Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeitvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

Im Hinblick darauf, dass ein Anspruch aus betrieblicher Übung nur bei Fehlen einer kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung entstehen kann (vgl. nur BAG 28.05.2008 – 10 AZR 274/07 – EzA § 242 BGB Betriebliche Übung Nr. 8), kann das vom Arbeitgeber nach dem auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifvertrag bei der Entscheidung über ein Angebot des Arbeitnehmers auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages auszuübende Ermessen nicht „auf Null” schrumpfen, selbst wenn der Arbeitgeber über Jahre Altersteilzeitangebote seiner Mitarbeiter ohne Ermessensentscheidung angenommen hat.

 

Normenkette

Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit der Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung (TV ATZ-TgRV) § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 30.06.2008; Aktenzeichen 2 Ca 2557/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.06.2008 – 2 Ca 2557/08 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die am 18.03.1953 geborene Klägerin ist bei der Beklagten, die circa 4000 Mitarbeiter beschäftigt und einen Personalrat hat, seit dem 01.01.1985 tätig, zuletzt seit dem 01.04.2000 in der Funktion der Gleichstellungsbeauftragten. Ihr monatliches Bruttogehalt betrug zuletzt 4.200,– EUR.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet u. a. der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit (künftig: TV ATZ-TgRV) Anwendung. In § 2 dieses Tarifvertrages heißt es:

„(1) Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmern, die

  1. das 55. Lebensjahr vollendet haben,
  2. eine Beschäftigungszeit (z. B. § 19 BAT/BAT-TgRV-O) von fünf Jahren vollendet haben und
  3. innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben,

    die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.

(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem geplanten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruches zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.

(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.

(4) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2010 beginnen.”

In der Vergangenheit gewährte die Beklagte allen Mitarbeitern der Verwaltung nach Vollendung des 55. Lebensjahrs auf Antrag Altersteilzeit auf der Grundlage des TV ATZ-TgRV. Am 30.11.2006 teilte die Geschäftsführung der Beklagten in einer Abteilungs- und Referatsleiterbesprechung mit, Altersteilzeitanträge von 55 bis 60 Jahre alten Mitarbeitern/innen nur noch dann stattzugeben, wenn die betreffende Stelle tatsächlich wegfalle. Hierüber wurde jedenfalls der Personalrat am 13.03.2007 informiert.

Mit Schreiben vom 28.11.2006 teilte die Klägerin, deren Stelle als Gleichstellungsbeauftragte intern mit einem kw-Vermerk versehen ist, der Beklagten Folgendes mit:

„Zur Fristwahrung möchte ich hiermit bekannt geben, dass ich ab April 2008 einen Altersteilzeitvertrag im Blockmodell abschließen möchte. Mit einer Arbeitsphase vom 1. April 2008 bis 31.03.2013 und mit einer Freistellungsphase vom 01.04.2013 bis 31.03.2018.”

Unter dem 30.11.2006 erwiderte die Beklagte, nach einer Entscheidung ihrer Geschäftsführung sei die Abteilung Verwaltung gehalten, Vereinbarungen über Altersteilzeitarbeit nicht länger als sechs Monate vor Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu treffen, weshalb ihrem – der Klägerin – Antrag zurzeit nicht entsprochen werden könne. Am 08.10.2007 beantragte die Klägerin unter dem Hinweis, dass sie im März 2008 das 55. Lebensjahr vollende, die Umwandlung ihres Arbeitsvertrages in einen Altersteilzeitvertrag. Dies lehnte die Beklagte schriftlich am 12.10.2007 mit dem Hinweis ab, die Stelle der Klägerin entfalle nicht endgültig mit dem Eintritt in die Freistellungsphase.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Düsseldorf am 28.04.2008 eingereichten Klage verfolgt die Klägerin ihr Altersteilzeitbegehren weiter.

Die Klägerin hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Bei der Beklagten bestehe eine betriebliche Übung, nach der auch Mitarbeiter zwischen dem 55. und 59. Lebensjahr einen Anspruch auf Altersteilzeit hätten. Diese Übung ergebe sich daraus, dass sämt...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?