Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Gewährung der Arbeitszeit durch TV. Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auf Grund der tariflichen Regelung des TV-Ärzte KF ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, das Gehalt des Arztes anteilsmäßig um den Betrag zu kürzen, welcher der Arbeitszeit entspricht, die der Arzt infolge der tariflich rückwirkend erhöhten Arbeitszeit in der Vergangenheit nicht geleistet hat; der Arbeitgeber ist allein berechtigt, im tariflichen Ausgleichszeitraum die nicht geleistete Arbeitszeit nachzufordern.

2. Rufbereitschaft II wird gem. § 8 TV-Ärzte KF mit 25 % der Arbeitszeit vergütet.

 

Normenkette

TV-Ärzte KF § 5; TV-Ärzte KF § 8

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Urteil vom 23.11.2008; Aktenzeichen 1 Ca 2031/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.03.2011; Aktenzeichen 6 AZR 684/09)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 23.11.2008 wird teilweise abgeändert:

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.651,05 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte zu 17,61%, die Klägerin zu 82,39 %.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche, insbesondere in diesem Zusammenhang darüber, wie die Regelung in § 8 des Tarifvertrages Ärzte-KF über Rufbereitschaft auszulegen ist.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 1998 als leitende Oberärztin beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Dienstvertrag vom 11.05.2000, auf dessen Inhalt, Blatt 8 ff. der Gerichtsakten, Bezug genommen wird.

Auf das Arbeitsverhältnis war zunächst der BAT-KF anwendbar, der durch tarifliche Änderung überführt wurde in den TV Ärzte-KF. Vorliegend sind Vergütungsansprüche für die Übergangszeit sowie Vergütungen für Rufbereitschaftsdienste im Streit.

Für die Zeit von Juli 2007 bis einschließlich Januar 2008 wurde das Arbeitsverhältnis zunächst abgerechnet auf der Basis des BAT-KF, der unter anderem eine regelmäßige Arbeitszeit von 38,5 Stunden zugrunde legte.

Durch Beschluss der arbeitsrechtlichen Schiedskommission vom 22.10.2007 wurde der Tarifvertrag TV Ärzte-KF mit Wirkung zum 01.07.2007 rückwirkend zur Anwendung gebracht. Durch Verkündung und Veröffentlichung im kirchlichen Amtsblatt wurde diese Regelung wirksam am 15.01.2008.

Im Februar 2008 erfolgte eine Rückrechnung der Vergütung für den Zeitraum Juli 2007 bis einschließlich Januar 2008. Der neue Tarifvertrag (TV Ärzte-KF) sieht eine Arbeitszeit von 42 Wochenstunden vor bei einer erhöhten Grundvergütung. Die Beklagte rechnete den Zeitraum von Juli 2007 bis Januar 2008 im Februar 2008 nunmehr ab auf der Basis von 38,5 /42 des neuen Grundgehaltes und zahlte den sich daraus ergebenden überschießenden Betrag aus. Die Differenz aus der ungekürzten Grundvergütung für 42 Stunden zur Vergütung von 38,5/42 der neuen Grundvergütung beträgt 3651,05 EURO brutto. Rechnerisch sind die Beträge unstreitig.

Die Beklagte vergütet weiterhin rückwirkend ab dem 01.07.2007 Rufbereitschaft mit 25 % des tariflichen Stundenlohnes.

Der Tarifvertrag Ärzte-KF enthält hierzu folgende Regelung:

㤠8

Ausgleich für Rufbereitschaft und Bereichtschaftsdienst

(2.) Der Arbeitgeber darf Rufbereitschaft II nur anordnen, wenn erfahrungsgemäß eine durchschnittliche Arbeitsbelastung von höchstens 25 % der Zeit der angeordneten Rufbereitschaft zu erwarten ist. Die Zeit der Rufbereitschaft II wird zu 50 % als Arbeitszeit gewertet und dafür 50 % des tariflichen Stundenentgeltes der jeweiligen Entgeltgruppe und Stufe (individuelles Stundenentgelt) gezahlt.”

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Arbeitszeit sei mit einer 42 Stundenwoche, also mit dem vollen Grundgehalt abzurechnen, obwohl sie seitens der Beklagten nicht für 42 Wochenstunden eingesetzt worden sei.

Des Weiteren stünde ihr für die Rufbereitschaft eine Vergütung von 50 % regelmäßiger Vergütung zu. Denn bereits in der Rufbereitschaft I erhalte der Arzt nur eine geringfügig geringere Stundenvergütung, obwohl in der Rufbereitschaft II bis zu 25 % der Zeit gearbeitet werden dürfe. Würden diese 25 % kontinuierlich geleistet, sowie es bei der klagenden Partei der Fall sei, würden die restlichen Stunden der Rufbereitschaft nicht mehr vergütet.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 21.498,14 EUR brutto abzüglich 769,34 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank von 16.647,65 EUR seit 30.04.2008 und von 4.850,49 EUR seit 04.08.20908 zu zahlen.

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 34.236,32 EUR brutto abzüglich 769,34 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank von 16.647,65 EUR seit 30.04.2008 und von 17.588,67 EUR seit 04.08.2008 zu zahlen, abzüglich der Beträge aus dem Teilvergleich vom 27.11.2008.

Die Beklagte hat beant...

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