Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstordnungsangestellter Kürzung der Sonderzuwendung in den Jahren 2003 bis 2007

 

Leitsatz (amtlich)

1) Die Kürzung der Sonderzuwendung durch das Sonderzahlungsgesetz NRW vom 20.11.2003 ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

2) Ein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) liegt nicht vor, da es nur eine tatbestandliche Rückanknüpfung zum Inhalt hat (OVG NRW – Beschluss vom 09.07.2009 – 1 A 1695/08 –).

3) Eine eventuell verfassungswidrige zu niedrige Gesamtalimentation führt nicht zur isolierten Unanwendbarkeit eines einzelnen, die Alimentation neben anderen Bestimmungen mitprägenden Gesetzes (OVG NRW 09.07.2009 a.a.O.).

 

Normenkette

SZuwG NRW § 5; GG Art. 33

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 27.04.2010; Aktenzeichen 17 Sa 345/10)

ArbG Düsseldorf (Aktenzeichen 2 Ca 8390/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.06.2012; Aktenzeichen 3 AZR 558/10)

 

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 27.04.2010 – 17 Sa 345/10 – bleibt aufrechterhalten.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Kürzung der Sonderzuwendung für die Jahre 2003 bis 2007.

Der Kläger war bei der Beklagten aufgrund Anstellungsvertrages vom 15.04.1957 als sog. Dienstordnungsangestellter beschäftigt und befindet sich seit dem 06.11.1990 im Ruhestand. Zuletzt war er als Verwaltungsoberamtsrat (Planstelle A 12) tätig.

In § 3 des Anstellungsvertrages heißt es:

„Die Dienstordnung der Allg. Ortskrankenkasse für den Kreis T. vom 26.03.1957 ist Bestandteil des Anstellungsvertrages.”

Die derzeit gültige Dienstordnung der Beklagten vom 01.01.1999 regelt in § 15, dass der Angestellte auf Lebenszeit in einem Dienstverhältnis steht, das dem eines Landesbeamten auf Lebenszeit entspricht. § 27 der Dienstordnung bestimmt, dass für die Versorgung die Vorschriften für Landesbeamte entsprechend gelten.

Auf dieser Grundlage erhielt der Kläger im Dezember eines jeden Jahres eine jährliche Sonderzuwendung. Die Versorgungsbezüge betrugen im Jahre 2003 2.730,76 EUR pro Monat und in den Jahren 2004 bis 2007 je 2.754,71 EUR pro Monat.

Die Gewährung der Sonderzuwendung war in den Jahren von 1975 bis 2003 bundeseinheitlich durch Bundesrecht geregelt (§ 67 BBesG i.d.F. der Bekanntmachung vom 06. 08.2002 (BGBl I S. 3020) i.V.m. § 13 des Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung (SZuwG) i.d.F. des Gesetzes vom 16.02.2002 (BGBl I S. 686)). Bei Fortgeltung dieser Regelung hätte die Sonderzuwendung im Jahr 2003 84,29 % der Dezemberbezüge betragen.

Mit dem Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften (BBVAnpG 2003/2004) vom 10.09.2003 (BGBl I S. 1798) wurde mit Wirkung zum 16.09.2003 das Sonderzuwendungsgesetz aufgehoben und den Ländern die Möglichkeit eröffnet, eigene Regelungen bezüglich einer jährlichen Sonderzahlung zu erlassen. Gemäß Art. 18 Abs. 2 BBVAnpG 2003/2004 ist das Sonderzuwendungsgesetz bis zum Erlass bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen zur Gewährung von jährlichen Sonderzahlungen weiter anzuwenden.

Am 20.11.2003 wurde als Artikel I des Gesetzes über die Gewährung einer Sonderzahlung und über die Bezüge der Staatssekretäre und entsprechender Versorgungsempfänger in den Jahren 2003 und 2004 für das Land Nordrhein-Westfalen (GVBI S. 696) das Sonderzahlungsgesetz NRW verabschiedet, das am 30.11.2003 in Kraft trat. Nach § 5 besteht die jährliche Sonderzahlung, die nach § 10 SZG-NRW mit den laufenden Bezügen für den Monat Dezember zu gewähren ist, aus einem Grundbetrag und einem Sonderbetrag für Kinder. § 9 SZG-NRW regelt, dass für die Gewährung und Bemessung der Sonderzahlung die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse am 1. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres maßgebend sind, soweit in diesem Gesetz keine anderen Regelungen getroffen sind.

Die Beklagte hat auf der Grundlage dieses Gesetzes an den Kläger im Dezember des Jahres 2003 eine Sonderzahlung in Höhe von 1.283,41 EUR (47%), im Dezember 2004 und 2005 eine Sonderzahlung in Höhe von jeweils 1.283,41 EUR (37%), im Dezember 2006 eine Sonderzahlung in Höhe von 666,04 EUR (22%) und im Dezember 2007 eine Sonderzahlung in Höhe von 606,04 EUR gezahlt.

Mit Schreiben vom 08.12.2006 verzichtete die Beklagte im Hinblick auf die Sonderzuwendung für das Jahr 2003 auf die Einrede der Verjährung.

Mit der am 29.12.2006 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrte der Kläger zunächst die Differenz zwischen der ausgezahlten Sondervergütung und der Sondervergütung in Höhe eines vollen Ruhegehaltes für die Jahre 2003 bis 2006.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass das Sonderzahlungsgesetz NRW vom 30.11.2003 unwirksam sei, da es eine unzulässige unechte Rückwirkung enthalte und den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletze. Er habe mit dieser Entwertung seiner Rechtsposition nicht rechnen müssen. Die ...

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