Entscheidungsstichwort (Thema)

Urlaubsentgelt bei zuviel erhaltenem Urlaub

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nimmt ein Arbeitnehmer Urlaub und stellt sich anschließend wegen seines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Betrieb heraus, daß er zuviel Urlaubstage erhalten hat, besteht kein Anspruch auf Nachzahlung des Urlaubsentgelts für die zuviel erhaltenen, vom Arbeitgeber aber noch nicht bezahlten Urlaubstage.

2. §§ 5 Abs. 3 BurlG, 11 Nr. 4 MTV-Metall NRW schließen die Rückforderung von bereits gezahltem Urlaubsentgelt für zuviel erhaltene Urlaubstage aus, begründen aber keine Ansprüche des Arbeitnehmers auf Nachzahlung von Urlaubsentgelt für Urlaubstage, die ihm nicht zustehen (im Anschluß an BAG vom 13.11.1959, AP Nr. 54 zu § 611 BGB Urlaubsrecht).

 

Normenkette

BUrlG § 5 Abs. 3; MTV-Metall NRW § 11 Nr. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Urteil vom 03.11.1994; Aktenzeichen 4 Ca 3872/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.04.1996; Aktenzeichen 9 AZR 317/95)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom03.11.1994 – 4 Ca 3872/94 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Streitwert: unverändert (DM 906,72)

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Urlaubsentgelt.

Der am 23.05.1971 geborene Kläger war seit August 1988 bei der Beklagten, einem Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie, als Werkzeugmacher zu einem Monatslohn in Höhe von zuletzt 3.300,– DM brutto beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Regelungen des Manteltarifvertrags für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 29.02.1988 (MTV-Metall) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung. Nach § 13 Nr. 1 MTV-Metall beläuft sich der Jahresurlaub der dort beschäftigten Arbeitnehmer auf 30 Arbeitstage.

Für das Urlaubsjahr 1994 hatte der Kläger in der Zeit bis einschließlich 30.06.1994 insgesamt 19 Urlaubstage genommen. Auf entsprechenden Antrag genehmigte die Beklagte ihm am 11.07.1994 für die Zeit vom 12.07.1994 bis einschließlich 18.07.1994 weitere fünf Urlaubstage, die der Kläger sodann nahm. Am 29.07.1994 kündigte er sein Arbeitsverhältnis zum 31.08.1994 und schied zu diesem Zeitpunkt bei der Beklagten aus.

Mit Verdienstabrechnung für den Monat Juli 1994 (Bl. 6 d. A.) errechnete die Beklagte den Gesamturlaubsanspruch des Klägers für die Zeit bis einschließlich 31.08.1994 auf (8/12 von 30 =) 20 Urlaubstage und vergütete zu den bislang bezahlten 19 Urlaubstagen einen weiteren Urlaubstag, mithin insgesamt 20 Urlaubstage. Die vom Kläger genommenen vier weiteren Urlaubstage vergütete sie nicht. Das darauf entfallende Urlaubsentgelt einschließlich tariflichem Urlaubsgeld beläuft sich auf rechnerisch unstreitig 906,72 DM brutto (Bl. 5 R d. A.).

Mit der am 29.08.1994 beim Arbeitsgericht Wuppertal eingegangenen Klage beansprucht der Kläger die Bezahlung dieses Betrags. Hierzu hat er vorgetragen: Die Nichtzahlung dieses Betrags sei tarifwidrig. § 11 Nr. 4 MTV-Metall regele ausdrücklich, daß eine Rückvergütung für bereits genommenen Urlaub nicht verlangt werden könne. Diese auch zum Bundesurlaubsgesetz unterschiedliche Formulierung stelle nicht auf das Entgelt, sondern auf die Urlaubsnahme ab, worauf auch das LAG Hamm in einem Urteil vom 24.06.1986 – 11 Sa 126/86 – (Bl. 59–66 d. A.) abgestellt habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 906,72 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung (12.09.1994) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen: Um eine Rückvergütung im Sinne des § 11 Nr. 4 MTV-Metall gehe es hier nicht, da dem Kläger das Urlaubsentgelt für die vier betreffenden Tage unstreitig noch nicht gezahlt gewesen sei. Habe der Arbeitgeber zuviel Urlaub gewährt, aber noch nicht das Urlaubsentgelt bezahlt, könne er sich darauf berufen, daß insoweit kein Urlaubsanspruch bestehe. Er brauche für den zuviel gewährten Urlaub das Urlaubsentgelt nicht nachzuzahlen, was auch das Bundesarbeitsgericht bereits mit Urteil vom 13.11.1959 – 1 AZR 320/57 – (AP Nr. 54 zu § 611 BGB Urlaubsrecht = BAGE 8, 219, 224 ff.) entschieden habe. Im übrigen sei davon auszugehen, daß der Kläger schon bei Urlaubsnahme sein Ausscheiden bei der Beklagten geplant habe. Im Falle treuwidrigen Erschleichens von ihm nicht zustehenden Urlaub sei er schadensersatzpflichtig, womit sie – die Beklagte – vorsorglich aufrechne.

Das Arbeitsgericht Wuppertal hat die Klage mit Urteil vom 03.11.1994 – 4 Ca 3872/94 –, auf dessen Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (Bl. 42–44 d. A.), abgewiesen.

Mit der dagegen eingelegten Berufung verfolgt der Kläger den Anspruch auf Zahlung von 906,72 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag weiter, während die Beklagte Zurückweisung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist zulässig: Sie ist nach dem Wert...

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