Entscheidungsstichwort (Thema)
Anpassung von betrieblichem Ruhegeld
Leitsatz (amtlich)
1. Durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung kann im Hinblick auf § 30 c Abs. 1 BetrAVG eine Ruhegeldregelung, die auf einer Zusage vor dem 01.01.1999 beruhte, nicht einseitig dahingehend abgeändert werden, dass die laufenden Leistungen jährlich nur um 1 % angepasst werden.
2. Zur zeitlichen Geltung des Verbraucherpreisindex (VPI 2005) bei der Berechnung der Höhe der Anpassungsverpflichtung.
Normenkette
BetrAVG § 16 Abs. 1, 3, § 30c Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Essen (Urteil vom 08.05.2009; Aktenzeichen 5 Ca 381/09) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 08.05.2009 – 5 Ca 381/09 – werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anpassung von betrieblichem Ruhegeld.
Der am 17.09.1935 geborene Kläger war vom 16.05.1966 bis zum 31.03.1996 bei der Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerk Aktiengesellschaft bzw. deren Rechtsnachfolgerinnen als Angestellter beschäftigt.
Der Kläger erhielt als Angestellter eine Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe der jeweils geltenden Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung des RWE. Ursprünglich richteten sich die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den Richtlinien vom 09.02.1989 (im Weiteren RL 89).
Seit dem 01.04.1996 bezieht der Kläger Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Die Ausgangsrente betrug (umgerechnet) 4.201,52 EUR brutto pro Monat.
Die Anpassung laufender Versorgungsleistungen war in § 5 Abs. 5 – 9 RL 89 wie folgt geregelt:
§ 5
Berechnung des ruhegeldfähigen Diensteinkommens
(5) Die RWE-Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung wird für Pensionsfälle ab 1992 höchstens um die Inflationsrate angepasst, soweit diese zum Zeitpunkt einer Rentenerhöhung unterhalb der Erhöhungen der Nettovergütungen der aktiven RWE – Mitarbeiter liegt. Übersteigt die Inflationsrate die Erhöhung der Nettovergütungen, verbleibt es bei der Anhebung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung um den Prozentsatz der Erhöhung dieser Nettovergütungen.
Sollte die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten gesetzlich von der bruttolohnbezogenen auf die nettolohnbezogene Rentendynamisierung umgestellt werden, tritt im Rahmen der beschriebenen Anpassung an die Stelle der Erhöhung der Nettovergütungen die Erhöhung der Sozialversicherungsrenten.
(6) Die Inflationsrate wird nach der Veränderung des durch das Statistische Bundesamt jährlich ermittelten Preisindexes für die Lebenshaltung von Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushalten mit mittleren Einkommen berechnet. Die Nettovergütung wird auf der Grundlage der Vergütungsgruppe 9, Stufe 16 des jeweiligen Vergütungstarifvertrages (auf der Basis des Manteltarifvertrages vom 21.07.1977/28.09.1982) unter Berücksichtigung der Steuerklasse III/o abzüglich sämtlicher Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) ermittelt.
(7) Die Anpassung der Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung erfolgt auf der Basis des bisherigen Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes, ohne dass die Erstberechnung des Ruhe- bzw. Hinterbliebenengeldes nachvollzogen wird.
(8) Stichtag für die Anpassung der Betriebsrenten ist jeweils der Zeitpunkt der Anpassung der gesetzlichen Sozialversicherungsrenten.
(9) § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 bleibt unberührt. Dabei sind zwischenzeitlich nach den vorstehenden Absätzen erfolgte Anhebungen zu berücksichtigen.
Auf der Basis dieser Regelung wurden die Versorgungsleistungen an den Kläger regelmäßig zum 01.07. eines jeden Jahres nach § 5 Abs. 5 – 9 RL 89 angepasst. Für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis einschließlich 30.06.2005 erfolgte keine Anpassung.
Unter dem 18.12.2006 schlossen die RWE-AG und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Änderung der „Richtlinien für die Ruhegeld- und Hinterbliebenenversorgung des Rheinischen-Westfälischen Elektrizitätswerks Aktiengesellschaft vom 09.02.1989” (im Weiteren GBV 2006). Diese lautet wie folgt:
§ 1
Geltungsbereich
Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens – im Folgenden Mitarbeiter – genannt –, die ausgeschiedenen Mitarbeiter sowie Pensionäre und Hinterbliebene, denen eine Versorgungszusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach Maßgabe der RL 02/89 erteilt wurde oder zukünftig erteilt wird.
§ 2
Neufassung des § 5 Absätze 5 bis 9 RL 02/89
§ 5 Absätze 5 bis 9 RL 02/89 wird in allen bis zum Inkrafttreten dieser Betriebsvereinbarung geltenden Fassungen durch folgende Regelung ersetzt:
Das Unternehmen verpflichtet sich, jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres die laufenden Versorgungsleistungen um 1% anzupassen.
Steigen die Verbraucherpreise in einem Jahr um 4,75% oder mehr oder in drei ...