Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Aktenzeichen 6 Ca 6482/98) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.12.1998 – 6 Ca 6482/98 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 219,– nebst 4 % Zinsen seit dem 01.08.1998 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beklagte ist ein weltweit tätiges Catering-Unternehmen. Sie beliefert Fluggesellschaften und betreibt einen Party-Service. Die Klägerin ist als „operative Mitarbeiterin” bei einer monatlichen Bruttovergütung von etwa DM 2.850,– im Betrieb der Beklagten am D. Flughafen tätig. Im Arbeitsvertrag der Parteien ist die Anwendung der „gültigen Tarifverträge(n) … Betriebsvereinbarungen und Regeln” der Beklagten vorgesehen, ferner bargeldlose Lohnzahlung. Im D. Betrieb sind im Schnitt 460 Arbeitnehmer beschäftigt. Ein Betriebsrat ist eingerichtet.
Für die Mitarbeiter der Beklagten hat diese im ersten Stockwerk ihres Produktionsgebäudes eine Kantine eingerichtet, die gleichzeitig Pausenraum ist. Bis zum 30.06.1998 war die Teilnahme der Mitarbeiter an den dort angebotenen Mahlzeiten wie folgt geregelt: Die Essensausgabe erfolgte von 06.00 Uhr bis 15.00 Uhr. Der Preis für eine Vollverpflegung (entweder Frühstück/Mittagessen oder Mittagessen/Vesper) betrug DM 7,20. Ein Frühstück allein kostete DM 2,60, das Mittagessen DM 4,60. Die Arbeitnehmer konnten sich zur ständigen Teilnahme an der Kantinenverpflegung anmelden. In diesem Fall wurde ihnen bei Anwesenheit im Betrieb der entsprechende Betrag von der Arbeitsvergütung abgehalten. Sie hatten auch die Möglichkeit, Essensmarken zu erwerben und damit, wenn sie wollten, von Fall zu Fall das Kantinenessen in Anspruch nehmen.
Am 09.06.1998 schloß die Beklagte mit ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung, in der es u. a. heißt:
„1.) Geltungsbereich
Diese Betriebsvereinbarung gilt grundsätzlich für alle Mitarbeiter-/innen des Betriebes D.. Ausnahmen werden einvernehmlich zwischen Betriebsrat und Betriebsleitung geregelt. Folgende Ausnahmen kommen in Betracht:
- Teilzeitmitarbeiter/innen sind von der Volllverpflegung befreit; sie nehmen an dem Teil der Verpflegung teil, der in ihre Dienstzeit fällt.
- gesundheitliche Gründe, die zu einer gravierenden Einschränkung der Nahrungsmittel führen, die der/die Mitarbeiter/in einnehmen darf (Nachweis durch das Attest eines Facharztes).
- ethnische Besonderheiten auf schriftlichen Antrag.
2.) Grundsatz
Jeder Mitarbeiter-/in soll an Arbeitstagen in den Pausenzeiten ausreichend und angemessen verpflegt werden. Hierbei handelt es sich um eine Anwesenheitsverpflegung, die ausschließlich im Betrieb eingenommen werden darf.
3.) Verrechnung/Preis
Jeder Mitarbeiter-/in nimmt an der Vollverpflegung (Frühstück/Mittag oder Vesper/Abendessen) teil.
Der Preis für die MA-Vollverpflegung beträgt bei Einführung pro Tag:
Vollzeit-MA |
DM 5,80 |
Teilzeit-MA |
DM 2,95 |
Mitarbeiter auf Abruf |
DM 5,80 |
Mitarbeiter ohne Verpflegung:
Getränkepauschale |
DM 2,95 |
Die Verrechnung erfolgt über den Anwesenheitsnachweis durch HAM PV. Die Differenz zum jeweils gültigen Sachbezugswert ist individuell durch den Mitarbeiter-/in zu versteuern.”
Der Klägerin wurden für August 1998 entsprechend den Regelungen der Betriebsvereinbarung DM 52,20 und für September 1998 DM 121,80 von der jeweiligen Bruttovergütung abgezogen, ohne daß sie die Kantinenverpflegung in den vorgenannten Monaten in Anspruch genommen hätte. Ferner sind in der Abrechnung für August und September unter dem Stichwort „Anwesenheitskost” Beträge von DM 13,50 (August) und DM 31,50 (September) aufgeführt.
Mit ihrer beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingereichten und der Beklagten am 15.10.1998 zugestellten Klage verlangt die Klägerin als Restvergütung für die Monate August und September 1998 insgesamt DM 219,–.
Die Klägerin hat geltend gemacht:
Die in Rede stehenden Lohnabzüge seien zu Unrecht erfolgt. Zum einen habe sie weder im August noch im September 1998 die Kantinenverpflegung in Anspruch genommen. Zum anderen sei die Betriebsvereinbarung vom 09.06.1998 unwirksam. Sie verstoße gegen § 77 Abs. 3 BetrVG, weil § 26 MTV für die Mitarbeiter der Beklagten die feststehenden monatlichen Vergütungsbestandteile für den laufenden Monat in der Weise bargeldlos zu zahlen seien, daß sie am 27. eines jeden Monats dem Bank- oder sonstigen Konto des Mitarbeiters gutgeschrieben würden. Darüber hinaus bestehe kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der Kosten, die durch eine Regelung nach § 87 Abs. 1 BetrVG vereinbart würde. Desweiteren verletze die Betriebsvereinbarung das arbeitsvertragliche Günstigkeitsprinzip, da die bis zum 30.06.1998 in Geltung gewesene Regelung für die Arbeitnehmer günstiger gewesen sei. Schließlich handele es sich um eine unzulässige Lohnverwendungsbestimmung. Es müsse gewährleistet sein, daß der Arbeitnehmer frei darüber bestimmen könne, wie er seinen Lohn verwende und wie er ...