Entscheidungsstichwort (Thema)
Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag Anwendung der Tarifverträge der Metallindustrie nach dem Austritt des Arbeitgebers aus dem tarifschließenden Arbeitgeberverband
Leitsatz (redaktionell)
Die Auslegung einer Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede führt bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit des Arbeitgebers dazu, dass die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung zum Zeitpunkt des Austritts anzuwenden sind. Dies gilt weiterhin für Bezugnahmeklauseln, die vor dem 01.01.2002 vereinbart worden sind.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Urteil vom 08.01.2010; Aktenzeichen 4 Ca 927/09 lev) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 08.01.2010 – Aktenzeichen 4 Ca 927/09 lev – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch in der Berufung über die Gewährung einer pauschalen Tariflohnerhöhung, sowie über die tarifliche Vergütung ab Februar 2009.
Der am 13.12.1948 geborene Kläger ist aufgrund Arbeitsvertrages vom 04.11.1976 bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag heißt es u.a.:
„II. Vereinbarung
Wir stellen Sie mit Wirkung vom … als Qual/kontrolleur ein. Die ersten … Wochen gelten als Probezeit mit einer beiderseitigen Kündigungsfrist von… Tagen (Satz gestrichen). Danach gelten die tariflichen Kündigungsfristen.
Ihr Einstell-Lohn beträgt 10,50 DM/h (folgender Satz gestrichen) Sie werden bei Einstellung in Tariflohngruppe 7 eingestuft. Sonstige Zuschläge und Abzüge gemäß Betriebsvereinbarungen und Richtlinien.
Es besteht Einigkeit darüber, dass Sie in Früh-, Spät- und Nachtschichten beschäftigt werden können. Andere zumutbare Arbeiten, ggf. auch in anderen Abteilungen, können zugewiesen werden.
Mehrarbeit ist im Rahmen der gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen auf Anordnung des Vorgesetzten zu leisten. Die Vergütung wird im Tarifvertrag geregelt.
Im Übrigen gelten die gesetzlichen Vorschriften, die Bestimmungen des jeweils gültigen Tarifvertrages für die Metall-Industrie MTV sowie die beiliegende Arbeitsordnung und sonstige Betriebsvereinbarungen unseres Unternehmens in den jeweils geltenden Fassungen.”
Die Beklagte war bei Beschäftigungsbeginn des Klägers Mitglied im Arbeitgeberverband der Eisen-, Metall-, und Elektroindustrie. Der Kläger ist nicht tarifgebunden. Zum Ende des Jahres 2004 schied die Beklagte aus dem Arbeitgeberverband aus. Seit Anfang des Jahres 2005 ist sie OT-Mitglied in der Unternehmerschaft Rhein – Wupper e.V..
Die Beklagte wandte in ihrem Betrieb die jeweiligen Tarifverträge der Eisen-, Metall-, und Elektroindustrie bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitgeberverband an.
Der Kläger war zuletzt in der Tarifgruppe 8 beschäftigt und erhielt ein Bruttomonatsgehalt von 2.351,44 EUR (Tariflohn 2009,52,– EUR brutto gemäß Abrechnung Januar 2009). Am 13.11.2008 beschlossen die Tarifvertragsparteien der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen für die Zeit vom 01.11.2008 bis 30.04.2009 einen Pauschalbetrag für Vollzeitbeschäftigte von 510,– EUR brutto sowie eine lineare Erhöhung der Gehälter. Die Beklagte gab die tarifliche Lohnerhöhung nicht an den Kläger weiter.
Mit der vorliegenden am 02.03.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrte der Kläger, soweit für die Berufung von Bedeutung, die Zahlung der pauschalen Lohnerhöhung sowie die lineare Erhöhung der Gehälter ab Februar und Mai 2009.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass arbeitsvertraglich die Anwendung der Tarifverträge vereinbart worden sei. Bei der Klausel im Arbeitsvertrag handele es sich nicht um eine Gleichstellungsabrede. Es werde auf die Bestimmung des jeweils gültigen Tarifvertrages für die Metallindustrie verwiesen. Aufgrund der gewählten Formulierung sei die Beklagte auf Dauer an die dynamische Entwicklung der Tarife in der Metallindustrie gebunden. Der Austritt aus dem Arbeitgeberverband führe nicht zu einer anderen Beurteilung.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 510,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2009 zu zahlen;
- festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab Februar 2009 an den Kläger monatlich 2.427,70 EUR und ab Mai 2.477,75 EUR zu zahlen;
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die im Arbeitsvertrag geregelte Verweisungsklausel nur so lange gültig sei, wie der Arbeitgeber kraft Organisationszugehörigkeit tarifgebunden sei. Mit Austritt aus dem Verband habe der Kläger keinen Anspruch auf die Tariflohnerhöhungen.
Mit Urteil vom 08.01.2010 hat das Arbeitsgericht die Klage insoweit abgewiesen und ausgeführt, dass dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung der Tariferhöhungen nach dem Tarifabschluss 2008 zu stehe. Eine Bezugnahme in einem von einem tarifgebundenen Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag auf die für das Arbeitsverhältnis einschlä...