Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitliches Arbeitsverhältnis im gemeinsam von mehreren Unternehmen geführten Betrieb, vertragliche Verkürzung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aus der Annahme eines gemeinsam von mehreren juristischen Personen geführten Betriebs folgt noch nicht, daß diese juristischen Personen sämtlich Arbeitgeber aller im Gemeinschaftsbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer sind (vgl. schon BAG v. 15.03.1987 – 2 AZR 623/85 – EzA § 15 KSchG n. F. Nr. 38).

2. Erklärt sich der Arbeitgeber bereit, den Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers, den dieser mit dem Vor-Arbeitgeber abgeschlossen hat, „mit gleichen Rechten und Pflichten” zu übernehmen, liegt hierin eine Anrechnung der Vordienstzeit und damit zugleich eine zugunsten des Arbeitnehmers wirkende Verkürzung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG.

 

Normenkette

BGB §§ 427, 611; KSchG § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 04.06.1997; Aktenzeichen 5 Ca 2919/96)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten zu 1. und 2. wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Essen vom 04.06.1997 – 5 Ca 2919/96 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefaßt:

Das Versäumnisurteil desselben Gerichts vom 16.08.1997 wird teilweise aufgehoben und seinerseits wie folgt neu gefaßt:

Das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. wird zum 31.07.1996 aufgelöst und die Beklagte zu 1. sowie die Beklagten zu 4. und 5. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin eine Abfindung in Höhe von DM 18.000,– brutto = netto zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß die Beklagten zu 4. und 5. gesamtschuldnerisch für die Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag vom 30.12.1994 zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 4. bis zum 31.07.1996 haften.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung der Beklagten zu 1. wird zurückgewiesen.

3. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits aus erster Instanz – mit Ausnahme der durch die Säumnis vom 16.08.1996 veranlaßten Mehrkosten und mit Ausnahme der den Beklagten zu 2. und 3. entstandenen Kosten – tragen zu 9/20 die Klägerin, zu 1/20 die Beklagte zu 1. und die Beklagten zu 4. und 5., zu je ¼. Die durch die Säumnis vom 16.08.1996 veranlaßten Mehrkosten tragen die Beklagten zu 1.–5. zu je 1/5. Die den Beklagten zu 2. und 3. entstandenen Kosten – mit Ausnahme der durch ihre Säumnis entstandenen Mehrkosten – trägt die Klägerin allein.

Die Kosten des Rechtsstreits aus zweiter Instanz – mit Ausnahme der den Beklagten zu 2. und 3. entstandenen Kosten – tragen zu 1/3 die Klägerin und die Beklagten zu 1. zu 2/3. Die den Beklagten zu 2. und 3. entstandenen Kosten trägt die Klägerin allein.

Die Revision wird zugelassen.

5.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Bestand arbeits- und haftungsrechtlicher Beziehungen zwischen ihnen.

Die Beklagten – mit Ausnahme des Beklagten zu 3. – sind bzw. waren auf dem Gebiet der Druckweiterverarbeitung tätig. Der Beklagte zu 3. ist Geschäftsführer der Firma S. GmbH. Das Betriebsgelände dieser Firma, sowie das der Beklagten zu 1., 2., 4. und 5. befindet bzw. befand sich in der gepachteten Betriebshalle in E. Wie die räumliche Verbundenheit der genannten Beklagten und die Zuordnung der einzelnen Produktionsmittel (Maschinen) zu den jeweiligen Beklagten und der Firma S. GmbH konkret beschaffen sind, ist streitig.

Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 4., die nach Behauptung der Beklagten zu 1. bis 3. identisch sein sollen, bestand jedenfalls seit dem 02.01.1995 aufgrund eines entsprechenden schriftlichen Arbeitsvertrages, auf dessen näheren Inhalt ausdrücklich Bezug genommen wird, ein Arbeitsverhältnis. Ausweislich dieses Arbeitsvertrages wurde die Klägerin ab diesem Zeitpunkt „als Mitarbeiterin für den Gesamtbetrieb eingestellt”.

Mit Schreiben vom 30.11.1995 kündigte die Beklagte zu 4. das Arbeitsverhältnis zum 31.01.1996. Am 31.01.1996 nahm sie schriftlich diese Kündigung mit sofortiger Wirkung zurück und bat die Klägerin, ihre Arbeit nach Absprache wieder aufzunehmen.

Mit Schreiben vom 19.04.1996 kündigte die Beklagte zu 4., nachdem sie beim zuständigen Amtsgericht einen Konkursantrag gestellt hatte, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zum 30.04.1996 und stellte die Klägerin für die restlichen Tage unter Anrechnung des u. U. noch bestehenden Urlaubsanspruchs von der Arbeit frei.

Unter dem 30.04.1996 schrieb die Beklagte zu 1. an die Klägerin:

„Betr. Ihr Arbeitsvertrag mit M. GmbH/E. … abgeschlossen am 01.02.1995

Sehr geehrte Frau A.,

hiermit bestätigen wir Ihnen, daß wir Sie ab dem 02.05.1996 von der M. GmbH einstellen.

Der bestehende Arbeitsvertrag wird somit mit gleichen Rechten und Pflichten übernommen.

Außerdem wurde vereinbart, daß dieser Arbeitsvertrag am 31.03.1997 endet.”

Mit Schreiben vom 16.07.1996 kündigte die Beklagte zu 1. das mit der Klägerin, die ihren monatlichen Bruttoverdienst in ihrer Klageschrift mit durchschnittlich DM 3.030,– angegeben hat, bestehende Arbeitsverhältnis „innerhalb der Probezeit fr...

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