Entscheidungsstichwort (Thema)

Monatliche Regelarbeitszeit im Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen. Mindeststundenvergütung im Wach- und Sicherheitsgewerbe NRW

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 2 Ziff. 2 MTV NRW ist im Lichte des § 6 MTV Bund auszulegen und gilt deshalb nur dann, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt.

2. Unentscheiden bleibt, ob es sich bei der in § 2 Ziff. 2 MTV NRW geregelten Durchschnittsarbeitszeit um eine Höchstarbeitszeit oder um ein festes, und damit für beide Arbeitsvertragsparteien verbindliches Stundenkontingent handelt.

 

Normenkette

BGB § 611; MTV NRW § 2 Ziff. 2 Fassung: 2005-12-08; MTV Bund § 6 Fassung: 2005-08-30

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 28.06.2007; Aktenzeichen 3 Ca 1427/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.04.2009; Aktenzeichen 5 AZR 629/08)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 28.6.2007 – 3 Ca 1427/07 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte nur die tatsächlich geleisteten oder eine Mindestzahl von Arbeitsstunden monatlich zu vergüten hat.

Der Kläger war vom 16.07.1990 bis zum 31.01.2007 als Sicherheitsmitarbeiter zu einem Stundenlohn von zuletzt 8,46 EUR brutto bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die allgemein verbindlichen Tarifverträge für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen sowie für die Bundesrepublik Deutschland Anwendung.

Im Mantelrahmentarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland vom 30.08.2005 (MTV Bund) heißt es unter § 6 „Arbeitszeit” auszugsweise wie folgt:

1.1. Die regelmäßige tägliche Arbeitszeit soll 8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann ohne Vorliegen von Arbeitsbereitschaft auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 12 Kalendermonaten im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Darüber hinaus kann die Arbeitszeit auch ohne Ausgleich über 10 Stunden täglich verlängert werden, wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt ….

1.4. Die monatliche Regelarbeitszeit kann auf bis zu 264 Stunden ausgedehnt werden, ab dem 01. Oktober 2010 jedoch nur auf 248 Stunden….

3. Länderspezifisch können jedoch zu den Ziffern 1 und 2 abweichende monatliche Arbeitszeiten vereinbart werden. Die in Ziffern 1.4. und 1.5. sowie Ziffer 2 festgelegten monatlichen Regelarbeitszeiten sollen dabei nicht überschritten werden ….

4. Zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer, die Arbeitszeiten über 8 Stunden täglich ohne Ausgleich leisten, gewährleistet der Arbeitgeber eine entsprechende arbeitsmedizinische Betreuung nach den Vorschriften des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) ….

Der Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe in Nordrhein-Westfalen vom 08.12.2005 (MTV NRW) hat unter § 2 „Arbeitszeit” folgenden Wortlaut:

  1. Die tarifliche Mindestarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt monatlich 160 Stunden.
  2. Die monatliche Regelarbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt im Durchschnitt eines Kalenderjahres 260 Stunden.
  3. Abweichend von Ziffer 2. beträgt die monatliche Regelarbeitszeit im Durchschnitt eines Kalenderjahres für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer in kerntechnischen Anlagen, im Geld- und Werttransportdienst und für Angestellte 173 Stunden.

Im Jahre 2006 arbeitete der Kläger im Durchschnitt weniger als 260 Stunden pro Monat. Um den Durchschnitt zu erreichen, hätte er zu weiteren 374,16 Stunden eingeteilt werden müssen. Im Januar 2007 war der Kläger von der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Für diesen Monat zahlte die Beklagte ein durchschnittliches Urlaubsentgelt auf der Basis des in den letzten drei Monaten erreichten Verdienstes.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.02.2007 forderte der Kläger die Beklagte – im Ergebnis ohne Erfolg – unter Fristsetzung bis zum 15.03.2007 auf, die Differenz zwischen den geleisteten Arbeitsstunden und einer durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit von 260 Stunden für das Jahr 2006 sowie für den Monat Januar 2007 abzurechnen und auszuzahlen. Mit seiner am 16.04.2007 beim Arbeitsgericht Essen eingereichten und der Beklagten am 23.04.2007 zugestellten Klage verfolgt er sein Zahlungsbegehren weiter.

Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Nach § 2 Ziff. 2 MTV NRW habe er eine monatliche Regelarbeitszeit von durchschnittlich 260 Stunden. Da die Beklagte ihn im Jahre 2006 zu weitaus weniger Arbeitsstunden eingeteilt habe, schulde sie für insgesamt 374,16 Unterstunden Vergütung in Höhe von 3.165,39 EUR brutto. Für den Monat Januar 2007 ergebe sich entsprechend ein Fehlbetrag in Höhe von 198,51 EUR brutto. Hilfsweise müsse die Beklagte die Differenz zu dem im Jahr 2005 erzielten Einkommen zahlen. In dem Jahr habe er durchschnittlich 248,91 Stunden monatlich gearbeitet. Die Ansprüche seien a...

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