Entscheidungsstichwort (Thema)
Spaltung. Ausgliederung. Übergang auf privaten Rechtsträger
Leitsatz (amtlich)
1. Die Umwandlung eines öffentlich-rechtlich organisierten Unternehmens in eine private Rechtsform durch Ausgliederung ist nach der Systematik des UmwG ein Unterfall der Spaltung. Die §§ 123 bis 137 UmwG finden im Hinblick auf die Sonderregelungen der §§ 168 bis 173 UmwG jedoch nur Anwendung, soweit sie die Ausgliederung betreffen.
2. Bei einer Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG geht gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UmwG das Vermögen des ausgegliederten Teils des übertragenden Rechtsträgers einschließlich der Verbindlichkeiten entsprechend der im Spaltungsvertrag vorgesehenen Aufteilung jeweils als Gesamtheit auf den übernehmenden Rechtsträger über (sog. partielle Gesamtsrechtsnachfolge).
3. Auch bei der sog. partiellen Gesamtrechtsnachfolge ist im Rahmen des § 126 Abs. 2 Satz 1 UmwG der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz einzuhalten. Diesem wird auch durch eine Auffangklausel des Inhalts, dass für einen bestimmten Bereich alle vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründeten Verbindlichkeiten übergehen sollen, Rechnung getragen.
4. Im Spaltungs- und Übernahmevertrag bzw. im Spaltungsplan kann grundsätzlich frei festgelegt werden, auf welchen Rechtsträger nach der Spaltung Gegenstände des Aktiv- und Passivvermögens übergehen sollen. Die Möglichkeit einer privatautonomen Regelung der Zuordnung von Verbindlichkeiten umfasst damit auch laufende Versorgungsverbindlichkeiten von Mitarbeitern, die vor der Spaltung aus den Diensten des Unternehmens ausgeschieden sind.
5. Die Ausgliederung der von einer Kommune eingegangenen Versorgungsverpflichtung auf einen privaten Rechtsträger setzt wegen der fortbestehenden Haftung der Kommune nach § 172 Satz 1 UmwG nicht die Zustimmung des Versorgungsempfängers nach § 415 Abs. 1 Satz 1 BGB voraus.
6. Mit dem besonderen Haftungssystem der §§ 133, 134 UmwG hat der Gesetzgeber eine gegenüber § 4 BetrAVG vorrangige Ordnung geschaffen.
7. Auch wenn eine Kommune dem Arbeitnehmer eine Versorgung „nach beamtenversorgungsrechtlichen Grundsätzen” versprochen hat, ist weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 14 Abs. 1 GG dadurch verletzt, dass die Versorgungszusage nach ihrem Übergang auf einen privaten Rechtsträger infolge Ausgliederung nicht mehr insolvenzgeschützt ist.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; BetrAVG § 4; BGB § 414; UmwG §§ 123, 137, 168, 173, 324
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Urteil vom 31.10.2002; Aktenzeichen 1 Ca 1612/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 31.10.2002 – 1 Ca 1612/02 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Am 21.06.1993 schlossen die Parteien einen Anstellungsvertrag, wonach der am 25.03.1942 geborene Kläger als Vorsitzender der Krankenhausleitung und kaufmännischer Direktor der Städtischen Kliniken Duisburg mit dem Klinikum L.weg, C.-Krankenhaus, Duisburg-S. und Altenkrankenheim Duisburg-S. eingestellt wurde. Zum damaligen Zeitpunkt wurden die Städtischen Kliniken Duisburg in der Rechtsform eines kommunalen Eigenbetriebs i. S. von § 114 Abs. 1 GO geführt.
In dem Anstellungsvertrag heißt es u. a.:
„…
§ 4
…
2. Für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen werden auch nach Eintritt des Versorgungsfalles die bei der Stadt Duisburg für Beamte geltenden Bestimmungen des Beihilferechts analog angewendet.
§ 5
1. Herrn I. St. wird ein Versorgungsanspruch nach beamtenversorgungsrechtlichen Grundsätzen mit folgender Maßgabe garantiert:
Der Versorgungsprozentsatz betrug am 01. Juli 1987 65 % der ruhegehaltsfähigen Bezüge, steigend um jeweils 1 % je Beschäftigungsjahr bis zum Höchstprozentsatz von 75 %. Im übrigen gelten die beamtenversorgungsrechtlichen Vorschriften im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles. Auf diese Versorgung werden die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung – auch soweit sie aus Tätigkeiten nach Ausscheiden aus den Diensten der Städtischen Kliniken erworben werden – in vollem Umfang angerechnet.
2. 1) Der Versorgungsfall tritt ein
- mit Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze,
- mit der dauernden Dienstunfähigkeit im Sinne des Beamtenrechts oder des Rentenrechts,
- mit dem Tode,
- mit dem Ausscheiden aus den Städtischen Kliniken infolge Nichtwiederbestellung nach Ablauf der Wahlzeit, ohne dass ein wichtiger Grund zur Entlassung vorliegt.
2) Der Versorgungsfall tritt nicht ein, wenn Herr I. St. auf eigenen Wunsch aus den Städtischen Kliniken ausscheidet oder eine Wiederbestellung nicht annimmt.
3. Bis zum Zeitpunkt des Eintritts des Anspruchs auf Renten aus der Angestelltenversicherung wird Herr I. St. sich Einkünfte jeglicher Art aus selbstständigen und unselbstständigen Tätigkeiten auf den Versorgungs- anspruch anrechnen lassen.
…”
Am 23.04.1997 schlossen die Parteien einen Zusatzvertrag zum Anstellungsvertrag, wonach der Kläger mit...