Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung zur Vertretung. Befristung von Arbeitsverhältnissen. Fallgruppe der "gedanklichen Zuordnung". Unzulässigkeit der Neuverteilung der Arbeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Entscheidend für die Zuordnung eines Sachverhaltes zur Fallgruppe der "gedanklichen Zuordnung" ist, dass tatsächlich keine Neuverteilung der Arbeiten erfolgt und der zur Vertretung eingestellte Mitabeiter die Aufgaben wahrnimmt, mit denen auch der ausgefallene Mitarbeiter hätte betraut werden können. In jedem Fall geht es um den Ausgleich eines Arbeitsüberhangs.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Entscheidung vom 19.03.2012; Aktenzeichen 3 Ca 60/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.02.2015; Aktenzeichen 7 AZR 113/13)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 19.3.2012, Az.: 3 Ca 60/12 abgeändert und festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristungsabrede vom 21.6.2011 zum 31.12.2011 beendet worden ist.

  • 2.

    Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den 31.12.2011 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als vollzeitbeschäftigte Angestellte der Tätigkeitsebene V des TV-BA weiter zu beschäftigen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens.

  • 3.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

  • 4.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses durch eine Befristung.

Die am 24.05.1964 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 24.02.2009 als Fachassistentin beschäftigt. Dabei sind in der Vergangenheit verschiedene befristete Arbeitsverhältnisse abgeschlossen worden. Der Beschäftigung lag zunächst der befristete Arbeitsvertrag vom 18.02.2009 zugrunde, Bl. 5/6 GA. Darin heißt es in § 1:

"Das Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum 31.12.2009."

Eine Begründung der Befristung enthielt der Arbeitsvertrag selbst nicht. Die Klägerin war gem. § 4 des Arbeitsvertrages in die Tätigkeitsebene V des TV-BA eingruppiert. Der Arbeitsvertrag enthält in § 2 einen Hinweis auf den seit dem 01.01.2006 geltenden Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen. § 33 TV-BA lautet in Absatz 1 Satz 1 wie folgt:

"Befristete Arbeitsverträge sind nach Maßgabe des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) sowie anderer gesetzlicher Vorschriften über die Befristung von Arbeitsverträgen zulässig."

Der Klägerin waren Aufgaben einer Fachassistentin für Arbeitnehmerleistungen in der Agentur für Arbeit in Duisburg im Team "AN-Leistung 231" übertragen. Darüber verhält sich ein schriftlicher Vermerk, Bl. 7 GA.

Das Team "AN-Leistung 231" besteht aus zwei Teilsachgebieten, nämlich dem Gebiet Alg (Arbeitslosengeld 1, im Folgenden: "Alg") und dem Gebiet BAB/Abg/Übg (Berufsausbildungsbeihilfe/Ausbildungsgeld/Übergangsgeld im Folgenden: "BAB/Abg/Übg"). Jedem der Teilsachgebiete steht ein(e) Sachbearbeiter(in) vor. Im gesamten Team sind (umgerechnet auf Vollzeitstellen) 5,5 Fachassistenten und 3 Teamassistenten tätig, insgesamt also 8,5 Vollzeitarbeitskäfte.

Am 27.11.2009 schlossen die Parteien eine "Änderungsvereinbarung", Bl. 8 GA. In § 1 dieser Vereinbarung heißt es auszugsweise:

"Frau D. T. wird als Vollzeitbeschäftigte bis zum 30.06.2010 weiterbeschäftigt."

Eine Begründung der Befristung enthielt auch dieser Vertrag nicht. In einem "Vermerk zum befristeten Arbeitsvertrag" vom 27.11.2009, Bl. 9 GA, informierte die Beklagte die Klägerin über die Rechtsfolgen und Rechtsgrundlagen der zeitlichen Befristung.

Am 10.02.2010 schlossen die Parteien sodann eine weitere "Änderungsvereinbarung", Bl. 10 GA. Darin heißt es auszugsweise:

"Frau D. T. wird als Vollzeitbeschäftigte bis zum 31.12.2010 weiterbeschäftigt."

Ein sachlicher Grund wird auch in dieser Befristungsabrede nicht genannt. Auch hier existiert ein Vermerk zum Arbeitsvertrag, Bl. 11 GA.

Am 21.12.2010 vereinbarten die Parteien einen neuen befristeten Arbeitsvertrag, Bl. 12/13 GA. In § 1 des Vertrages heißt es auszugsweise:

"Frau D. T. wird ab dem 01.01.2011 als Vollzeitbeschäftigte eingestellt. Das Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum Erreichen folgenden Zwecks: "Vertretung für die Dauer der Erkrankung der Frau F. G.", längstens bis zum 30.06.2011. "

Auch zu diesem Vertrag existiert eine Vermerk, Bl. 14 GA, in dem nochmals auf den Vertretungsgrund Bezug genommen wird. Die Eingruppierung erfolgte in Vergütungsgruppe V, Entwicklungsstufe 2.

Bei der vertretenen Frau F. G. handelt es sich um eine unbefristet eingestellte Mitarbeiterin, die ebenfalls als Fachassistentin im Team AN-Leistung 231 tätig ist. Sie war seit dem 28.06.2010 arbeitsunfähig erkrankt. Sie ist in dieselbe Vergütungsgruppe eingruppiert wie die Klägerin. Frau G. arbeitete allerdings im Sachgebiet BAB/Abg/Übg und hier vorwiegend im Bereich der Berufsausbildungsbeihilfe.

Am 21.06.2011 vereinbarten die Par...

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