Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche des Arbeitnehmers aus einem Aktienoptionsprogramm sowie einem Long Term Incentiv Plan. Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Aufklärungspflicht beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages
Leitsatz (redaktionell)
1. Schließt ein Arbeitnehmer eine Vereinbarung über die Gewährung von Aktienoptionen nicht mit seinem Arbeitgeber, sondern mit der Konzernobergesellschaft ab, so können Ansprüche aus dieser Vereinbarung in der Regel nur gegenüber dem vertragsschließenden Konzernunternehmen geltend gemacht werden und werden nicht Bestandteil des Arbeitsverhältnisses mit einer Tochtergesellschaft.
2. Der Vertrag über die Gewährung von Aktienoptionen steht rechtlich selbständig neben dem Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers mit der Tochtergesellschaft.
3. Eine Vereinbarung in einem Aufhebungsvertrag, nach der "mit Erfüllung dieses Vertrages sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und dem Anlass seiner Beendigung abgegolten" sein sollen, erfasst auch grundsätzlich Ansprüche aus einem Aktienoptionsprogramm.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 307
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 22.12.2005; Aktenzeichen 1 Ca 3725/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 22.12.2005 - 1 Ca 3725/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers aus einem Aktienoptionsprogramm (im Folgenden: AOP-F) sowie einem Long Term Incentiv Plan (im Folgenden: LTIP) und in diesem Zusammenhang um Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Aufklärungspflicht beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages.
Der am 05.01.1953 geborene, verheiratete Kläger war in dem Zeitraum vom 01.08.1977 bis 30.06.2004 im Rahmen seiner Tätigkeit im Bereich des S.-Konzerns bei der S. Energie AG und dann bei deren Rechtsnachfolgerin S. Net AG beschäftigt. Danach bestand ein Arbeitsverhältnis mit der S. Rhein-Ruhr Netzservice GmbH. In seiner letzten Funktion als Leiter des Regionalzentrums S. war der Kläger leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG. Er war Mitglied des Sprecherausschusses. Konzernobergesellschaft ist die S. AG mit Sitz in F., die nach Streitverkündung durch den Kläger im zweiten Rechtszug auf Seiten der Beklagten beigetreten ist.
Der Kläger nimmt die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der S. Rhein-Ruhr Netzservice GmbH in Anspruch.
Die S. Energie AG teilte dem Kläger während des mit ihr bestehenden Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 20.12.1999 Folgendes mit:
"Aktienoptionsprogramm für Führungskräfte Tranche 2000
...
die ordentliche Hauptversammlung der S. AG hat am 19.11.1998 beschlossen, ein bedingtes Kapital zu schaffen und Vorstand und Aufsichtsrat von S. ermächtigt, Bezugsrechte auf neue Stammaktien der S. Aktiengesellschaft in jährlichen Tranchen über einen Ermächtigungszeitraum von fünf Jahren auszugeben.
Auf dieser Grundlage hat der Vorstand der S. Aktiengesellschaft entschieden, im Geschäftsjahr 1999/2000 - wie bereits im vergangenen Geschäftsjahr - ein Aktienoptionsprogramm für Führungskräfte durchzuführen (AOP-F, Tranche 2000). Sie gehören zu dem Kreis der Teilnahmeberechtigten. Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir auf der Grundlage des von der S. AG vorgegebenen AOP-F festgelegt haben, Ihnen unentgeltlich 4.500 Bezugsrechte auf Stammaktien der S. AG zu gewähren. Jedes Bezugsrecht berechtigt nach Maßgabe der in der Anlage beigefügten Ausübungsbedingungen in etwa drei Jahren zum verbilligten Bezug je einer Stammaktie der S. AG. Die Ausgabe der Bezugsrechte erfolgt als freiwillige Leistung ausschließlich für das Geschäftsjahr 1999/2000. Eine Bindungswirkung für die Zukunft entsteht durch dieses Angebot nicht; über künftige Angebote wird jeweils neu entschieden.
Die Grundidee des AOP für Führungskräfte besteht darin, Ihnen die Möglichkeit zu geben, bei einer Outperfomance gegenüber dem STOXX-Index an einem künftigen Kursanstieg der S.-Aktie zu partizipieren. Die Gewährung von Aktienoptionen schafft einen Anreiz, durch besondere Leistungen den Unternehmenswert zu steigern und damit auf die Entwicklungen des Börsenkurses Einfluss zu nehmen.
Entscheidende Erfolgsziele des AOP für Führungskräfte sind zwei Performance-Maßstäbe. Sie müssen erfüllt sein, um den Vorteil eines verbilligten Bezugs von S.-Aktien nutzen zu können: Die Performance der S.-Aktie muss unabhängig von der Entwicklung der Börse mindestens 6 % p.a. betragen (absolute Performance) und sich dauerhaft gegenüber der Performance des STOXX-Index behaupten (relative Performance).
Ausgangspunkt für die Messung der absoluten Performance der S.-Aktie ist der Basiskurs. Er wird im März 2000 ebenso wie der Basiswert des STOXX-Index zur Messung der relativen Performance ermittelt und Ihnen gesondert mitgeteilt.
Hinsichtlich weiterer Details und zusätzlicher Informationen verweisen wir auf die diesem Schreiben beigefügte Broschüre und die Ausübungsbedingung...