Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Anrechnung der Verletztenrente auf die Betriebsrente. Keine analoge Anwendung der Regelungen über öffentlich-rechtliche Betriebsrenten oder Witwenrenten
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Anrechnung von Verletztenrente auf die Betriebsrente aufgrund einer Gesamtbetriebsvereinbarung ist rechtmäßig (so auch die ständige Rechtsprechung des BAG für Anrechnungen).
2. Die Regelungen im öffentlichen Recht finden keine analoge Anwendung im Betriebsrentenrecht.
3. Es besteht keine Vergleichbarkeit der Witwenrente mit der Verletztenrente.
Normenkette
ZPO § 256 Abs. 1; BetrAVG § 5 Abs. 1-2; SGB VI § 93 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 17.07.2018; Aktenzeichen 2 Ca 2815/17) |
Nachgehend
Tenor
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 17.07.2018 - AZ: 2 Ca 2815/17 - wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Anrechnung einer Verletztenrente auf die Betriebsrente des Klägers.
Der am 09.03.1948 geborene Kläger war vom 01.04.1962 bis zum 31.10.2000 als Elektriker bzw. Elektroinstallateur-Meister im S.-Konzern beschäftigt. In der Zeit vom 01.11.2000 bis zum 31.03.2008 befand er sich im Vorruhestand und ab dem 01.04.2008 im Ruhestand. Seitdem bezieht er Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Zum 30.03.2009 übernahm die Beklagte die S.-Pensionsverpflichtungen.
Zunächst galten bei der Arbeitgeberin des Klägers die mit dem Gesamtbetriebsrat vereinbarten "Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung"vom 18.05.1966 (Bl. 220 ff. d.A, im Folgenden: RL 66.), die u.a. folgende Regelung enthielten:
"Anrechnung von Renten und Einkommen aus Tätigkeit
§ 6
...
4. Unfallrenten, für die Arbeitgeber Beiträge bzw. Prämien geleistet haben, kommen in entsprechendem Umfang in Abzug. ..."
Zum 01.04.1986 traten die im Wege einer Gesamtbetriebsvereinbarung vereinbarten "Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung der Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk Aktiengesellschaft F."vom 09.02.1989 (im Folgenden: RL 02/89) in Kraft, die gemäß § 20 Abs. 1 RL 02/89 die RL 66 ablösen sollten, soweit nicht ausdrücklich eine teilweise Weitergeltung festgelegt worden ist. Die RL 02/89 enthielten u.a. nachstehende Bestimmungen:
" § 6 Anrechnung von Renten und Einkommen aus Tätigkeit
...
(4) Unfall- bzw. Verletztenrenten, für die Arbeitgeber Beiträge, Prämien oder Umlagen geleistet haben, werden auf das Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeld insoweit angerechnet, als sie dazu bestimmt sind, Verdienstminderungen auszugleichen. Nicht anzurechnen ist derjenige Teil der Verletztenrente, der die Grundrente eines Versorgungsberechtigten nach§ 31 des Bundesversorgungsgesetzes bei vergleichbarem Grad der Behinderung entspricht. Unfall-Kapitalbeträge werden nicht angerechnet; dies gilt nicht für kapitalisierte Renten.
...
(10) Jede Änderung des Einkommens aus anrechnungspflichtigen und nicht anrechenbaren Bezügen im Sinne der Abs. 2 bis 4 ist dem Unternehmen sofort unter Vorlage der Unterlagen mitzuteilen. ..."
Wegen der weiteren Einzelheiten der RL 02/89 wird auf Bl. 248 ff. d.A. Bezug genommen.
Im Jahr 2013 wurde bei dem Kläger eine Asbestose diagnostiziert. In der Folge führte er einen Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Duisburg mit der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM), der mit einem am 16.10.2015 geschlossenen Vergleich endete. In Umsetzung des Vergleiches wurde dem Kläger mit Bescheid vom 26.11.2015 aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % eine Verletztenrente in Höhe von 735,24 EUR rückwirkend ab dem 19.09.2014 gewährt. Auf den Inhalt des Bescheids (Bl. 11 f. d.A.) wird verwiesen.
Daraufhin wurde die Betriebsrente des Klägers für die Zeit ab dem 19.09.2014 unter Anrechnung eines Teils der Verletztenrente in Höhe von 634,12 EUR neu berechnet. Statt 3.225,59 EUR sollte diese nur noch 2.731,48 EUR betragen. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 16 d.A. Bezug genommen. Hieraus errechnete der Dienstleister der Beklagten eine Überzahlung für die Zeit von September 2014 bis Dezember 2016 in Höhe von insgesamt 13.546,90 EUR. Insoweit wird auf die Aufstellung Bl. 17 d.A. verwiesen. In der Folge wurde die vermeintliche Überzahlung in Einzelbeträgen unter Beachtung der Pfändungsfreigrenzen von den monatlichen Rentenzahlungen einbehalten.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Verletztenrente könne nicht auf seine Betriebsrente angerechnet werden, weil sie erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt worden sei. Die Anrechnung einer Verletztenrente komme nämlich nur in Betracht, als sie dazu bestimmt sei, Verdienstminderungen auszugleichen. Dies sei aber nach Beginn des Ruhestandes ausgeschlossen, da es in diesem Fall nicht mehr zu Verdienstminderungen kommen könne.
Der Kläger hat beantragt:
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