Entscheidungsstichwort (Thema)
Kleinbetriebsklausel – Verfassungskonforme Auslegung – keine Herausnahme einer herrschenden Konzernmuttergesellschaft aus dem Kündigungsschutz
Leitsatz (amtlich)
Auf die Organisationsform einer herrschenden Konzernmuttergesellschaft, die an ihren GmbH-Tochtergesellschaften zu 100 % beteiligt ist und mit diesen Ergebnisführungsverträge abgeschlossen hat, ist der Schutzgedanke des § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG – Herausnahme von Kleinbetrieben aus dem Kündigungsschutz – bei verfassungskonformer Auslegung des Betriebsbegriffs nicht anwendbar.
Normenkette
KSchG § 23 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 17.11.2000; Aktenzeichen 1 Ca 6401/00) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.11.2000 – 1 Ca 6401/00 – abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 06.09.2000 nicht aufgelöst worden ist.
Auf Antrag des Klägers wird das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2000 aufgelöst und die Beklagte verurteilt, an den Kläger eine Abfindung vom DM 2.500.– zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.03.2000 als Vorstandsassistent gegen ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 5.000,– DM beschäftigt. Die Beklagte ist als Holding an mehreren Tochtergesellschaften beteiligt. Bei diesem handelt es sich um Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die den Verkauf und die Reparatur von Kraftfahrzeugen betreiben (Autohäuser). An sechs Autohäusern ist die Beklagte zu 100 % und an weiteren zu 90 % beteiligt. In dem gesamten Konzern waren 1999 insgesamt 284 Mitarbeiter beschäftigt. Bei der Beklagten selbst waren 1999 sieben Mitarbeiter beschäftigt. Im Verlauf des Jahres 2000 waren nach Darstellung der Beklagten bei ihr nicht mehr als fünf Mitarbeiter tätig.
Das Arbeitsverhältnis zum Kläger kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 06.09.2000 fristgerecht zum 31.12.2000.
Mit seiner am 26.09.2000 bei Gericht eingegangenen Kündigungsschutzklage macht der Kläger die Sozialwidrigkeit der Kündigung geltend und begehrt die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung.
Durch Urteil vom 17.11.2000 – 1 Ca 6401/00 – hat das Arbeitsgericht Düsseldorf die Kündigungsschutzklage im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, dass Kündigungsschutzgesetz finde keine Anwendung, da im Betrieb der Beklagten nicht mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt seien (§ 23 Abs. 1 S. 2 KSchG) und die Beklagte auch keinen gemeinsamen Betrieb mit ihren Tochtergesellschaften unterhalte.
Zur näheren Sachdarstellung und wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Streitstandes wird im Übrigen auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der er sein ursprüngliches Klageziel weiterverfolgt.
Er trägt vor:
Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts finde das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Die Beklagte habe 1997 dreizehn Arbeitnehmer, 1998 zehn Arbeitnehmer und 1999 sieben Arbeitnehmer beschäftigt. Er bestreite, dass die Beklagte im Jahre 2000 nicht mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt habe.
Auf jeden Fall bestehe eine wirtschaftliche Identität zwischen der Beklagten und ihren rechtlich selbständigen Tochtergesellschaften, an denen sie zu 100 % beteiligt sei und mit denen sie zudem Ergebnisabführungsverträge geschlossen habe. Insoweit bestehe im Konzern auch ein einheitlicher Leitungsapparat, denn die Geschäftsführer der Tochtergesellschaften würden nicht nur von der Beklagten bestellt und abberufen, sondern seien auch weisungsgebunden und rechenschaftspflichtig. Aufgrund dieser wirtschaftlichen Identität stelle sich die Konzernorganisation mit mehreren rechtlich selbständigen Tochtergesellschaften als eine Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes dar. Dabei dürfe auch nicht außer Betracht bleiben, dass die Beklagte als ein millionenschweres Unternehmen nicht unter den Schutzzweck der Kleinbetriebsklausel falle.
Gründe für eine soziale Rechtfertigung der streitgegenständlichen Kündigung lägen nicht vor. Erstinstanzlich sei die Kündigung pauschal auf angebliche Schlechtleistung gestützt worden. Tatsächlich könne ihm eine Schlechtleistung nicht angelastet werden. Die nunmehr erhobenen Vorwürfe seien unzutreffend.
Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihm allerdings nicht zumutbar, weil er sich seitens des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten ständigen schweren Beleidigungen ausgesetzt gesehen habe. Zugestandenermaßen sei er von diesem mit Worten wie: Schlappier, Trottel, Lehrling, Narr, Schwachmatiker, Schlappschwanz, dämlich, dussligbeleidigt worden.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.11.2000 – 1 Ca 6401/00 -
- festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehend...