Entscheidungsstichwort (Thema)
Mittelbare Frauendiskriminierung
Leitsatz (amtlich)
Eine tarifvertragliche Regelung, die Arbeitnehmerinnen, die die Altersrente für Frauen nach § 237 a SGB VI vorzeitig beanspruchen können, von der Gewährung eines tarifvertraglichen Übergangsgeldes nach Vollendung des 60. Lebensjahres ausschließt, ist jedenfalls dann unwirksam, wenn die dadurch bestehende Benachteiligung der ausgeschlossenen Arbeitnehmerinnen nicht in vollem Umfang ausgeglichen wird.
Normenkette
AGG §§ 1, 7-8, 33; BGB § 612 Abs. 3 S. 1; TV über die Übergangsversorgung für die bei der DFS beschäftigten Flugdatenbearbeiter
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 18.04.2007; Aktenzeichen 4 Ca 631/07) |
Nachgehend
Tenor
Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 18.04.2007 – 4 Ca 631/07 – wird teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres, also für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 31. August 2009, Übergangsgeld nach dem Tarifvertrag für die Übergangsversorgung für die bei der E. E. Flugsicherung GmbH beschäftigten Flugdatenbearbeiter im FVK (Vers-TV-FDB) vom 7. Juli 1993 in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 4/5 und die Klägerin zu 1/5.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres ein tarifvertragliches Übergangsgeld verlangen kann und wie eine tarifvertragliche Ausgleichszahlung zu berechnen ist.
Die Beklagte ist ein aus der ehemaligen Bundesanstalt für Flugsicherung (BFS) hervorgegangenes privates Flugsicherungsunternehmen mit bundesweit mehr als 5.000 Beschäftigten. Die am 26.08.1946 geborene Klägerin war seit dem 19.03.1965 zunächst als Angestellte für die Rechtsvorgängerin der Beklagten und seit dem 01.10.1993 als angestellte Flugdatenbearbeiterin bei der Beklagten beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis finden unstreitig die für das Unternehmen der Beklagten abgeschlossenen Tarifverträge Anwendung.
Nach § 10 Abs. 2 des Tarifvertrages SR-FS-Dienste endet das Arbeitsverhältnis von Flugdatenbearbeitern mit einer bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit mit Vollendung des 59. Lebensjahres, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Aufgrund dieser Regelung endete das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien am 31.08.2005.
Nach § 2 des Tarifvertrages über die Übergangsversorgung für die bei der E. E. Flugsicherung GmbH beschäftigten Flugdatenbearbeiter im FVK vom 07.07.1993 i. d. F. des Änderungstarifvertrages vom 14.11.2002 (nachfolgend TV Übergangsversorgung) erhalten Flugdatenbearbeiter und Flugdatenbearbeiterinnen, die aufgrund der tarifvertraglichen Altersgrenze ihre Erwerbstätigkeit bei der Beklagten beenden, ein Übergangsgeld. Aufgrund dieser Regelung bezog die Klägerin ab dem 01.09.2005 ein monatliches Übergangsgeld in Höhe von 3.494,17 EUR brutto. Als monatlichen Auszahlungsbetrag erhielt sie 1.942,76 EUR.
Seit den 01.09.2006 bezieht die Klägerin die gesetzliche Altersrente für Frauen, eine Zusatzrente der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, eine Betriebsrente von der Beklagten sowie einen sog. Rentenverlustausgleich. In der Zeit vom 01.09.2006 bis 31.08.2007 betrug die monatliche Altersrente für Frauen 1.382,55 EUR, die der VBL 268,31 EUR, die Betriebsrente 538,60 EUR und die Ausgleichszahlung 194,30 EUR. Insgesamt erhielt sie damit Bruttoleistungen von 2.383,76 EUR. Abzüglich der Beiträge für ihre private Krankenversicherung und Pflegeversicherung sowie einer Steuernachzahlung nach dem Alterseinkünftegesetz verblieben ihr davon bis zum 31.12.2006 1.495,19 EUR netto. Bis zum 31.08.2007 beliefen sich die monatlichen Nettozahlungen auf 1.606,11 EUR. Ab dem 01.09.2007 betragen ihre monatlichen Gesamtbezüge infolge einer Erhöhung der Altersrenten und der Ausgleichszahlung 2.446,19 EUR brutto. Davon verbleiben ihr 1.668,54 EUR netto.
Übergangsgeld wird der Klägerin seit Vollendung des 60. Lebensjahres nicht mehr gewährt. Diesbezüglich bestimmt der TV Übergangsversorgung Folgendes:
„§ 7
Erlöschen und Ruhen des Anspruchs
(1) Der Anspruch auf Übergangsgeld erlischt,
a) mit Beginn des Monats von dem ab die/der ausgeschiedene Mitarbeiterin/Mitarbeiter Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art beanspruchen kann;
…
c) spätestens mit Ablauf des Monats, in dem die/der ausgeschiedene Mitarbeiterin/Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet;
d) bei Tod der/des ausgeschiedenen Mitarbeiterin/Mitarbeiters.
(2) Der Anspruch erlischt auch dann nach Abs. 1 Buchst. a), wenn Altersrente oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art nur mit Abschlägen wegen vorzeitiger Inanspruchnahme bezogen werden können. Solange dies für Frauen mit einem geringeren Lebensalter als für Männer möglich ist, werden weiblichen FDB, die am 1. November 2002
- • in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis mit der E. stehen oder
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