Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratsanhörung. Personalausschuss. Betriebsübergang
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Betriebsrat die Ausübung der Mitbestimmung einem besonderen Ausschuss (Personalausschuss) zur selbststständigen Erledigung übertragen, so ist in diesem Fall der Vorsitzende des Ausschusses berechtigt, die Erklärungen des Arbeitgebers im Anhörungsverfahren entgegen zu nehmen.
2. Eine wirksame Äußerung des Betriebsrats liegt noch nicht vor, wenn ein einzelnes Betriebsratsmitglied vor Ablauf der Wochenfrist gegenüber dem Arbeitgeber eine Erklärung abgibt, dieser hingegen weiß oder den Umständen nach annehmen muss, dass sich der Betriebsrat als Gremium noch nicht mit der Angelegenheit ordnungsgemäß durch Beschlussfassung befasst hat.
3. § 324 UmwG stellt keine Rechtsfolgen-, sondern eine Rechtsgrundverweisung dar, und enthebt mithin nicht von der Feststellung eines Übergangs einer ihre Identität wahrenden wirtschaftlichen Einheit. Die Voraussetzungen des § 613a Abs. 1 BGB sind daher auch im Umwandlungsfall selbstständig zu prüfen.
Normenkette
BetrVG § 102 Abs. 1; BGB § 613a; UmwG § 324
Nachgehend
Tenor
1) Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts E. vom 30.10.2002 – 4 Ca 6821/02 – abgeändert.
2) Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 09.07.2002 nicht zum 31.12.2002 aufgelöst worden ist.
3) Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 7/10, die Beklagte zu 3/10.
4) Die Revision wird nicht zugelassen.
5) Streitwert: 6.519,00 EUR.
Tatbestand
Der Kläger, welcher zu 50 GdB schwerbehindert ist, ist bei der vormaligen Beklagten als Junior-Sachbearbeiter im Schadensservicebüro E. tätig.
Bei der vormaligen Beklagten handelte es sich um eine Holding-Gesellschaft der O.-Gruppe mit diversen Tochtergesellschaften, die im Wesentlichen keine Arbeitnehmer haben und deren Aufgabe lediglich der Abschluss von Versicherungsverträgen ist, während deren Bearbeitung für die Tochtergesellschaften durch Mitarbeiter der vormaligen Beklagten erfolgt.
Die O.-Gruppe ist im Jahr 2001 durch die A. Asset Management GmbH gekauft worden. Am 18.06.2002 schloss die vormalige Beklagte mit der A. Beteiligungs AG Deutschland einen Verschmelzungsvertrag. Neben der damaligen Beklagten sind auch die weiteren Unternehmen der O.-Gruppe mit Unternehmen aus dem A.-Konzern verschmolzen. Im Rahmen der Übernahme wurde Mitarbeitern der O.-Gruppe ein Arbeitsplatz im A.-Konzern bzw. die Möglichkeit der Bewerbung dort angeboten. Die Versicherungsverträge der O.-Gruppe werden zukünftig durch verschiedene Unternehmen des A.-Konzerns weitergeführt. Am 12.11.2001 wurde mit dem Betriebsrat ein Interessenausgleich abgeschlossen. Das Integrationsamt hat der Kündigung mit Bescheid vom 28.06.2002 zugestimmt, wogegen der Kläger Widerspruch erhoben hat. Die vormalige Beklagte kündigte sodann das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 09.07.2002 zum 31.12.2002.
Hiergegen hat sich der Kläger mit der Klage gewandt und die Auffassung vertreten, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß zur Kündigung angehört worden. Im Übrigen sei diese sozial nicht gerechtfertigt. Zudem liege ein Betriebsübergang vor.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der vormaligen Beklagten vom 09.07.2002 zum 31.12.2002 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Betriebsübergang liege nicht vor, die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß erfolgt.
Durch Urteil vom 30.10.2002, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht E. die Klage auf Kosten des Klägers abgewiesen und den Streitwert auf 5.619,– EUR festgesetzt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Kündigung sei nicht wegen eines Betriebsübergangs i.S. des § 613 a Abs. 4 BGB ausgesprochen worden. Ein solcher sei vorliegend nicht gegeben. Die Kündigung sei aufgrund Stilllegung des Schadensservicebüros in E. sozial gerechtfertigt. Auch liege eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung vor, nachdem der Betriebsrat über die Verschmelzung informiert gewesen sei.
Gegen das ihm b. 05.11.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem b. 03.12.2002 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren, dem Gericht b. Montag, dem 06.01.2003 vorliegenden Schriftsatz begründet.
Mit der Berufung hält der Kläger an der Auffassung fest, es liege ein Betriebsübergang vor. Auch erweise sich die Betriebsratsanhörung jedenfalls deshalb als unzulänglich, weil der Betriebsrat nicht über den bevorstehenden Betriebsübergang unterrichtet worden sei. Zudem sei die Betriebsratsanhörung von ihrem Ablauf her rechtsunwirksam.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts E. vom 30.10.2002 – 4 Ca 6821/02 – festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis...