Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung des Arbeitsvertrages hinsichtlich der Dauer der Kündigungsfrist in der Probezeit
Leitsatz (amtlich)
Widersprüchliche Regelungen zur Dauer der Kündigungsfrist in der Probezeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Enthält der Arbeitsvertrag widersprüchliche Regelungen zur Dauer der Probezeit und zur Kündigungsfrist während der Probezeit, so muss der Arbeitgeber gegen sich gelten lassen, dass nur die seinem Vertragspartner günstige Klausel wirksam ist. Ist die Vereinbarung über die Probezeit wegen mangelnder Transparenz gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, so findet die Regelung der allgemeinen Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis (hier: 6 Wochen zum Monatsende) Anwendung.
2. Die Einhaltung der objektiv richtigen Kündigungsfrist muss nicht mit der fristgebundenen Klage nach § 4 S. 1 KSchG geltend gemacht werden, wenn die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führt. Dies ist der Fall, wenn die Kündigung sich in eine solche mit der rechtlich gebotenen Kündigungsfrist auslegen lässt und deshalb keiner Umdeutung bedarf.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 2, § 622 Abs. 3, § 305c Abs. 2; KSchG § 4
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 23.03.2015; Aktenzeichen 15 Ca 6024/14) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.03.2015, 15 Ca 6024/14, abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 05.09.2014 erst zum 31.10.2014 beendet worden ist.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund einer seitens der Beklagten ausgesprochenen Kündigung in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses sein Ende gefunden hat.
Die Beklagte, die eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 AÜG besitzt, ist ein bundesweit tätiges Unternehmen der Personaldienstleistungsbranche.
Mit Arbeitsvertrag vom 10./13.03.2014 wurde der Kläger mit Wirkung zum 28.04.2014, befristet bis zum 31.12.2015, bei der Beklagten angestellt. Der Kläger sollte als Flugbegleiter eingesetzt werden. Ausweislich der einleitenden Ausführungen zum Arbeitsvertrag stand das Zustandekommen des Arbeitsvertrages unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Kläger bis zum vereinbarten Eintrittstermin die Schulung zum Flugbegleiter und bis zum vereinbarten Schulungsbeginn die flugärztliche Untersuchung und die Zuverlässigkeitsüberprüfung nach den Luftverkehrsbestimmungen bestanden hat und bis zum Eintrittsdatum weitere, im Einzelnen bezeichnete Bescheinigungen vorlegen kann. Die Schulung zum Flugbegleiter erfolgte über die Fluggesellschaft, die auch die Kosten für die Schulungen übernahm. Darüber haben die Parteien - ebenfalls unter dem Datum vom 10./13.03.2014 - eine zusätzliche Vereinbarung getroffen, wegen deren Inhalt im Einzelnen auf Bl. 13 bis 15 der Akte Bezug genommen wird. Des Weiteren haben die Parteien unter diesem Datum eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag bezüglich der Vergütung des Klägers abgeschlossen, wegen deren Inhalt auf Bl. 16 bis 18 der Akte Bezug genommen wird.
Nach § 1 des Arbeitsvertrages sollen sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach den Tarifverträgen für die Zeitarbeit richten, die zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistung e.V. (BZA) und den Mitgliedsgewerkschaften des DBG auf der anderen Seite geschlossen wurden.
§ 3 des Arbeitsvertrages lautet wie folgt:
"§ 3 Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses
1.Der Arbeitsvertrag wird im Rahmen einer Neueinstellung befristet abgeschlossen gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG (sachgrundlose Befristung) für die Zeit vom 28.04.2014 bis zum 31.12.2015. Für die höchst zulässige Befristungsdauer sowie die Anzahl der möglichen Verlängerungen gelten die Bestimmungen des in § 1 Ziff. 1 genannten MTV.
2.Der Mitarbeiter bestätigt mit seiner Unterschrift, dass vor Abschluss dieses Arbeitsvertrages kein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der H. bestanden hat.
3.Auch während einer etwaigen Befristung kann das Arbeitsverhältnis von beiden Parteien nach Maßgabe der Bestimmungen des MTV und den gesetzlichen Bestimmungen gekündigt werden.
4.Nach Ablauf der vereinbarten Befristungszeit endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer entsprechenden Erklärung einer der Parteien bedarf, sofern nicht zuvor die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses schriftlich vereinbart wurde.
4.Die ersten sechs Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses werden als Probezeit vereinbart."
Die Ziffer "4." ist - wie vorstehend wiedergegeben - in dem Formularvertrag doppelt verwendet. Zur Klarstellung wird die an zweiter Stelle stehende Ziffer 4 im Folgenden mit dem Zusatz "Probezeit" versehen.
Sodann werden in den §§ 4 bis 7 mit einer Vielzahl von Unterpunkten Regelungen über die Arbeitszeit, die Eingruppieru...