Entscheidungsstichwort (Thema)
Anpassung einer Betriebsrente. Berechnungsdurchgriff. Eigenkapitalauszehrung. Betriebliche Altersversorgung. Fehlende Belastbarkeit wegen Eigenkapitalauszehrung. Berechnungsdurchgriff im Konzern
Leitsatz (amtlich)
Einzelfallentscheidung über die Anpassung einer Betriebsrente
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Anpassung einer Betriebsrente scheitert i.d.R. an der fehlenden Belastbarkeit wegen Eigenkapitalauszehrung, da insoweit auch Verlustvorträge zu berücksichtigen sind.
2. Von dem Grundsatz, dass die Anpassungsverpflichtung grundsätzlich dasjenige Unternehmen trifft, welches als Arbeitgeber die entsprechende Versorgungszusage erteilt oder im Wege der Rechtsnachfolge erworben hat, ist nicht bereits allein deshalb abzuweichen, weil der Arbeitgeber in einen Konzern eingebunden ist.
Normenkette
BetrAVG §§ 16, 1b Abs. 1 S. 4, § 16 Abs. 1; HGB § 266 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 19.12.2011; Aktenzeichen 5 Ca 2967/11) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 19.12.2011 - 5 Ca 2967/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anpassung der Betriebsrente mit Wirkung zum 01.01.2011.
Der Kläger war am Standort O. ursprünglich bei der International I. Company GmbH tätig. Diese erteilte ihm eine Versorgungszusage. Die Arbeitgeberin wurde 1985 von der K. D. GmbH, einem Unternehmen des U.-Konzerns, übernommen. 1994 übernahm die K. D. GmbH von der U. Deutschland Holding GmbH O. den Geschäftsbereich Landmaschinen inklusive aller Aktiva und Passiva. Dabei gingen auch 1.107 aktive Arbeitnehmer über; die K. D. GmbH selbst hatte damals mehr als 1.176 Arbeitnehmer. Nach der Übernahme stand damit 2.238 aktiven Arbeitnehmern eine Anzahl von 1.730 damaligen Betriebsrentnern bzw. mit einer unverfallbaren Anwartschaft ausgeschiedenen Mitarbeitern gegenüber. Im Jahr 1999 übernahm die Agrarsparte "New I." des G.-Konzerns den Konkurrenten "D." und bildete den Land- und Baumaschinenkonzern "D. New I." (D.). Nach einer Umfirmierung der K. D. GmbH zur D. Germany GmbH wurde diese im Jahr 2002 auf die Beklagte verschmolzen. Der Kläger schied dort zum 30.06.2007 aus. Seit dem 01.07.2007 bezieht er von der Beklagten eine Betriebsrente in Höhe von 1.699,00 € brutto. Gesellschafter der Beklagten sind die D. Europe Holding S.A. zu 10 % und die D. Baumaschinen GmbH zu 90 %. Die D. Europe Holding S.A. ist Alleingesellschafterin der D. Baumaschinen GmbH. Alleingesellschafterin der D. Europe Holding S.A. ist die D. Global N.V., die Obergesellschaft der Land- und Baumaschinensparte des G.-Konzerns. Die D. Global N.V. und die D. Europe Holding S.A. haben zugunsten der Beklagten (Bl. 383 f. d. A.) und der D. Baumaschinen GmbH (Bl. 587 f. d. A.) jeweils Patronatserklärungen abgegeben mit der Verpflichtung, diese auf der Basis eines nachrangigen Darlehens mit zusätzlicher Liquidität oder sonstigen finanziellen Mitteln auszustatten, soweit dies erforderlich ist, um es den Gesellschaften zu ermöglichen, alle fälligen Forderungen ihrer Gläubiger zu befriedigen und eine drohende oder bestehende Überschuldung der Gesellschaft im insolvenzrechtlichen Sinn zu vermeiden. Die Patronatserklärungen sind jeweils auf ein Jahr befristet. Die D. Baumaschinen GmbH ist seit Jahren bilanziell überschuldet. Die D. Global N.V. erzielt hingegen erhebliche Gewinne. Zwischen der D. Baumaschinen GmbH und der Beklagten besteht seit dem 01.01.2008 ein Ergebnisabführungsvertrag. Zu den Stichtagen 01.01.2002, 01.01.2005 und 01.01.2008 nahm die Beklagte Anpassungen der gezahlten Betriebsrenten vor.
1996 hätte die D. Germany GmbH einen Verlust in mittlerer zweistelliger Millionenhöhe erlitten, wenn keine einmaligen bilanziellen Sondereffekte eingetreten wären. Im Jahr 1997 stellte die Beklagte die eigene Fertigung von Traktoren und Dieselmotoren ein. Seitdem besteht ihre Geschäftstätigkeit ausschließlich im Vertrieb von Produkten verbundener Unternehmen. Nach der Schließung erhöhte sich die Bruttomarge (um Herstellungskosten verminderte Umsatzerlöse) von 6 % in 1996 auf 12 % in 1997 und 16 % in 1998. In den Jahren 2007 bis 2010 beschäftigte die Beklagte zwischen 252 und 239 Mitarbeiter. Sie zahlt Betriebsrenten an über 2.000 Betriebsrentner, von denen über 1.100 ehemalige Arbeitnehmer des U.-Konzerns sind. Nach den von der Beklagten vorgelegten Bilanzen erwirtschaftete sie im Jahr 2007 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 39 Mio. € und in den Jahren 2008 bis 2010 einen solchen von jeweils 20,4 Mio. €. Nachdem sie im Jahr 2007 einen Jahresüberschuss von 66.434,01 € und 2008 von 18.341.867,46 € erwirtschaftete, erlitt sie 2009 einen Verlust von 12.112.952,70 € und 2010 einen solchen von 10.304.629,45 €. Ende 2010 betrug ihr Verlustvortrag knapp 39 Mio. €. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit belief sich im Jahr 2006 auf 3,761,...