Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung Kassierer/-innen. Einzelhandel NRW mit PLU-Nummernsystem

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Tätigkeitsbeispiel „Kassierer mit gehobener Tätigkeit” der Gehaltsgr. II des Gehalts-TV Einzelhandel NRW (GTV) enthält lediglich einen unbestimmten Rechtsbegriff, der nicht aus sich heraus ausgelegt werden kann. Es ist daher auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale („Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung erfordert”) zurückzugreifen.

2. Kassierer/-innen der Einzelhandelskette ALDI in NRW. deren Tätigkeit überwiegend darin besteht, für ein Grundsortiment von ca. 600 Artikeln eine vorgegebene dreistellige PLU-Nummer („Price-Lock-Up”) auswendig zu beherrschen und in die Kasse einzutippen, sind in Gehaltsgr. I GTV („Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit”) eingruppiert. Die Tätigkeit erfordert keine „erweiterten Fachkenntnisse” i.S.d. Gehaltsgr. II GTV.

 

Normenkette

Gehalts-TV Einzelhandel NRW § 3 Abschn. B Gehaltsgr. I; Gehalts-TV Einzelhandel NRW § 3 Abschn. B Gehaltsgr. II

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Urteil vom 05.11.1996; Aktenzeichen 7 Ca 2913/96)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 05.11.1996 – 7 Ca 2913/96 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Streitwert: unverändert (20.412,– DM).

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin nach den Regelungen des – allgemeinverbindlichen – Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen (GTV).

Die Beklagte betreibt unter dem Firmennamen ALDI eine Einzelhandelskette mit Warenartikeln überwiegend aus dem Lebensmittelbereich. Ihrem Regionalbereich angeschlossen waren bis Februar 1997 insgesamt 87 Verkaufsstellen/Filialen mit insgesamt 850 Mitarbeitern. Nach einer ab 01.03.1997 erfolgten Organisationsänderung betreibt sie noch 53 Filialen mit circa 540 Mitarbeitern.

Das Warenangebot der Beklagten in ihren Filialen besteht aus einem Grundsortiment von ungefähr 600 Artikeln. Daneben gibt es circa 20 längerfristige Saisonartikel, z.B. Weihnachts- oder Osterartikel, sowie im wöchentlichen Wechsel („ALDI-aktuell”) circa 10 bis 15 kurzfristige Saisonartikel. Sämtlichen Artikeln ist jeweils eine bestimmte dreistellige PLU-Nummer („Price-Lock-Up”) zugeordnet. Ob die Zuordnung der PLU-Nummern für die einzelnen Artikel nach einem bestimmten System – etwa nach Warengruppen – erfolgt ist, ist zwischen den Parteien streitig. Die einem Artikel einmal zugeordnete PLU-Nummer bleibt grundsätzlich unverändert.

Der Verkauf erfolgt in der Weise, daß das Verkaufspersonal an den Kassen, sogenannte Check-out-Kassen, ausschließlich die dreistellige PLU-Nummer in die Kasse eintippt. Auf dem Kassenbon erscheint sodann automatisch der Verkaufspreis, gegebenenfalls zuzüglich der Bezeichnung des Artikels. Für den Verkauf an den entsprechenden Kassen setzt die Beklagte voraus, daß die Kassierer/innen die PLU-Nummern für die circa 600 Artikel des Grundsortiments auswendig beherrschen.

Hierfür führt sie regelmäßig Schulungs- und Testprogramme durch, unter anderem anhand von Foto-/Bilderkarteien. Die PLU-Nummern für die längerfristigen und kurzfristigen Saisonartikel können die Kassierer/innen, sofern sie diese Zahlen nicht auswendig kennen, auf einem neben der Kasse befindlichen Block ablesen. Bei Stornierungen oder Eingabetippfehlern können die Kassierer/innen die zuletzt vollständig eingetippte Zeile korrigieren. Für Korrekturen weiter zurückliegender Zeilen ist die Filialleitung herbeizurufen.

Die am 20.03.1942 geborene Klägerin ist seit 1970 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Angestellte beschäftigt. Sie besitzt keine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung. Sie ist Betriebsratsmitglied und, soweit sie nicht Betriebsratstätigkeiten wahrnimmt, in der Verkaufsstelle/Filiale R. im Verkauf tätig. Dort ist sie seit mehreren Jahren ganz überwiegend – nach Angaben der Klägerin: ausschließlich – als Kassiererin eingesetzt. In dieser Filiale sind zusammen mit dem Filialleiter insgesamt sieben Arbeitnehmer beschäftigt. Unmittelbarer Vorgesetzter der Klägerin ist der Filialleiter. Ihre Vergütung erfolgt nach Gehaltsgruppe I GTV („Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit”) zuzüglich einer tariflichen Belastungszulage in Höhe von 50,– DM brutto pro Monat für Kassierer/innen, die ständig an Check-out-Kassen tätig sind.

Mit Schreiben vom 15.11.1995 beanspruchte die Klägerin rückwirkend ab Mai 1995 Vergütung nach Gehaltsgruppe II GTV („Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung erfordert”). Die Beklagte lehnte dies ab. Der Differenzbetrag zwischen den beiden Gehaltsgruppen beträgt nach Angaben der Klägerin 567,– DM brutto pro Monat.

Mit der am 25.06.1996 beim Arbeitsgericht Wuppertal eingegangenen Klage macht die Klägerin die Zahlung entsprechender Differenzbeträge ab Mai 1995 geltend. Hierzu hat sie vorgetragen:

Ihre Tätigkeit entspreche nicht...

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