Entscheidungsstichwort (Thema)

Direktionsrecht. Ausland. Reiseleiter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Versetzung einer für den Einsatz im Ausland eingestellten Reiseleiterin in andere Zielgebiete.

2. Auch wenn der Arbeitnehmer im Ausland beschäftigt wird, beurteilt sich die Rechtmäßigkeit der Versetzung an einen anderen Arbeitsort nach § 106 GewO und den hierzu von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, sofern für das Arbeitsverhältnis deutsches Recht gilt.

 

Normenkette

GewO § 106

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Urteil vom 14.06.2010; Aktenzeichen 3 Ca 105/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 14.06.2010 – 3 Ca 105/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Reichweite des der Beklagten zustehenden Direktionsrechtes hinsichtlich der Bestimmung des Arbeitsortes der Klägerin.

Die Beklagte betreibt ein Reiseunternehmen.

Die Klägerin ist seit 1988 bei ihr als Chefreiseleiterin tätig.

Die Arbeitsvertragsbedingungen wurden zuletzt im Anstellungsvertrag vom 04.02.1992 geregelt. Dort ist auszugsweise Folgendes bestimmt:

㤠1

Der Arbeitnehmer wird als Chefreiseleiterin von der Arbeitgeberin ab 11.2.1992 auf unbefristete Zeit eingestellt.

Das Zielgebiet ist Mallorca unter Vorbehalt.

b. flugreisen behält sich vor, bei Bedarf während der Saison eine Zielgebietsänderung vorzunehmen.

§ 14

Das Recht der Bundesrepublik Deutschland wird als bindend vereinbart, soweit dies möglich ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf die als Anlage zur Klageschrift vorgelegte Kopie Bezug genommen.

Im Verlaufe des Arbeitsverhältnisses war die Klägerin – abgesehen von kurzfristigen Aufgaben im Zusammenhang mit der Reorganisation von Zielgebieten – wie folgt eingesetzt:

Mallorca

vom 15.03.1988 bis 10.02.1991

Fuerteventura

vom 10.02.1991 bis 01.04.1991 (bzw. Dez. 1990 – Feb. 1991)

Mallorca

vom 01.04.1991 bis 31.03.1993

Gran Canaria

vom 01.04.1993 bis 31.10.1993

Mallorca

vom 01.11.1993 bis 15.10.1998

Cancun/Mexiko

vom 15.10.1998 bis 15.02.1999

Mallorca

vom 15.02.1999 bis 31.10.2000

Dom. Republik

vom 01.11.2000 bis 04.02.2001

Teneriffa

vom 05.02.2001 bis 14.10.2009

Mit Schreiben vom 20.03.2009 erhielt die Klägerin die Mitteilung, dass sie mit Wirkung zum 01.05.2009 nach Mexiko versetzt werde. In einem hieraufhin von der Klägerin angestrengten Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat das Arbeitsgericht Duisburg die Beklagte am 15.04.2009 (Az: 4 Ga 4/09) im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes dazu verurteilt,

„die Verfügungsklägerin über den 30.04.2009 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Chefreiseleiterin in ihrer Betriebsstätte auf Teneriffa […] zu beschäftigen”

Mit Schreiben vom 20.08.2009 forderte die Beklagte die Klägerin auf, in der Wintersaison 2009/2010 für sie in Ägypten tätig zu sein. Dem folgte die Klägerin, nachdem ihr mit Schreiben der nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 08.10.2009 zugesichert worden war, nach diesem Wintereinsatz wieder auf Teneriffa eingesetzt zu werden. Dementsprechend war sie in der Zeit vom 12.11.2009 bis 15.04.2010 in Ägypten tätig. Seit dem 20.04.2010 wird sie wieder auf Teneriffa eingesetzt.

Da der Klägerin mit dem vorgenannten Schreiben vom 08.10.2009 jedoch auch ausdrücklich mitgeteilt worden war, dass ihr nicht zugesichert werden könne, nach Rückkehr aus Ägypten „dauerhaft” auf Teneriffa eingesetzt zu werden, hat sie am 18.01.2010 beim Arbeitsgericht Klage erhoben und ursprünglich beantragt, festzustellen, dass (1.) die Klägerin auf der spanischen Insel Teneriffa als Chefreiseleiterin dauerhaft zu beschäftigen ist und (2.) eine Versetzung an einen anderen Arbeitsort nicht statthaft ist.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, bereits aufgrund des im Wege der einstweiligen Verfügung ergangenen Urteils sei eine Versetzung generell ausgeschlossen. Zudem hat sie behauptet, im Jahr 2000 sei es zu einer einvernehmlichen Zielgebietsänderung gekommen. Auf Drängen der Beklagten habe sich die Klägerin damals bereit erklärt, ihre Tätigkeit als Chefreiseleiterin auf der spanischen Insel Teneriffa fortzusetzen. Soweit sie in danach anderen Zielgebieten tätig gewesen sei, habe es sich jeweils um temporäre und auf gegenseitigem Einvernehmen beruhende Abordnungen gehandelt, mit denen keine neue Zielgebietsfestlegung verbunden gewesen sei.

Der im Arbeitsvertrag enthaltene Versetzungsvorbehalt sei gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Eine danach allein nach Maßgabe des § 106 Satz 1 GewO mögliche Versetzung weg von der Insel Teneriffa überschreite stets die Grenzen billigen Ermessens. Das ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass eine solche Versetzung stets eine „Auslandsversetzung” bedeuten würde. Hinzu komme, dass sie zwischenzeitlich ihren Lebensmittelpunkt auf der Insel Teneriffa gefunden habe und dort sprachlich und kulturell sowie gesellschaftlich voll integriert sei. Die in Deutschland lebende Mutter sei schwer erkrankt. Von Teneriffa aus s...

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