Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung. Schriftform. keine Zurückverweisung bei unterbliebenem Hinweis nach § 6 S. 2 KSchG i.V.m. § 17 S. 2 TzBfG
Leitsatz (amtlich)
1. Die Schriftform des § 14 Abs. 4 TzBfG kann auch bei Unterzeichnung der Befristungsabrede „im Auftrag” gewahrt werden (Anschluss an BAG, Urteil vom 25.03.2009 – 7 AZR 59/08, juris).
2. Wird ein Grund für die Unwirksamkeit einer Befristung erstmalig in zweiter Instanz geltend gemacht, ist das Berufungsgericht trotz unterbliebenen Hinweises nach § 6 Satz 2 KSchG i.V.m. § 17 Satz 2 TzBfG in erster Instanz zu einer eigenen Sachentscheidung befugt und muss den Rechtsstreit nicht an das Arbeitsgericht zurückverweisen.
Normenkette
TzBfG § 3 Abs. 1 S. 2, § 14 Abs. 4; KSchG § 6 Sätze 1-2; TzBfG § 17 S. 2; BGB § 177 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Oberhausen (Urteil vom 10.06.2009; Aktenzeichen 3 Ca 45/09) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 10.06.2009 – 3 Ca 45/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der zwischen ihnen am 11.06.2008 vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 30.12.2008.
Die am 23.06.1952 geborene Klägerin war seit dem 01.03.2006 aufgrund verschiedener befristeter Arbeitsverträge bei der Beklagten als Registraturkraft in der Familienkasse Oberhausen zu einem durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 2.218,68 Euro beschäftigt. Bei der Beklagten war in Nürnberg der Bereich „Interner Service Personal” gebildet. Zudem gab es den Personalservice in Rheine. Im Intranet der Beklagten hieß es zu letzterem u.a.:
„Wir sind Ansprechpartner in allen Angelegenheiten, die ihr Arbeits- oder Beamtenverhältnis betreffen – z.B.:
- Bezüge, Gehälter,
- Anzeige von Änderungen (…)
- Beurlaubung
- Altersteilzeit
- Sozialversicherung
- Erstellen von (Verdienst-)bescheinigungen
- Urlaubs- und Krankheitsangelegenheiten
- Arbeits- und Dienstunfälle
- Genehmigung von Nebentätigkeiten
- Abrechnung von Lehrtätigkeit, Praxisberatung, etc.
Weiterhin sind wir für die gesamte Zeitwirtschaft der Dienststelle Familienkasse zuständig.
Wir setzen ferner die vom Internen Service Personal (Standort: Nürnberg) getroffenen Entscheidungen (z.B. Einstellung / Umsetzung / Beauftragung / Abordnung / Versetzung / Höhergruppierung / Beförderung usw.) um. …”
Sämtliche mit der Klägerin abgeschlossenen Arbeitsverträge wurden zwischen der Klägerin und „der Bundesagentur für Arbeit, …, vertreten durch den Leiter der Familienkasse” abgeschlossen, wobei teilweise die Anschrift der Beklagten in Nürnberg angegeben war. Die Arbeitsverträge wurden sämtlich von dem Mitarbeiter S. aus dem Personalservice in Rheine unterzeichnet. Den ersten Arbeitsvertrag vom 07.12.2006 mit einer Befristung vom 01.01.2007 bis zum 30.06.2007 unterschrieb dieser unter dem Text „Für den Leiter der Familienkasse, Im Auftrag”. Unter seiner Unterschrift befand sich die Angabe „Der Leiter des Stützpunktes Personalservice des BA-Service-Hauses in Rheine”. Die Änderungsvereinbarung vom 20.04.2007, mit der die Tätigkeitsebene geändert wurde, sowie der Arbeitsvertrag vom 27.06.2007 mit einer Befristung vom 01.07.2007 bis zum 31.12.2007 enthielten oberhalb der Unterschrift von Herrn S. den gleichen Text wie der Vertrag vom 07.12.2006. Unter der Unterschrift folgte die Angabe „Personalservice der Familienkasse”. Mit dem streitgegenständlichen letzten Arbeitsvertrag vom 11.06.2008 wurde die Klägerin ab dem 01.07.2008 eingestellt. Das Arbeitsverhältnis war befristet bis zum Erreichen folgenden Zwecks: „Dauer der Beauftragung von Herrn B.”; längstens bis zum 30.12.2008”. Der Vertrag, der auf den Tarifvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Beklagten (TV-BA) Bezug nahm, enthielt über der Unterschrift von Herrn S. die Angabe „Im Auftrag” und unter seiner Unterschrift den Text „Personalservice der Familienkasse”. Der Sachgrund des zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrags war in dem Vermerk vom 30.05.2008 erläutert worden, der von beiden Parteien – für die Beklagte von Herrn S. – unterzeichnet wurde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Arbeitsverträge und den Vermerk vom 30.05.2008 Bezug genommen.
Die Klägerin war seit dem 01.09.2008 bis zum Ende der Befristung arbeitsunfähig erkrankt. Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums stellte die Beklagte zur Vertretung eine andere Mitarbeiterin bis zum 30.12.2008 ein. Mit Schreiben vom 28.10.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Arbeitsverhältnis ende zum 30.12.2008.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die letzte Befristung sei rechtsunwirksam, weil es an einem Sachgrund fehle. Hierzu hat sie behauptet, dass der Beklagten bei Abschluss der letzten Befristung bekannt gewesen sei, dass die Assistentin M. nicht auf ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde.
Sie hat mit ihrer am 12.01.2009 beim Arbeitsgericht Oberhausen eingereichten Klage beantragt,
- festzustellen, dass...