Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Altersgrenze für Stewardessen
Leitsatz (amtlich)
Eine in der Luftfahrt tariflich bestimmte Altersgrenze von 60 Jahren für Kabinenpersonal ist nicht durch Sachgründe i.S.v. § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG gerechtfertigt und daher rechtsunwirksam.
Normenkette
TzBfG § 14; MTV Nr. 11 f. d. Kabinenpersonal der LTU § 47 M
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 29.04.2008 wird klarstellend mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass
- festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung nach § 47 des Manteltarifvertrages Nr. 11 für das Kabinenpersonal M. zum 30.11.2009 beendet wird;
- die Beklagte verurteilt wird, die Klägerin über den 30.11.2009 hinaus zu den bisherigen vertraglichen Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin tatsächlich weiterzubeschäftigen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund einer tariflichen Altersgrenzenregelung mit Vollendung des 60. Lebensjahres durch die Klägerin enden wird.
Die am 23.11.1949 geborene, tarifgebundene Klägerin ist seit 1970 als Flugbegleiterin bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der für die Beklagte geschlossene Manteltarifvertrag Nr. 11 für das Kabinenpersonal i. d. F. v. 01.01.2007 (nachfolgend: MTV Nr. 11) Anwendung, der – soweit hier von Interesse – Folgendes bestimmt:
„§ 47 Erreichen der Altersgrenze
Das Arbeitsverhältnis endet – ohne dass es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem die Zahlung einer Altersrente durch den gesetzlichen Versicherungsträger eintritt, spätestens jedoch mit Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer das 60. Lebensjahr vollendet hat.” Die Klägerin hat, nachdem ihr Verlangen, das Arbeitsverhältnis bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres fortzusetzen, von der Beklagten zurückgewiesen wurde, im Dezember 2007 vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf eine Befristungskontroll- und Weiterbeschäftigungsklage erhoben.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 29.04.2008 der Klage stattgegeben. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift die Beklagte das Urteil, auf das hiermit zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht und unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an.
Die Klägerin verteidigt das Urteil und beantragt zuletzt,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass
- festgestellt wird, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung nach § 47 des Manteltarifvertrages Nr. 11 für das Kabinenpersonal M. zum 30.11.2009 beendet wird;
- die Beklagte verurteilt wird, sie, die Klägerin, über den 30.11.2009 hinaus zu den bisherigen vertraglichen Arbeitsbedingungen als Flugbegleiterin tatsächlich weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte beantragt,
die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und Abweisung der Klage auch zu den geänderten Anträgen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage stattgegeben. Die Kammer macht sich die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils, die den Angriffen der Berufung stand halten, gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zu eigen. Es ist lediglich das Folgende anzufügen.
1. Soweit sich die in Berufungsinstanz erfolgte Formulierung der Klageanträge nicht schon aufgrund der Auslegung der erstinstanzlichen Anträge ergibt, ist die Klageänderung nach § 533 ZPO zulässig, weil die Beklagte eingewilligt und die Kammer in Ansehung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BAG vom 14.02.2007, 7 AZR 95/06, Juris Rz. 8 ff.) die Klageänderung überdies für sachdienlich hält und die Tatsachengrundlage unverändert geblieben ist.
2. Die Klageerhebung vor dem Befristungsende und dem Beginn der dreiwöchigen Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG ist zulässig (BAG 10.03.2004, 7 AZR 402/03, Juris Rz. 13, Arnold/Gräfl/Spinner, TzBfG, 2. Aufl., § 17 Rz. 41). Das Feststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich daraus, dass die Beklagte vorprozessual und im Rechtsstreit bis zuletzt die Wirksamkeit der tariflichen Befristung reklamiert. Weil davon auszugehen ist, dass sie auch weiterhin an der Befristung festhalten wird, hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an alsbaldiger Klärung, um ihre beruflichen und wirtschaftlichen Dispositionen hierauf abzustellen. Zwar ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass eine Tarif- oder Gesetzesänderung eintreten und den derzeitigen Konflikt der Parteien vor dem Befristungsende beseitigen werde. Abgesehen davon, dass e...