Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschließliche Zulässigkeit der Feststellungklage bei Anzeige der Neumasseunzulänglichkeit durch Insolvenzverwalter. Anspruch auf Nachteilsausgleich als Insolvenzforderung bei Betriebsstilllegung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens und nicht durchgeführtem Interessenausgleich
Leitsatz (amtlich)
Einordnung eines Anspruchs auf Nachteilsausgleich als Insolvenzforderung
Normenkette
BetrVG § 113 Abs. 3; InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1, § 179 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 08.06.2018; Aktenzeichen 11 Ca 886/18) |
Tenor
I.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.06.2018 - 11 Ca 886/18 - wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Berufungsverfahrens sowie der Nebenintervention werden der Klägerin auferlegt.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über das Bestehen eines Anspruchs auf Nachteilsausgleich und dessen insolvenzrechtliche Einordnung.
Der Beklagte ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Air C. PLC & Co. Luftverkehrs KG (im Folgenden Schuldnerin) mit Sitz in C..
Die am 12.09.1973 geborene, ledige Klägerin ist seit dem dem Jahr 2005 bei der Schuldnerin als Flugbegleiterin zuletzt mit einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 3.205,57 EUR bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt. Im Jahr 2011 ging das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs im Zusammenhang mit einer aufnehmenden Verschmelzung auf die Schuldnerin über. Dienstlicher Einsatzort war bis zuletzt E.. Von dort aus fand ein Einsatz auf verschiedenen Flugrouten und in wechselnden Flugzeugen mit unterschiedlichen Crews statt. Wegen der Einzelheiten der vereinbarten Arbeitsbedingungen wird auf die in Kopie zu den Akten gereichten Vertragsdokumente Bezug genommen.
Die Klägerin hat bereits erstinstanzlich dem Insolvenzverwalter, Herrn Prof. Dr. G., sowie dem Generalbevollmächtigten, Herrn Dr. L., jeweils persönlich den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf Seiten der klagenden Partei beizutreten. Im Berufungsverfahren trat Herr Prof. Dr. G. dem Rechtsstreit als Nebenintervenient auf Seiten des Beklagten bei.
Bei der Schuldnerin handelte es sich um eine Fluggesellschaft, bei der mit Stand August 2017 insgesamt 6.121 Arbeitnehmer, davon 1.318 Piloten, 3.362 Beschäftigte in der Kabine und 1.441 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Boden tätig waren. In der Firmenzentrale in C. waren die Verwaltung, das Head-Office, die Personalabteilung, die Buchhaltung, der Vertrieb und die IT-Abteilung ansässig. Zudem waren die verantwortlichen Personen für den Flugbetrieb, Ground Operations, Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit und der verantwortliche Flugbetriebsleiter in C. stationiert. Zur Abfertigung des Passagieraufkommens verfügte die Schuldnerin u.a. an den Flughäfen C.-U., E., G., T., I., M., O., etc. über einzelne Stationen.
Bei der Organisationsstruktur des Kabinenpersonals im täglichen Flugbetrieb bekleidete die höchste operative Ebene im Bereich "Flug" Herr P. als "Head of Flight Operations" in C.. Diesem oblag die vollständige operative und administrative Leitung des gesamten Flugbetriebs. Ihm unterstellt waren die Abteilung Cabin Crew mit der Leiterin Frau X. sowie die Abteilung Crew Operations. Die individuellen Flugpläne wurden zuletzt in der Abteilung Crew Planning in C. für den gesamten Flugbetrieb erstellt. Bei personellen Engpässen erfolgte über das sog. "proceeding" das Einsetzen des Flugpersonals außerhalb der Heimatflughäfen. Der Leiterin der Abteilung Cabin Crew Frau X. oblag die Durchsetzung, Kontrolle und Einhaltung aller Betriebsregeln im Bereich Kabine, d.h. insbesondere die Durchsetzung von Arbeitsanweisungen, die Rekrutierung und Neueinstellung sowie die Personalplanung des gesamten Kabinenpersonals einschließlich der Begründung, Beendigung oder Änderung von Arbeitsverhältnissen. Ihr unterstellt waren die Regionalmanager, und zwar der Regionalmanager West, Herr O., der für die Stationen E. und Q. zuständig war, sowie die Regionalmanagerin Nord und Süd Frau C., die für die Stationen C., I., M., N., T., O. und G. zuständig war. Die Regionalmanager waren als Flugbegleiter angestellt und in der Regel auch im operativen Flugbetrieb eingesetzt. Sie waren Bindeglied zwischen den Areamanagern vor Ort und der Leitung in C.. Sie hatten keine eigenen Entscheidungskompetenzen, sondern lediglich begleitende Funktionen, indem sie an Personalgesprächen über Einstellungen bzw. Änderungen von Arbeitsverträgen teilnahmen und eine Empfehlung abgaben. Den Regionalmanagern waren die Areamanager für das Kabinenpersonal beigeordnet. Der Areamanager Nord war zuständig für die Stationen C., I. und M., die Areamanagerin West für die Stationen E. und Q. sowie die Areamanagerin Süd für die Stationen N., O., T. und G.. Bei den Areamanagern handelte es sich ebenfalls um Flugbegleiter, die diese Position als Zusatzfunktion ausübten. Ihre Aufgabe war die eines Bin...