Leitsatz (amtlich)
Der Geschäftsführer einer Kreishandwerkerschaft, der diese kraft Satzung in den laufenden Geschäften – nicht unbedingt alleine – vertritt, kann sich nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG nicht auf die Unwirksamkeit einer Kündigung gem. § 1 Abs. 1 KSchG berufen. Das gilt unabhängig davon, ob der zwischen den Parteien geschlossene Dienstvertrag ein Arbeitsverhältnis begründet hat und ob die Kündigung erst nach Abberufung von der Geschäftsführerposition erfolgt ist (in Anlehnung an BAG v. 11.04.1997 – 5 AZB 32/96 – EzA § 5 ArbGG 1979 Nr. 23).
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1, § 14 Abs. 1 Nr. 1; ArbGG § 5 Abs. 1 S. 3; HandwO §§ 53, 89 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Urteil vom 04.07.1997; Aktenzeichen 4 Ca 3247/96) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 04.07.1997 – 4 Ca 3247/96 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochenen ordentlichen Kündigung.
Der am 26.05.1947 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 01.01.1991 zunächst als Geschäftsführer und seit dem 01.01.1994 als Hauptgeschäftsführer zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt DM 3.000,– beschäftigt. Der zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses zwischen den Parteien abgeschlossene Dienstvertrag vom 01.10.1991 wurde durch den Dienstvertrag vom 18.05.1994 abgelöst. § 1 Abs. 2 dieses Dienstvertrages, auf dessen Inhalt im übrigen Bezug genommen wird, lautet:
„Grundlage des Dienst- und Beschäftigungsverhältnisses als Hauptgeschäftsführer sind der Bundesangestellten-Tarifvertrag (BAT) vom 23.02.1961, die diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträge und die Satzung der Kreishandwerkerschaft des K. W. in ihrer jeweils gültigen Fassung.”
Die Beklagte, die regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt, ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihre Aufgaben, ihre Verwaltung und die Rechtsverhältnisse ihrer Mitglieder bestimmen sich nach ihrer gem. §§ 53 Satz 2, 55 Abs. 1, 56 Abs. 1 i.V. mit § 89 Abs. 1 Nr. 1 HandwO mit Genehmigung der Handwerkskammer D. vom 09.01.1995 ergangenen Satzung vom 08.12.1994. Nach § 10 ihrer Satzung sind Organe der Beklagten die Mitgliederversammlung, der Vorstand sowie die Ausschüsse. Der Vorstand besteht gem. § 18 Abs. 1 Satz 1 der Satzung aus dem Kreishandwerksmeister, drei Stellvertretern und zehn weiteren Mitgliedern. Zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung befugt sind nach § 21 Abs. 1 der Satzung gemeinsam der Kreishandwerksmeister und der Geschäftsführer. Gem. § 22 Abs. 1 der Satzung führt der Vorstand die Geschäfte der Kreishandwerkerschaft, soweit sie nicht gesetzlich oder durch Bestimmungen der Satzungen der Mitgliederversammlung vorbehalten oder anderen Organen übertragen sind. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 der Satzung obliegt die Erledigung der laufenden Geschäfte der Verwaltung sowie die Einstellung und Entlassung von Angestellten und Lehrlingen dem Geschäftsführer. Insoweit vertritt er gem. § 22 Abs. 2 Satz 2 auch die Kreishandwerkerschaft.
Mit Schreiben vom 12.08.1996 kündigte die Beklagte das Beschäftigungsverhältnis mit dem Kläger ordentlich zum 30.09.1996. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner beim Arbeitsgericht Wesel am 02.09.1996 eingereichten und der Beklagten am 16.09.1996 zugestellten Klage.
Der Kläger hat geltend gemacht:
Zum einen sei die Kündigung aus formellen Gründen unwirksam. Aufgrund analoger Anwendung des § 11 Abs. 2 Nr. 8 der Satzung hätte er vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung durch die Mitgliederversammlung abgewählt werden müssen. Darüber hinaus sei die Kündigung aber auch gem. § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 KSchG in Ermangelung irgendwelcher Kündigungsgründe unwirksam.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 12.08.1996, zugestellt per Boten am 13.08.1996 und per Briefpost am 14.08.1996, nicht mit ordentlicher Frist zum 30.09.1996 beendet wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage, abzuweisen.
Sie hat ferner hilfsweise beantragt,
das Arbeitsverhältnis der Parteien nach den §§ 14 Abs. 2, 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG aufzulösen.
Der Kläger hat insoweit beantragt,
den Hilfsantrag zurückzuweisen.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten:
Für die Beendigung des Anstellungsvertrages mit einem Geschäftsführer sei nicht die Mitgliederversammlung zuständig. Die Beendigung erfolge durch den Vorstand. Zum anderen finde das Kündigungsschutzgesetz auf den Kläger entweder überhaupt keine Anwendung (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG) oder sei nur eingeschränkt anwendbar (§ 14 Abs. 2 KSchG). Im übrigen seien Kündigungsgründe i.S. des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG jedenfalls nach dem für leitende Angestellte anzuwendenden Maßstab gegeben. So sei u.a. die Haushaltsführung, für die der Kläger als Geschäftsführer verantwortlich gewesen sei, desolat gewesen.
Das Arbeitsgericht, das durch rechtskräftigen Beschluß vom 05.02.1997, auf dessen Gründe ausdrück...