Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagemöglichkeit des Beschäftigten nach § 7 Abs. 2 ERA-ETV NRW. Partitätische Kommission. Schlichtungsstelle. Eingruppierung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der gemäß § 7 Abs. 2 ERA-ETV durch freiwillige Betriebsvereinbarung einzuführenden paritätischen Kommission handelt es sich nicht um eine Schiedsgutachterstelle nach § 101 ArbGG bzw. des § 317 BGB. Der Beschäftigte kann uneingeschränkt das Arbeitsgericht anrufen, wenn er meint, unzutreffend eingruppiert zu sein.
2. Zur Bewertung nach dem ERA.
Normenkette
ERA-ETV §§ 4, 7 Abs. 2; BGB § 317; ArbGG § 101; TVG § 1; ERA-ETV NRW § 7 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Urteil vom 26.07.2006; Aktenzeichen 6 Ca 881/06) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom26.07.2006 – 6 Ca 881/06 – wird kostenfällig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung und Entlohnung des Klägers.
Der am 05.09.1963 geborene Kläger ist ausgebildeter Lebensmittelfachverkäufer. Nach Umschulung zum Betriebsschlosser ist er seit dem 21.02.2000 bei der Beklagten als CNC-Drehmaschinenbediener zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt von zuletzt 2.463,48 EUR beschäftigt. Er ist inzwischen Industriemeister. Im Betrieb der Beklagten ist ein Betriebsrat gewählt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Verbandsmitgliedschaft die Tarifverträge für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen Anwendung.
Am 01.03.2004 trat das Entgeltrahmenabkommen für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen vom 18.12.2003 (nachfolgend: ERA) in Kraft. Danach wird die Arbeitsaufgabe des Arbeitnehmers nach den Anforderungsmerkmalen „Können”, „Handlungs- und Entscheidungsspielraum”, „Kooperation” und „Mitarbeiterführung” bewertet, wobei für jedes Anforderungsmerkmal Bewertungsstufen gebildet werden; diesen Bewertungsstufen werden Punktwerte zugeordnet und damit eine Gewichtung zueinander festgelegt. Es sind 14 Entgeltgruppen gebildet, denen Gesamtpunktspannen zugeordnet sind. Aus der Zuordnung der erreichten Gesamtpunktzahl folgt die Entgeltgruppe, in der der Arbeitnehmer eingruppiert ist.
Zum Übergang vom alten Lohn- bzw.- Gehaltsrahmenabkommen auf das ERA haben die Tarifvertragsparteien ausführliche Regelungen in dem Tarifvertrag zur Einführung des Entgeltrahmenabkommens (nachfolgend: ERA-ETV) getroffen, der ebenfalls zum 01.03.2004 in Kraft trat. Die Betriebsparteien haben zur Einführung des ERA eine freiwillige ERA-Einführungsbetriebsvereinbarung abgeschlossen und hierin das besondere Eingruppierungs- und Reklamationsverfahren nach § 7 ERA-ETV vereinbart. In Ziffer 1 dieser Vereinbarung wurde als Termin für die betriebliche Einführung des ERA der 01.03.2005 festgesetzt. Außerdem vereinbarten die Betriebsparteien gemäß § 7 Abs. 2 ERA-ETV die Einrichtung einer paritätischen Kommission, die Einsprüche gegen die Eingruppierung in das ERA bearbeiten sollte.
§ 7 ERA-ETV (Besonderes Eingruppierungs- und Reklamationsverfahren) lautet, soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung:
1 Im Rahmen der Einführung des Entgeltrahmenabkommens können die Betriebsparteien aufgrund einer freiwilligen unbefristeten Betriebsvereinbarung das folgende besondere Eingruppierungs- und Reklamationsverfahrens vereinbaren, das die Reklamationsrechte nach § 4 Nr. 1 und 2 ERA sowie die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates bei Eingruppierungen und Umgruppierungen nach §§ 99 ff. BetrVG ablöst.
2 Es wird eine paritätische Kommission eingerichtet, der je zwei vom Arbeitgeber und vom Betriebsrat bestellte Betriebsangehörige angehören.
3 Die paritätische Kommission wird auf schriftlichen Antrag des Betriebsrats (Einspruch) tätig, wenn sich die Betriebsparteien nicht auf die vom Arbeitgeber unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen beantragte Eingruppierung verständigen können.
4 Kommt es in der paritätischen Kommission innerhalb von acht Wochen nach Antragstellung nicht zu einer einvernehmlichen Entscheidung über die Eingruppierung, so entscheidet auf Antrag einer Betriebspartei die tarifliche Einigungsstelle gem. § 24 EMTV die Eingruppierung des Beschäftigten verbindlich. Beiden Betriebsparteien steht gegen die Entscheidung der Einigungsstele innerhalb einer Frist von zwei Wochen der Rechtsweg im Hinblick auf Verfahrensfehler und grobe Verkennung der tariflichen Bewertungsgrundsätze offen.
5 Das Reklamationsrecht des Beschäftigten und Betriebsrats nach § 4 Nr. 2 ERA bei Änderungen der Arbeitsaufgaben gilt mit der Maßgabe, dass auf Antrag einer Betriebspartei die tarifliche Einigungsstelle gem. § 24 EMTV die Frage der Eingruppierung verbindlich entscheidet, wenn die paritätische Kommission nicht innerhalb von acht Wochen zu einer Entscheidung kommt. Nr. 4 Satz 2 gilt entsprechend.
6 Bis zum Abschluss des Verfahrens gilt die beantragte Eingruppierung des Arbeitgebers als vorläufig. Erfolgt innerhalb von vier Wochen bei der betrieblichen ERA-Einführung, in allen anderen Fällen inner...