Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung von Informationspflichten auf Gleichstellungsbeauftragten. Rechtsfehlerhafte Beteiligung des Gleichstellungsbeauftragten im Kündigungsschutzverfahren. Umwandlung der Informationsbringschuld zur Informationsholschuld. Keine Sicherung des Rückholrechtes durch Gleichstellungsbeauftragten. Nachholung der Beteilung des Gleichstellungsbeauftragten im Kündigungsrechtsstreit
Leitsatz (amtlich)
§ 18 Abs. 6 LGG NRW begegnet keinen Wirksamkeitsbedenken. Eine Vereinbarung i.S.d. § 18 Abs. 6 LGG NRW, die vorsieht, dass die Gleichstellungsbeauftragte jederzeit einzelfallbezogen ihre Beteiligung nach Maßgabe dieses Gesetzes verlangen kann, begründet ein Rückholrecht, muss keine Sicherung dieses Rückholrechtes beinhalten. Durch die Vereinbarung wird die eigentlich der Behörde obliegende Informationspflicht der Gleichstellungsbeauftragten auf die Gleichstellungsbeauftragte übertragen. Die Informationsbringschuld wird zu einer Informationsholschuld.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 2 Nr. 3; LGG NRW § 18 Abs. 3, 6; KSchG §§ 4, 17; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Entscheidung vom 26.10.2022; Aktenzeichen 4 Ca 627/22) |
Nachgehend
Tenor
I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 26.10.2022 - 4 Ca 627/22 - wird zurückgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Entfristung des mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsverhältnisses.
Der am 01.04.1987 geborene, verheiratete und einem Kind gegenüber zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bereits vom 07.09.2015 bis zum 02.12.2015 als Lehrkraft bei dem beklagten Land beschäftigt. Aufgrund Arbeitsvertrages vom 27.11.2020/30.11.2020 erfolgte sodann die befristete Einstellung des Klägers für den Zeitraum 30.11.2020 bis 24.03.2021 mit einer Unterrichtsverpflichtung von 15 Stunden an der Gesamtschule H., ebenfalls in Duisburg. Dieser Vertrag wurde ab dem 07.12.2020 bis Vertragsende um zehn Stunden aufgestockt. Mit Vertrag vom 15.03.2021 wurde dieses Beschäftigungsverhältnis dann zunächst bis zum 17.08.2021 verlängert. Dieses Beschäftigungsverhältnis wurde mit Vertrag vom 22.03.2021 bis Vertragsende um zehn Stunden aufgestockt. Mit Vertrag vom 16.08.2021 wurde das Arbeitsverhältnis erneut verlängert. Zunächst erfolgte die Verlängerung nur bis zum 09.01.2022. Wegen der entsprechenden Verträge wird auf die zur Akte gereichten Ablichtungen, Blatt 106 ff. der Akte, Bezug genommen. Unter dem 10.01.2022 (vgl. Bl. 13 ff. der erstinstanzlichen Akte, i.F.: d.e.A.) wurde auch dieser Vertrag verlängert bis zum 24.04.2022. Als Vertretungsgrund wurde "konkreter Vertretungsbedarf gemäß § 30 TV-L i.V.m. § 14 TzBfG wegen der Erkrankung der Lehrkraft A." angegeben. Zuletzt wurde der Kläger mit einer Unterrichtsverpflichtung von 20/25,5 Pflichtwochenstunden in den Fächern Deutsch, Französisch und Sprachförderung eingesetzt und nach Entgeltgruppe 10 Stufe 1 TV-L vergütet.
Die am 22.04.1956 geborene Lehrkraft A. war langzeiterkrankt, zuletzt jedenfalls seit 01.07.2021. In der ärztlichen Bescheinigung zur Vorlage bei der Schulleitung vom 15.12.2021 (Bl. 204 d.e.A.) heißt es hierzu:
"Frau A. wird aus medizinischen Gründen über einen längeren Zeitraum als Lehrerin ausfallen, vermutlich bis Ende März 2022."
Mit Schreiben vom 16.12.2021 (Bl. 110 ff. d.e.A.) beantragte der Schulleiter der Gesamtschule H., Herr P., gegenüber der Bezirksregierung Düsseldorf die Verlängerung des mit dem Kläger bestehenden Arbeitsvertrages zwecks Vertretung von Frau A. vom 10.01.2022 bis 24.04.2022.
Mit Schreiben vom 16.12.2021 (Bl. 118 d.e.A.), dem zuständigen Personalrat per E-Mail am 04.01.2022 (Bl. 120 d.e.A.) übersandt, beteiligte das beklagte Land (dort: Dezernat 47) diesen zur beabsichtigten Verlängerung der Befristung des mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsverhältnisses. Die E-Mail wurde an den Personalrat unter der E-Mail Adresse "prge" versandt. Mit von Herrn L. unterzeichneter E-Mail des E-Mail-Absenders "prge" vom 10.01.2022, 9.52 Uhr (Bl. 122 d.e.A.) wurde die Zustimmung des Personalrats übersandt.
Zwischen der Bezirksregierung Düsseldorf (Dezernat 47) und den Gleichstellungsbeauftragten aller Schulformen, sowie der Gleichstellungsbeauftragten der Ausbildung für Lehrkräfte zur Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei Personalmaßnahmen gilt jedoch die Vereinbarung vom 17.10.2018 (Bl. 194 ff. d.e.A.), in der es auszugsweise heißt:
"2. Generelle Zustimmungserklärung
Die Gleichstellungsbeauftragten erteilen ihre allgemeine und im Einzelfall widerrufliche Zustimmung in nachfolgenden Fällen, die nicht belastend für die Lehrkraft und in denen Dritte nicht betroffen sind. Dies ist grundsätzlich bei den u. g. Vorgängen der Fall, die antragsgemäß beraten und entschieden werden. Diese generelle Zustimmung dient der organisatorischen und zeitlichen Straffung von Verfahrensabläufen; die Ziele des Land...