Revision
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. nachholende Anpassung
Leitsatz (amtlich)
„Ungeachtet ihrer Auswirkungen auf den Fall der zu Recht unterbliebenen Anpassung i. S. d § 16 Abs. 4 BetrAVG n. F. gibt die mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (RRG 1999) zum 01.01.1999 in Kraft getretene Änderung des § 16 BetrAVG keinen Anlass, die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur sog. nachholenden Anpassung generell aufzugeben. Vielmehr kommt es auch für Anpassungsentscheidungen nach dem 31.12.1998 grundsätzlich auf die Entwicklung vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag an.”
Normenkette
BetrAVG § 16
Verfahrensgang
ArbG Essen (Urteil vom 10.07.2003; Aktenzeichen 3 Ca 2171/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Essen vom10.07.2003 – Az.: 3 Ca 2171/02 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anpassung von Betriebsrenten-Leistungen für die Zeit ab 01.07.1999.
Der Kläger war langjährig bei der Beklagten, die dem N.-Konzern angehört, als leitender Angestellter beschäftigt. Am 30.06.1992 trat er in den Ruhestand. Seither bezieht er eine betriebliche Altersversorgung, die sich – soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Relevanz – aus einem sog. „Ruhegeld” nach Maßgabe der „Bedingungen für die betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 26.07.1999 für Führungskräfte in der N. Gruppe (AFK-Bedingungen 1999)” sowie einer gesondert zugesagten sog. „Dienstzeitrente” zusammensetzt.
Innerhalb des N.-Gesamtkonzerns erfolgt die Anpassungsprüfung gemäß § 16 BetrAVG im dreijährigen Rhythmus gebündelt für alle Ruheständler zum 1. Juli des Prüfungsjahres, wobei die auf den Schluss des dem Prüfungsjahr jeweils vorangegangenen Kalenderjahres bezogenen Daten der Preis- und Lohnentwicklung herangezogen werden. Aufgrund dieser Handhabung fand die erste Anpassung für den Kläger bereits am 01.07.1993 statt. Weitere Anpassungen erfolgten jeweils zum 1. Juli der Jahre 1996, 1999 und 2002.
Der zum 01.07.1999 vorgenommenen Anpassung liegt die Entscheidung zugrunde, die Betriebsrenten konzernweit nur entsprechend der Nettolohnentwicklung im Kernkonzern um 2 % anzuheben.
Da der Kläger hiermit nicht einverstanden war, hat er am 05.09.2000 beim Arbeitsgericht Essen Klage erhoben und die Ansicht vertreten, die sogenannte reallohnbezogene Obergrenze gemäß § 16 Abs. 2 Ziffer 2 BetrAVG in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung sei anhand der Nettolohnentwicklung aller vergleichbaren Arbeitnehmergruppen des Unternehmens, nicht aber des Kernkonzerns zu ermitteln. Da die Nettolöhne der aktiven Belegschaftsmitglieder der Beklagten im Anpassungszeitraum um 5,35 % gestiegen seien, habe die Beklagte ihre Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ab 01.07.1999 entsprechend dieser Nettolohnsteigerung, zumindest jedoch um die Steigerung der Lebenshaltungskosten im Anpassungszeitraum vom 01.07.1996 bis 30.06.1999, d. h. um 4,34 % erhöhen müssen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.07.1999 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von DM 4.346,74 brutto und eine monatliche Dienstzeitrente in Höhe von DM 143,76 brutto zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, es sei zulässig, der Anpassungsentscheidung die Reallohnentwicklung der gesamten aktiven Belegschaft des N.-Kernkonzerns zugrunde zu legen. Da sich im maßgebenden Anpassungszeitraum die Nettolöhne dieser Arbeitnehmergruppe im gewichteten Durchschnitt aller Belegschaftsgruppen um 1,865 % erhöht hätten, sei eine konzernweite Betriebsrentenanpassung von 2 % vorgenommen worden.
Mit Urteil vom 10.07.2003 hat das Arbeitsgericht Essen die Klage abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Zum einen sei die Anpassung der Betriebsrenten um lediglich 2 % gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG rechtmäßig, da die Nettolöhne vergleichbarer Arbeitsgruppen der Beklagten, nämlich der AT-Angestellten und leitenden Angestellten (sogenannter AFK-Kreis) im zu betrachtenden Zeitraum um weniger als 2 %, nämlich nur um 1,080 % gestiegen seien. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf im Pilotverfahren Pennig ./. G. AG (AZ: 3 Sa 367/01).
Zum anderen entspreche die Anpassungsentscheidung der Beklagten auch den Anforderungen des § 16 Abs. 1 BetrAVG. Die Beklagte habe auf die Reallohnentwicklung der gesamten aktiven Belegschaft des N.-Konzerns abstellen können, da auch deren Lohn lediglich um 1,865 % gestiegen sei. Mit seiner Entscheidung vom 27.08.1996 habe das Bundesarbeitsgericht nicht nur eine unternehmens-, sondern auch eine konzernübergreifende Betrachtung zugelassen, sofern einheitliche Versorgungsregelungen vorlägen. Da diese Voraussetzung im gegebenen Fall erfüllt sei, sei es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte als konzernangehöriges Tochterunternehmen die im N.-Kernkonzern einheitlich getroffene Anpassungsentscheidu...