Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Kündigung bei Vorlage von fehlerhaften oder verspäteten Spielplänen für die nächste Spielzeit im Theater. Druckkündigung bei Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber durch Dritte. Unechte Druckkündigung bei Verhalten durch den gekündigten Mitarbeiter selbst. Massive Arbeitsplatzprobleme im vorherigen Arbeitsverhältnis nicht offenbarungspflichtig
Leitsatz (redaktionell)
1. Die fehlerhafte oder zu späte Vorlage eines Theaterspielplans ist keine (beharrliche) Pflichtverletzung und rechtfertigt keine fristlose Kündigung.
2. Das Verschweigen von Problemen beim vorherigen Arbeitgeber stellt keinen wirksamen Grund für eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung dar.
3. Die Voraussetzungen für eine echte oder unechte Druckkündigung liegen nicht vor.
Normenkette
BGB §§ 123, 124 Abs. 1, § 626 Abs. 1; ZPO § 301
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 13.12.2018; Aktenzeichen 5 Ca 1714/18) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 13.12.2018 - Az. 5 Ca 1714/18 wird zurückgewiesen.
- Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, außerordentlichen Kündigung sowie über die Wirksamkeit einer Anfechtung des Arbeitsvertrags sowie in der Berufungsinstanz zusätzlich über Zahlungsansprüche, die vorläufige Weiterbeschäftigung der Klägerin und die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte.
Die 50 Jahre alte Klägerin ist seit dem 01.05.2017 bei der Beklagten als Intendantin zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 11.500,00 € auf der Grundlage des auf den 22.02.2016 datierten Arbeitsvertrags (Anlage H1, Blatt 42 ff. der Akte) beschäftigt. Dieser lautet, soweit streiterheblich, wie folgt:
"§ 1
Frau B. C. trägt die Dienstbezeichnung der Intendantin der U. theater X. Q. C. GmbH. Sie ist die Alleinverantwortliche für alle künstlerischen Fragen im Rahmen des zur Verfügung stehenden Etats. In allen finanziellen Fragen ist die Geschäftsführung der U. theater X. Q. C. GmbH ihr Ansprechpartner.
§ 2
Das Vertragsverhältnis beginnt am 01.Mai 2017 und wird zunächst bis zum 31. Juli 2022 geschlossen. Wünschenswert ist eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses. Die beiden Vertragsparteien werden unter Einbindung des Gesellschafters Stadt X. und des Förderers Land NRW bis zum 31. März 2020 dazu abschließend beraten.
§ 4
[...]
Zur Vorbereitung ihrer Intendanz erhält die Intendantin einen Beratervertrag für die Zeit März 2016 bis einschließlich April 2017 auf Honorarbasis. [...]
§ 5
Die Intendantin verpflichtet sich, die im Rahmen ihres Vertrages erworbenen Kenntnisse vertraulich zu behandeln und dabei besonders darauf zu achten, das Informationen, die im Rahmen dieses Vertrages erlangt werden, nicht Dritten gegenüber bekannt gegeben werden. Diese Verpflichtung bleibt insgesamt auch bei vorzeitiger Beendigung des Vertragsverhältnisses bestehen. [...]
§ 7
Das U. theater X. ist berechtigt, das Vertragsverhältnis außerordentlich aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen des U. theater X. eröffnet oder die Gesellschaft liquidiert wird oder trotz Abmahnung wiederholt gegen § 5 verstößt."
Ausweislich des Arbeitsvertrags vereinbarten beide Parteien zudem zur Vorbereitung ihrer Intendanz einen Beratervertrag für die Zeit März 2016 bis einschließlich April 2017 auf Honorarbasis (§ 4 Abs. 3). Die Klägerin hatte sich entgegen dem Wunsch der Beklagten nach einer früheren Arbeitsaufnahme nur auf einen Werkvertrag als designierte Intendantin verständigt. Ab März 2016 ist die Klägerin aufgrund des Werkvertrags umfangreich für die Beklagte tätig geworden und hat bereits zu diesem Zeitpunkt ihre Arbeit an der Spielzeit 2017/18 und 2018/19 begonnen.
Die Beklagte beschäftigt mehr als 50 Mitarbeiter. Ein Betriebsrat besteht nicht. Nach § 8 des Gesellschaftsvertrags der Beklagten (Anlage H 62) ist es Aufgabe des gebildeten Beirats, den Leiter des U. theaters zu bestellen und abzuberufen.
Dem Vertragsschluss der Parteien ging ein langer Auswahlprozess voraus, bei welchem ein durchsetzungsstarker, mit viel Berufserfahrung, guter Reputation und hoher Kreativität ausgestatteter Intendant/Intendantin gesucht wurde. Erste Kontakte mit der Klägerin wurden bereits weit vor der Vertragsunterzeichnung geknüpft. Ab Spätsommer 2015 fanden intensive Gespräche mit dem Geschäftsführer der Beklagten statt, ab 12.10.2015 auch mit dem Vertreter der Alleingesellschafterin Stadt X. der Beklagten, Herrn Dr. T.. Bereits im September/Oktober 2015 erklärte die Klägerin offen ihre Motivation für einen Wechsel nach X.. Nach Abschluss des Auswahlverfahrens entschied sich der Beirat der Beklagten am 01.02.2016 kraft einstimmigen Beschlusses für die Klägerin als Intendantin. Dies wurde auf einer internationalen Pressekonferenz am gleichen Tag bekannt gegeben. Die Beklagte leitete der Klägerin unter dem 22.02.2016 einen Entwurf des Arbeitsertrags per E-Mail zu, wel...