Entscheidungsstichwort (Thema)

Anpassung von Betriebsrenten. Konditionenkartell. Bochumer Verband. Bergbauunternehmen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Anpassungsentscheidung nach § 16 BetrAVG kann im Konditionenkartell des Bochumer Verbandes hinsichtlich der reallohnbezogenen Obergrenze nur getrennt nach Branchen getroffen werden, nicht aber branchenübergreifend. Deshalb ist die branchenübergreifend für die „übrigen Mitgliedsunternehmen” (im Gegensatz zu den „Unternehmen des Bergbaus”) getroffene Anpassungsentscheidung von 4 %, die unter der Preissteigerungsrate von 5,6 % für die Zeit vom 01.01.1997 bis zum 31.10.2000 liegt, an sich unbillig und damit unwirksam. Allerdings ist sie bei einem „übrigen MItgliedsunternehmen”, das zu einer Branche mit einer Nettoeinkommenssteigerung für die aktiven Arbeitnehmer im vorgenannten Drei-Jahres-Zeitraum von unter 4 % gehört, aus Vertrauensgesichtspunkten zu halten.

2. Der Vorstand des Bochumer Verbandes hat anlässlich seiner Anpassungsentscheidung über die Erhöhung der Betriebsrenten in seinen Mitgliedsunternehmen zum 01.01.2000, bei der er wie schon zum 01.01.1997 zwischen „Bergbauunternehmen” und „übrigen Mitgliedsunternehmen” unterschieden hat, den Ausdruck „Bergbauunternehmen” mangels einer Veränderung der abstrakten Abgrenzungskriterien seit dem 01.01.1997 wieder als Kurzfassung für die Bergwerksunternehmen des Steinkohlenbergbaus verwendet. Deshalb zählten bei der Anpassungsentscheidung zum 01.01.2000 – wie schon bei derjenigen zum 01.01.1997 (hierzu BAG 19.02.2002 – 3 AZR 299/01 – EzA § 1 BetrAVG Nr. 79) – Bergbauspezialunternehmen zu den „übrigen Mitgliedsunternehmen”.

 

Normenkette

BetrAVG § 1 Auslegung, § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Urteil vom 06.09.2002; Aktenzeichen 2 Ca 2953/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers und der Beklagten gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Oberhausen vom06.09.2002 – 2 Ca 2953/01 – werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe die Betriebsrente des Klägers zum 01.01.1997 und 01.01.2000 anzupassen war. Die Beklagte erhöhte sein Ruhegeld zum 01.01.1997 um 2 % und zum 01.01.2000 um 1,2 %. Der Kläger verlangt zu den genannten Zeitpunkten eine Erhöhung um insgesamt 5,6 % bzw. um 3,44 %.

Der Kläger war bei der Beklagten, die im Auftrag von Bergwerksgesellschaften in deren Gruben Untertagearbeiten wie den Vortrieb von Strecken und den Bau von Schächten verrichtet, als außertariflicher Angestellter beschäftigt. Die Beklagte gehört der Vereinigung der Bergbauspezialgesellschaften und dem Bochumer Verband als Mitglied an. Dem Kläger sagte sie eine betriebliche Altersversorgung nach der jeweils geltenden Leistungsordnung des Bochumer Verbandes zu. Seit seinem Eintritt in den Ruhestand zahlt sie ihm unter Einschaltung des Bochumer Verbandes eine Betriebsrente.

Nach § 3 der Leistungsordnung vom 22.12.1974 (LO 1974) richteten sich die Ruhegelder nach den jeweils geltenden Gruppenbeträgen. Mit Wirkung vom 01.01.1985 wurde die Leistungsordnung geändert. §§ 3 und 20 LO 1985 sehen eine getrennte Anpassung der Versorgungsanwartschaften und der laufenden Ruhegelder vor. § 20 LO 1985 lautet:

„Anpassung der laufenden Leistungen

Die laufenden Leistungen werden vom Verband unter Berücksichtigung der Belange der Leistungsempfänger und der wirtschaftlichen Lage der Mitglieder überprüft und gegebenenfalls nach billigem Ermessen angepasst.”

Der Vorstand des Bochumer Verbandes erhielt in der Vergangenheit vom „Arbeitskreis Bochumer Verband beim Gesamtverband des deutschen Steinkohlenbergbaus” (Kurzbezeichnung: Arbeitskreis Bochumer Verband) Vorschläge für die Anpassungsentscheidungen. Diesem Arbeitskreis gehörten überwiegend Fachleute aus Mitgliedsunternehmen an. Auch Mitarbeiter des Bochumer Verbandes nahmen regelmäßig an den Sitzungen des Arbeitskreises teil.

Der Vorstand des Bochumer Verbandes beschloss eine Erhöhung der laufenden Betriebsrenten zum 01.01.1988 um einheitlich 4 % und zum 01.01.1991 um einheitlich 7,8 %. Zum 01.01.1994 passte er sie bei den Mitgliedsunternehmen des Bergbaus um 8 % und bei den übrigen Mitgliedsunternehmen um 11,7 % an. Mit Schreiben vom 07.02.1994 teilte der Bochumer Verband den damals schon im Ruhestand befindlichen außertariflichen Angestellten der Beklagten mit, dass ihr Ruhegeld gemäß Beschluss des Verbandsvorstandes mit Wirkung vom 01.01.1994 um 11,7 % erhöht werde.

Im Jahre 1996 entschied der Vorstand des Bochumer Verbandes über die Anpassung der Gruppenbeträge und der laufenden Leistungen zum 01.01.1997. Zum 01.01.1997 passte der Vorstand des Bochumer Verbandes die Betriebsrenten bei den Mitgliedsunternehmen des Bergbaus sowie bei den mit ihnen verbundenen Unternehmen und Organisationen um 2 % und bei den übrigen Mitgliedsunternehmen um 4 % an. Dem Kläger teilte der Bochumer Verband mit Schreiben vom 20.12.1996 mit, dass seine Betriebsrente mit Wirkung vom 01.01.1997 um 2 % erhöht werde...

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