Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit des Ausschlusses der Hinterbliebenenversorgung nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes bei Eheschließung nach Eintritt des Versorgungsfalls
Leitsatz (amtlich)
Zur ergänzenden Vertragsauslegung des Leistungsausschlusses für die Hinterbliebenenversorgung in § 4 Abs. 6 Satz 2 der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Regelung in einer Versorgungsordnung, die den Anspruch auf eine Witwen-/Witwerrente davon abhängig macht, dass die Ehe vor Eintritt des Versorgungsfalls beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer geschlossen wurde, ist wirksam (BAG - 3 AZR 294/11 - 15.10.2013).
2. Sie führt auch unter Beachtung der grundrechtlichen Wertungen der Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung i.S. von §§ 307ff. BGB und hält auch im Übrigen einer Überprüfung anhand der Maßstäbe des AGG stand.
Normenkette
AGG §§ 1, 3, 7, 10; Leistungsordnung Bochumer Verband § 4 Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 10.02.2016; Aktenzeichen 3 Ca 1800/15) |
Nachgehend
Tenor
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.02.2016 - 3 Ca 1800/15 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung.
Die am 29.10.1949 geborene Klägerin ist die Witwe des am 26.05.1926 geborenen und am 17.08.2014 verstorbenen Herrn L.. Die Eheschließung erfolgte am 25.07.2007. Herr L., der in erster Ehe mit der am 23.06.2001 verstorbenen Frau T. L. verheiratet war, stand seit dem Jahre 1967 bis zum 31.05.1991 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin. Ihm war eine Altersversorgung nach der Leistungsordnung des Bochumer Verbandes (im Folgenden LO) zugesagt. Im Zeitpunkt des Ausscheidens des Herrn L. am 31.05.1991 galt die LO 1985 in der Fassung ab dem 14.12.1988 (im Folgenden LO 1985 idF 1988). Herr L. bezog durch den Bochumer Verband im Auftrag seines Mitgliedes, d.h. seiner früheren Arbeitgeberin, ab dem 01.01.1992 ein monatliches Ruhegeld. Die Einzelheiten der erstmaligen Ruhegeldberechnung und des Anwartschaftsverlaufs von Herrn L. ergeben sich aus der Ruhegeldfeststellung des Bochumer Verbandes vom 04.12.1991, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird. Ab dem 01.01.1992 galt die LO 1985 in der Fassung ab dem 01.01.992 (im Folgenden LO 1985 idF 1992). Herr L. bezog zuletzt ein monatliches Ruhegeld von 6.177,76 Euro brutto. Zu seinem Todeszeitpunkt galt die LO in der Fassung vom 01.01.2012 (im Folgenden LO 2012) mit den Übergangsbestimmungen A, B und C. Die LO 2012 enthielt u.a. folgende Regelungen:
"§ 2
Voraussetzungen für das Ruhegeld
(1)Ruhegeld erhält ein Angestellter, der aus dem Dienst des Mitgliedes ausscheidet, weil er
a)dienstunfähig ist oder
b)die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht hat oder
c)als Untertage-Angestellter die Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung für den Bezug der Altersgrenze für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute erreicht hat oder
d)Rente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung in voller Höhe in Anspruch nimmt (Vollrente i. S. d. § 42 SGB VI).
(2)Dienstunfähig ist, wer nicht nur vorübergehend außerstande ist, eine seiner Vorbildung und seiner bisherigen Dienststellung entsprechende Tätigkeit auszuüben. Bei Wiederherstellung der Dienstfähigkeit kann die Zahlung des Ruhegeldes eingestellt werden. Ist die Dienstunfähigkeit oder die Wiederherstellung der Dienstunfähigkeit zweifelhaft, kann eine Untersuchung des Angestellten durch vom Verband zu benennende Vertrauensärzte auf Kosten des Mitglieds erfolgen.
(3)......
(4)Fällt die gesetzliche Rente wegen Alters vor Erreichen der Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung oder die Dienstunfähigkeit wieder weg oder wird die Rente wegen Alters auf einen Teilbetrag beschränkt, so entfällt vom gleichen Zeitpunkt an die Zahlung des Ruhegeldes.
......
§4
Hinterbliebenenbezüge
(1)Beim Tode eines Angestellten oder Empfängers von Ruhe- oder Übergangsgeld erhalten
a)der hinterbliebene Ehegatte, wenn der Verstorbene den Familienunterhalt überwiegend bestritten hat, ein Ehegattengeld auf der Grundlage von 60 vH des Ruhegeldes nach § 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 1, das dem Verstorbenen am Todestag zustand oder zugestanden hätte, wenn er an diesem Tage wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden wäre.
......
(6) War der Verstorbene bei der Eheschließung 65 oder mehr Jahre alt oder mehr als 25 Jahre älter als sein Ehegatte oder war die Ehe nur geschlossen worden, um den Hinterbliebenen die Leistungen zuzuwenden, wird weder Ehegatten- noch Waisengeld gewährt. Das Gleiche gilt für Ehegatten und Waisen aus Ehen, die von Empfän...