Entscheidungsstichwort (Thema)

Einordnung einer im Zusammenhang mit der Altersteilzeit vereinbarten Abfindung als Insolvenzforderung oder Masseverbindlichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Insolvenzforderungen können im Unterschied zu Masseverbindlichkeiten nicht im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden. Statthafte Klageart ist vielmehr die Feststellungsklage. Eine gleichwohl gegen den Insolvenzverwalter erhobene Leistungsklage ist unzulässig.

2. Eine im Zusammenhang mit der Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbarte Abfindung „für den Verlust des Arbeitsplatzes” begründet auch für den Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Masseverbindlichkeit, sondern lediglich eine Insolvenzforderung.

3. Das gilt auch für den Fall, dass die Abfindung nicht in einem Betrag am Ende des Arbeitsverhältnisses ausgezahlt wird, sondern in gleichen Raten monatlich während des laufenden Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zur Auszahlung gelangt. Denn bei der Abfindung handelt es sich nicht um Entgelt für nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachte, der Masse zugute gekommene Arbeitsleistungen und den Vertragsparteien steht es grundsätzlich frei, die Höhe und die Auszahlungsweise auch atypisch zu regeln. Solange der Abfindung keine Schwarzgeldabrede über „verstecktes Entgelt” zugrunde liegt, bleibt es bei der Einordnung als Insolvenzforderung, und zwar unabhängig davon, ob ihr neben dem Entschädigungscharakter für die Aufgabe des Arbeitsplatzes auch Existenzsicherungscharakter im noch laufenden Altersteilzeitarbeitsverhältnis zukommt.

 

Normenkette

InsO §§ 38, 55 Abs. 1, § 108

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Urteil vom 24.11.2005; Aktenzeichen 1 Ca 532/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.09.2007; Aktenzeichen 6 AZR 981/06)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 24.11.2005 – Az.: 1 Ca 532/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche des Klägers aus einer Altersteilzeitvereinbarung in Höhe von monatlich 268,43 EUR für den Zeitraum vom 01.09.2002 bis zum 31.08.2004.

Der Kläger war bei der Insolvenzschuldnerin, der C. C. Power GmbH, seit Dezember 1969 beschäftigt. Mit dieser schloss er unter dem 16.07.2001 einen schriftlichen Altersteilzeitvertrag über eine Altersteilzeit im Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 01.09.2001 bis 31.08.2003 und einer sich anschließenden Freistellungsphase in der Zeit vom 01.09.2003 bis 31.08.2005. In § 5 des Altersteilzeitvertrages, auf den im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 7 ff. d.A.), heißt es:

㤠5 Altersteilzeitleistungen

(1) Herr C. erhält zu seinem Arbeitsentgelt gem. § 4 einen Aufstockungsbetrag in Höhe von derzeit DM 1.366,37 monatlich.

(2) Herr C. erhält in analoger Anwendung des Punkt 13. der Vereinbarung zur Altersteilzeit vom 19. Juli 2000 darüber hinaus zusätzlich DM 525,00 monatlich. …”

Ziffer 13 der in Bezug genommenen Betriebsvereinbarung zur Altersteilzeit vom 19.07.2000 (Bl. 119 ff. d.A.) lautet:

„13.

Der Mitarbeiter erhält während des Altersteilzeitverhältnisses für den Verlust des Arbeitsplatzes monatlich eine Abfindungsaufzahlung von DM 600,00.

Weitere Abfindungszahlungen stehen dem Altersteilzeitmitarbeiter nicht zu.”

Gleichfalls unter dem 19.07.2000 unterzeichneten die Betriebsparteien eine Protokollnotiz zur Betriebsvereinbarung, in der es auszugsweise wörtlich heißt (Bl. 179 d.A.):

„Unter 13.

Die maximale Aufzahlungssumme beträgt DM 25.200,00. …”

Am 01.09.2002 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte, nachdem zunächst Eigenverwaltung angeordnet worden war, zum Insolvenzverwalter bestimmt.

Die Vergütungsforderungen des Klägers für den hier interessierenden Zeitraum vom 01.09.2002 bis zum 31.08.2004 wurden durch den Beklagten im Jahr 2005 erfüllt. Lediglich die Auszahlung der Beträge in Höhe von monatlich 525,00 DM bzw. 268,43 EUR, die die Vertragsparteien in § 5 (2) des Altersteilzeitvertrages geregelt haben, wurde von dem Beklagten verweigert. Diese Beträge wurden nur bis zum Eintritt der Insolvenz gezahlt.

Mit seiner vor dem Arbeitsgericht Oberhausen erhobenen Klage hat der Kläger die Zahlung der monatlichen Beträge nach § 5 (2) des Altersteilzeitvertrages für den Zeitraum vom 01.09.2002 bis zum 31.08.2004 in der Gesamthöhe von 6.442,32 EUR gerichtlich geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, dieser Betrag stünde ihm als Masseforderung zu. Es handele sich um einen Vergütungsbestandteil, der jeweils monatlich ratierlich entstanden sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 6.442,32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus monatlich jeweils 268,43 EUR für den Zeitraum vom 01.10.2002 bis zum 01.09.2004 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, bei den aus § 5 (2) des...

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