Entscheidungsstichwort (Thema)
Schließung einer Betriebskrankenkasse. Befristungskontrollklage. Schließung einer Betriebskrankenkasse und Beendigung der Arbeitsverhältnisse. Identität mit fingierter Krankenkasse. keine Kündigung ohne Unterbringungsverfahren. Ausnahmen für ordentlich kündbare Arbeitnehmer
Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle der Schließung einer Betriebskrankenkasse enden die Arbeitsverhältnisse der bei ihr beschäftigten Mitarbeiter/innen nicht deshalb, weil die Arbeitgeberin erloschen ist. Die gemäß § 155 Abs.1 S.2 SGB V zum Zwecke der Abwicklung fingierte Betriebskrankenkasse ist als Rechtsperson mit der ursprünglichen Körperschaft identisch.
2. Die Arbeitsverhältnisse der ordentlich kündbaren Arbeitnehmer einer Betriebskrankenkasse enden nicht gemäß § 164 Abs.4 S.1 SGB V zum Zeitpunkt der Schließung kraft Gesetzes. § 164 Abs.4 S.1 SGB V setzt voraus, dass zunächst das in § 164 Abs.3 SGB V vorgesehene Unterbringungsverfahren durchgeführt worden ist. Da die ordentlich kündbaren Arbeitnehmer einer Betriebskrankenkasse gemäß § 155 Abs.4 S.9 SGB V von diesem Unterbringungsverfahren ausgenommen sind, findet § 164 Abs.4 S.1 SGB V auf sie keine Anwendung.
3. Eine Klage nach § 17 S.1 TzBfG kann nur dann Erfolg haben, wenn für das konkrete Arbeitsverhältnis eine Befristung vereinbart worden ist. Macht ein Arbeitnehmer geltend, eine vereinbarte Befristung gelte nicht für ein unabhängig hiervon fortbestehendes Arbeitsverhältnis, so kann er dies nur mit einem allgemeinen Feststellungsantrag, nicht mit einer Befristungskontrollklage geltend machen.
Normenkette
SGB V § 155 Abs. 1, § 164; SGB IV § 90; ZPO § 308; GG Art. 12
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 21.12.2012; Aktenzeichen 11 Ca 2186/12) |
Tenor
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 21.12.2012 - Az: 11 Ca 2186/12 - teilweise abgeändert und zum Zwecke der Klarstellung insgesamt neu gefasst
1.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zu den bis zum 31.12.2011 geltenden Arbeitsbedingungen über den 31.12.2011 hinaus fortbestanden hat.
2.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die weitergehende Berufung der Beklagten gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz haben die Klägerin zu 63% und die Beklagte zu 37% zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin und der Beklagten jeweils zu 50% auferlegt.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der "BKK für Heilberufe" mit Schließung der Betriebskrankenkasse beendet worden ist oder mit der Beklagten fortbesteht.
Die BKK für Heilberufe war als Körperschaft des öffentlichen Rechts Trägerin einer gesetzlichen Krankenkasse und beschäftigte zuletzt ca. 270 Arbeitnehmer. Mit Bescheid vom 02.11.2011 verfügte das Bundesversicherungsamt, dass sie mit Ablauf des 31.12.2011 gemäß § 153 S. 1 Nr. 3 SGB V i.V.m. § 90 Abs. 1 SGB IV geschlossen wird. Wegen des genauen Inhalts und der Begründung der Schließungsentscheidung wird auf die Anlage B 1, Bl. 76 ff. d.A., verwiesen. Der Bescheid ist von einigen Mitarbeitern, nicht jedoch von der BKK für Heilberufe Körperschaft des öffentlichen Rechts angegriffen worden. Die Beklagte wickelt die Geschäfte der geschlossenen Krankenkasse ab.
Die am 01.04.1977 geborene Klägerin war seit dem 01.10.2000 bei der BKK für Heilberufe gegen ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von zuletzt 1.892,39 € als Sozialversicherungsfachangestellte beschäftigt.
Mit einem Schreiben vom 16.11.2011 teilte die BKK für Heilberufe der Klägerin mit, dass ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12.2011, mit dem Tag der durch den Bescheid verfügten Schließung, sein Ende finden werde. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Schließungsbescheids am 02.11.2011 befand sich die Klägerin in einer bis zum 23.12.2014 fortdauernden Elternzeit. Eine Stellung beim Landesverband oder einer anderen Betriebskrankenkasse wurde ihr nicht angeboten.
Abgesehen von wenigen Ausnahmen wurde allen Arbeitnehmern mit einem Schreiben der "BKK für Heilberufe Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung" vom 23.11.2011 ein Angebot auf Abschluss eines befristeten Vertrages für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2012 unterbreitet. Die Klägerin nahm dieses Angebot an.
Mit ihrer ursprünglich gegen die "BKK für Heilberufe" gerichteten Klage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses kraft Gesetzes zum 31.12.2011 bzw. und die Befristung zum 30.06.2012 gewandt sowie mit dem Antrag zu 4.) die Feststellung beantragt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände ende, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbestehe. Mit einem im Gütetermin am 22.05.2012 verkündeten Beschluss hat das Arbeitsgericht das Passivrubrum auf Antrag der Klägerin dahin geändert, dass Beklagte die "BKK für Heilberufe, Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung" ist.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die BKK für Heilb...