Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzung. Flugbegleiter. Einsatzort. Interessanabwägung bei Schließung von Stationen eines Flugbetriebs
Leitsatz (amtlich)
Die Umsetzung einer freien Unternehmerentscheidung (hier Schließung von Stationen eines Flugbetriebs) stellt ein gewichtiges Interesse des Arbeitgebers im Rahmen der Interessenabwägung nach § 106 Abs. 1 GewO i. V. m. § 315 Abs. 3 BGB dar; ein gegenläufiges Interesse des Arbeitnehmers muss weit überwiegen, um zu einer Abweichung von der unternehmerischen Entscheidung zu gelangen.
Normenkette
GeO § 106 Abs. 1; BGB § 315
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 24.04.2012; Aktenzeichen 2 Ca 7668/11) |
Nachgehend
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Versetzung. Die Klägerin ist seit dem 12.10.1999 bei der Beklagten als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Bis zum 05.08.2014 befindet sich die Klägerin in Elternzeit. Ihr durchschnittliches Bruttomonatseinkommen beträgt 2.500,00 €.
Die Klägerin wurde zunächst auf Basis eines befristeten Vertrages eingestellt (Bl. 17ff. d.A.). In § 1 ist unter anderem geregelt:
"Es besteht Einvernehmen darüber, dass eine Mindestverweildauer an dem o.a. dienstlichen Wohnsitz (sc. Nürnberg) von mindestens einem Jahr vereinbart wird. Die Regularien des MTV § 4 Ziff 6 bleiben jedoch unberührt, das heißt konkret, dass bei betrieblichen Erfordernissen eine Versetzung an einen anderen dienstlichen Wohnsitz erfolgen kann."
§ 4 Abs. 6 MTV Nr. 1 lautet:
"Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen des Flugbetriebs der F. liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden (...)"
In § 2 des Arbeitsvertrages ist unter anderem folgendes geregelt:
"Die Rechte und Pflichten eines Mitarbeiters ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, dem MTV Nr. 1 für das Bordpersonal und der Vergütungsvereinbarung, die in der sogenannten Betriebsvereinbarung Nr. 1 enthalten sind, sowie den Dienstvorschriften der F. Luftverkehrs AG. (...)
In § 6 "Sonstiges" ist unter anderem folgendes geregelt:
"(...) Mündliche Nebenabrede sind nicht getroffen worden. Änderungen und Ergänzungen bedürfen der Schriftform. (...)"
Im Übrigen gelten die mit der F. Luftverkehrs AG abgeschlossenen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in ihrer jeweils gültigen Fassung. Sobald es mit einer für den Flugbetrieb der F. Luftverkehrs AG zuständigen Gewerkschaft zum Abschluss von Haustarifverträgen (insbesondere Vergütungstarifvertrag) kommt, besteht zwischen den Parteien bereits jetzt Einvernehmen darüber, dass deren Regelungen an die Stelle der allgemeinen Vergütungsvereinbarungen im Sinne von Ziffer 2 treten werden."
Die Klägerin war zunächst in Nürnberg stationiert, ab dem 01.01.2003 ist sie der Station München zugeordnet. Für die Versetzung wurde keine schriftliche Vereinbarung getroffen. Die Beklagte teilte der Klägerin lediglich am 14.11.2002 mit, dass sie auf ihr Versetzungsgesuch hin in München eingesetzt werde (Bl. 99 d.A.). Sie befand sich bis zum 10.11.2011 in Elternzeit aufgrund ihres ersten Kindes.
Bei der Beklagten ist gemäß Tarifvertrag Personalvertretung Nr. 1 (Bl. 130ff.) für die Kabine eine Personalvertretung eingerichtet. Gemäß § 1 Abs. 3 dieses Tarifvertrages findet das Betriebsverfassungsgesetz Anwendung, soweit der Tarifvertrag nichts anderes bestimmt.
Am 26.05.2010 schloss die Beklagte mit der Personalvertretung Kabine einen Interessenausgleich ab (Bl. 20ff. d.A.). Nach diesem Interessenausgleich sollte der Einsatz der Mitarbeiter künftig ausschließlich ab Düsseldorf erfolgen und die Station München zum 31.12.2010 geschlossen werden. Dieser Interessenausgleich wurde durch einen späteren Interessenausgleich am 24.01.2011 abgelöst.
Am 24.01.2011 schlossen die Beklagte und die Gewerkschaft UFO einen Beschäftigungssicherungs- und Sozialplantarifvertrag ab (Bl. 146f. d.A.). Nach diesem Tarifvertrag sind Stationierungsregelungen den Betriebsparteien vorbehalten, als Eckpunkt für einen etwaigen Interessenausgleich wird die Konzentration auf die Standorte Düsseldorf und Hamburg vorgegeben. Die Beklagte sichert zu, die Standorte Düsseldorf und Hamburg bis zum 31.03.2015 aufrecht zu erhalten.
Am 24.01.2011 schlossen ebenfalls die Beklagte und die Personalvertretung Kabine einen weiteren Interessenausgleich (Bl. 28 ff. d.A.), nach dem der Einsatz der Mitarbeiter ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen wird. Die den anderen Stationen zugeordneten Arbeitsplätze sollen gestrichen werden. Die Mitarbeiter sollen nach Düsseldorf oder Hamburg versetzt werden, wobei die Versetzung von München zum 01.06.2011 erfolgen soll, für Mitarbeiter im Mutterschutz oder Elternzeit mit...