Entscheidungsstichwort (Thema)
Parallelentscheidung zu LAG Düsseldorf 8 Sa 379/18 v. 04.12.2018
Leitsatz (amtlich)
Parallelentscheidung zu 8 Sa 379/18
Normenkette
BGB § 613a; KSchG §§ 17, 4 S. 1, § 17 Abs. 2; InsO § 113; ZPO § 97
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 16.04.2018; Aktenzeichen 9 Ca 6810/17) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 16.04.2018 - Az. 9 Ca 6810/17 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird zugunsten des Klägers zugelassen, soweit die Berufung im Hinblick auf die Abweisung des Kündigungsschutzantrags zurückgewiesen wird. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung und die Erteilung von Auskünften.
Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG (im Folgenden: Schuldnerin) mit Sitz in C.. Der am 04.03.1967 geborene, verheiratete, zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 12.10.1994 bei der Schuldnerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als Flugzeugkapitän auf den Flugzeugmustern Airbus A 320 und A 330 - etwa zu gleichen Teilen - beschäftigt. Wegen der Arbeitsbedingungen im Einzelnen wird auf den schriftlichen Ausbildungsvertrag vom 11.10.1994 sowie den Arbeitsvertrag vom selben Tage, jeweils abgeschlossen mit der M.-Süd GmbH & Co - Bl.8 ff., 12 ff. der Akte - Bezug genommen. Zum 01.04.2011 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB auf die Schuldnerin über. Der Kläger verdiente zuletzt durchschnittlich 17.951,46 € brutto monatlich und war auf dem dienstlichen Einsatzort E. stationiert. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag Nr. 4 für das Cockpitpersonal der M. M. Unternehmen GmbH Anwendung (im Folgenden MTV Nr. 4). Nach § 50 Abs. 3 Satz 1 MTV Nr. 4 kann Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und zusätzlich eine Betriebszugehörigkeit von mindestens 15 Jahren haben, nicht ohne wichtigen Grund (i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB) gekündigt werden.
Bei der Schuldnerin handelt es sich um die bis Ende des Jahres 2017 zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft, die von ihren Drehkreuzen in E. und C.-U. hauptsächlich Ziele in ganz Europa, Nordafrika und Übersee anflog. Sie beschäftigte nach Angaben des Beklagten im August 2017 6.121 Beschäftigte, davon 1.318 Piloten, 3.362 Beschäftigte in der Kabine und 1.441 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Boden.
Keines der von der Schuldnerin genutzten Flugzeuge stand im Eigentum der Schuldnerin. Alle Flugzeuge waren von dieser geleast worden. Die Schuldnerin betrieb den Flugbetrieb zuletzt im Wesentlichen mit den Flugzeugmustern der A 320-Familie sowie des A 330. Die A 320-Familie wurde hauptsächlich für die Mittel- und Kurzstrecke eingesetzt, die A 330 hauptsächlich für die Langstrecke. Seit dem Jahr 2016 flog die Schuldnerin nicht mehr ausschließlich im eigenwirtschaftlichen Flugbetrieb, sondern auch im sog. "wet lease" für die Euro x. GmbH und die Deutsche M. AG. Bei einem wet lease werden Flugzeuge einschließlich Cockpit-Crew, Kabinenpersonal, Wartung und Versicherung bereitgestellt. So flogen bis zu 38 Flugzeuge der Schuldnerin im wet lease insbesondere im Auftrag der Euro x. GmbH. Der Vertrag war für sechs Jahre abgeschlossen. Die dort eingesetzten Mitarbeiter erhielten Euro x.-Uniformen. Auch der Kläger flog vereinzelt im wet lease.
Bei der Schuldnerin ist für die Piloten gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG auf Basis des "Tarifvertrags Personalvertretung für das Cockpitpersonal der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG" (im Folgenden TVPV) eine Personalvertretung (im Folgenden PV Cockpit) gebildet. Für das Kabinenpersonal bestand die PV Kabine. Am 14.02.2017 schloss die Schuldnerin mit PV Cockpit einen Rahmen-Interessenausgleich zur Umstrukturierung der Air C. für das Cockpitpersonal. Darin hieß es, die Organisationsstruktur des Flugbetriebes müsse geändert werden. Es solle die Ausgliederung des Touristikgeschäfts, die Bereederung von Flugzeugen im Rahmen der mit der Deutschen M. Group (Deutsche M. AG, Euro x. GmbH und B. Airlines AG) getroffenen wet-lease-Vereinbarung (ACMIO-Operation) und eine Neuausrichtung der verbleibenden Kapazitäten im Rahmen des Programms "New Air C." erfolgen. In der Anlage 1 zum Rahmen-Interessenausgleich hieß es auszugsweise weiter:
"§ 1
Die Zuordnung zur ACMIO-Operation ergibt sich bei ausschließlichen ACMIO-Stationen aus der entsprechenden Stationierung. An "gemischten Stationen" erfolgt eine individuelle Zuordnung erst, sobald die "dedicated crew" Operation aufgenommen wird. Mitarbeiter, die vor diesem Zeitpunkt an einer gemischten Station stationiert sind, werden bis dahin in beiden Operationen eingesetzt.
[...]
§ 6
Auch nach der Zuordnung der Mitarbeiter zur ausschließlichen Operation (ACMIO-Operation bzw. "New Air C.") verbleiben alle Mitarbeiter im einheitlichen Flugbetrieb der Air C.. Die Durchlässigkeit zwischen "New Air C." und der "ACMIO-Operation" wird gewährleistet, z.B. durch...