Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer sachgrundlosen Befristung des Arbeitsverhältnisses bei einer mehr als drei Jahre zurückliegenden Vorbeschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG kann nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG auch dann unwirksam sein, wenn zwischen einer Vorbeschäftigung und dem Beginn des neuen Beschäftigungsverhältnisses ein Zeitraum von mehr als drei Jahren liegt (BVerfG, 06.06.2018, 1 BvL 7/14 und 1 BrR 1375/14). Liegt zwischen den Befristungen ein Zeitraum von fünf Jahren, ist keine "sehr lange" zurückliegende Vorbeschäftigung im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG gegeben. Ein Vertrauensschutz auf die geänderte Rechtsprechung des BAG zur zeitlichen Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbots auf drei Jahre besteht nicht, weil es zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Kläger keine langjährige und gesicherte Rechtsprechung in diesem Sinne gab.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 24.07.2017; Aktenzeichen 9 Ca 4824/16)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.07.2017, 9 Ca 4824/16, abgeändert:

    1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 11.11.2011 vereinbarten Befristung am 14.11.2013 beendet worden ist.
    2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Küchenmeister weiter zu beschäftigen.
  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

  • III.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund einer Befristung beendet worden ist.

Der am 14.09.1970 geborene, geschiedene Kläger, der zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, war aufgrund eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages in der Zeit vom 01.01.2005 bis zum 30.09.2006 bei der Beklagten in der Standortverwaltung H. als Koch beschäftigt.

Unter dem Datum vom 15.07.2011 hat das Bundesministerium der Verteidigung mit dem Vermerk "An Verteiler" hinsichtlich der Befristung von Arbeitsverhältnissen gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.04.2011, 7 AZR 716/09, hingewiesen und dazu ausgeführt, die Sichtweise des BAG führe u.U. zu einer Erleichterung bei befristeten Neueinstellungen und könne bis auf weiteres bei Abschluss von sachgrundlos befristeten Arbeitsverträgen zugrunde gelegt werden. Wegen des Inhalts des Schreibens im Einzelnen wird auf Bl. 35 der Akte Bezug genommen.

Aufgrund eines weiteren ohne Sachgrund bis zum 14.11.2013 befristeten Arbeitsvertrages vom 11.11.2011 war der Kläger seit dem 15.11.2011 beim Bundeswehr-Dienstleistungszentrum E., dessen Rechtsträger die Beklagte ist, als Küchenmeister zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 2.640,62 € beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), den besonderen Regelungen für die Verwaltung (TVöD-Besonderer Teil Verwaltung), dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) und die diese ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassung.

Zwischen diesen beiden Arbeitsverhältnissen ist der Kläger zu unterschiedlichen Auslandseinsätzen und Einzelwehrübungen einberufen worden, in denen er auch in der Küche eingesetzt war. Wegen der vom Kläger vorgetragenen Einsätze im Einzelnen, die teilweise mehrere Monate gedauert haben, wird auf Seite 1 bis 2 seines Schriftsatzes vom 25.02.2014 (Bl. 36 bis 37 der Akte) Bezug genommen. Wegen der diesen Einsätzen zugrunde liegenden Einberufungsbescheide wird auf Bl. 53 bis 78 der Akte Bezug genommen.

Sowohl erst- als auch zweitinstanzlich haben die Parteien mehrfach über die Möglichkeit eines weiteren Einsatzes bei der Beklagten verhandelt und das vorliegende Verfahren terminlos gestellt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die streitgegenständliche Befristung sei unwirksam. Seit dem Jahr 2005 sei er fast durchgehend bei der Bundeswehr beschäftigt gewesen. Die Zeiten als Soldat im Einsatz seien Zeiten, die als Zeiten einer Vorbeschäftigung gelten müssten. Seine Beschäftigung sei auch immer berufsbezogen als Koch erfolgt. Es mache keinen Unterschied, ob er als Angestellter oder als Soldat gekocht habe.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 11.11.2011 vereinbarten Befristung am 14.11.2013 beendet worden ist;
  2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Küchenmeister weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dass die streitgegenstä...

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