecks, Beschäftigung zu sichern, einschränkend dahingehend auszulegen, dass das Zustimmungserfordernis entfällt, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers eröffnet und der Betrieb stillgelegt wird (abweichend für tarifvertragliche Vereinbarung: BAG vom 19.01.2000 – 4 AZR 911/08 –).
Normenkette
InsO § 133 S. 1; BetrVG § 102 Abs. 6; ZPO §§ 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Krefeld (Urteil vom 11.06.2007; Aktenzeichen 5 Ca 2689/06) |
ArbG Krefeld (Urteil vom 07.05.2007) |
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 11.06.2007 – 5 Ca 2689/06 – wird teilweise abgeändert:
Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 07.05.2007 wird teilweise aufgehoben. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 27.09.2006 nicht aufgelöst worden ist. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufrechterhalten.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte zu 3/5 und der Kläger zu 2/5 mit Ausnahme der Kosten, die durch die Säumnis des Klägers im Termin am 07.05.2007 entstanden sind. Diese hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird für den Beklagten zugelassen. Für den Kläger wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier Kündigungen.
Der Kläger war bei der Firma L. GmbH bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 02.06.1986 beschäftigt. Insgesamt arbeiteten dort im Jahre 2006 19 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen.
Am 05.01.2006 einigten sich der Kläger und die L. GmbH über eine Änderung des Arbeitsvertrages. Nach dem Inhalt des Änderungsvertrages bestand u. a. Einigkeit darüber, dass der Kläger für das Jahr 2006 keinen Anspruch auf Jahressonderzahlung im Sinne des Tarifvertrages über Jahressonderzahlung für die Beschäftigten in der nordrheinischen Textilindustrie und keinen Anspruch auf Urlaubsgeld im Sinne des TV Urlaubsgeldabkommen Textil hat, dass diese Ansprüche ab dem Jahr 2007 aber wieder bestehen, sofern die in den Tarifverträgen genannten Voraussetzungen vorliegen und die Geschäftslage der Firma L. GmbH dies zulässt.
In Ziffer 5 des Änderungsvertrages heißt es sodann:
„Es besteht auch Einigkeit, dass für Kündigungen, die zu einem Ausscheiden im Jahre 2006 führen, die Zustimmung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG erforderlich ist.”
Der Kläger schloss diese Vereinbarung nach einem persönlichen Gespräch mit Frau T. ab, in dem sie ihm angeboten hat, dass er auf Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld verzichtet und dafür eine Arbeitsplatzgarantie für das Jahr 2006 erhält.
Am 01.06.2006 wurde über das Vermögen der L. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.
Mit Schreiben vom 15.09.2006 unterrichtete der Beklagte den aus einer Person bestehenden Betriebsrat, dass er beabsichtige, den Geschäftsbetrieb der Schuldnerin zum 31.12.2006 einzustellen und das Arbeitsverhältnis mit allen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zu kündigen. Auf die weiteren Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird Bezug genommen (Bl. 27 – 29 d. A.). Der Betriebsrat erhielt das Schreiben am 19.09.2006. Er gab zur Kündigungsabsicht keine Stellungnahme ab.
Mit Schreiben vom 27.09.2006 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.12.2006. Gegen die Kündigung hat der Kläger mit einem am 16.10.2006 bei dem Arbeitsgericht Krefeld eingegangenen Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben.
Nach dem 31.12.2006 wurden noch einige Arbeitnehmer vorübergehend auf dem Betriebsgelände für die K-Tex GmbH und für die T. Vertriebs GmbH tätig.
Mit Schreiben vom 10.01.2007 unterrichtete der Beklagte den Betriebsrat, dass er beabsichtige, das Arbeitsverhältnis mit fünf Arbeitnehmern erneut – rein vorsorglich – zu kündigen. Auf die weiteren Einzelheiten des Schreibens vom 10.01.2007 wird Bezug genommen (Bl. 125 und 126 d. A.). Der Betriebsrat teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 11.01.2007 mit, dass er von einer Stellungnahme absehe und die personelle Maßnahme zur Kenntnis nehme.
Daraufhin kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.01.2007 vorsorglich zum 30.04.2007. Mit einem am 14.02.2007 bei dem Arbeitsgericht Krefeld eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger auch diese Kündigung angegriffen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 27.09.2006 sei sozial ungerechtfertigt. Sie sei auch unwirksam, weil die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich gewesen sei. Die Kündigung vom 25.01.2007 sei unwirksam, weil im Anhörungsschreiben nicht zum Ausdruck komme, dass die Parteien über die Auslegung der Vertragsänderung vom 05.01.2006 stritten.
Auf Antrag des Beklagten hat das Arbeitsgericht Krefeld die Klage durch Versäumnisurteil...