Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebliche Altersversorgung – Unterstützungskassen. Übergang von Betrieb. Firma und Unterstützungskasse auf einen Erwerber, Haftung des Erwerbers für bereits entstandene Versorgungsverbindlichkeiten, keine Enthaftung aufgrund Weiterveräußerung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Arbeitgeber, der über eine Unterstützungskasse Versorgungsleistungen erbringt, wird nicht durch Veräußerung von Betrieb, Firma und Unterstützungskasse aus seiner Haftung für bereits entstandene Versorgungsverbindlichkeiten befreit.

2. Aus dem Vertrag mit dem Erwerber kann sich ergeben, daß dieser der Schuld (scil. Leistungsverpflichtung des Arbeitgebers gegenüber den Betriebsrentnern aus der Versorgungszusage, wenn die Unterstützungskasse notleidend wird) beitritt. Die Betriebsrentner haben dann einen Leistungsanspruch auch gegen den Erwerber, § 328 BGB.

3. § 26 HGB a. F. führt zu keiner Enthaftung des Firmenveräußerers.

 

Normenkette

BetrAVG §§ 1, 7; BGB §§ 328-329, 414-415, 613a; HGB §§ 25-26

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 18.09.1997; Aktenzeichen 9 Ca 2552/96)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 18.09.1997 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Betriebsrente in Anspruch.

Der Kläger trat am 28.03.1960 in die Dienste der S. L. GmbH, die in W., eine Druckerei betrieb. Die S. L. GmbH war Trägerin der „Unterstützungskasse S. L. e.V.W.”. Auf die „Satzung-Neue Fassung, gültig ab 1. Januar 1973”, wird in diesem Zusammenhang verwiesen (Bl. 200– 203 d. Gerichtsakte). Nach der Satzung (§ 3 a Abschn. B I Nr. 2 Pensionen) wird eine laufende Unterstützung „an alle Betriebsangehörige, die eine unterbrochene Dienstzeit von mindestens 10 Jahren nachweisen können und wegen Berufsunfähigkeit oder in rentenfähigem Alter ausscheiden”, gezahlt.

Zum 30.04.1978 schied der Kläger wegen Erreichens des Rentenalters aus dem Arbeitsverhältnis aus. Daraufhin nahm die Unterstützungskasse S. L. e.V. die Zahlung der Betriebsrente auf. Der jeweils zum Monatsanfang gezahlte Rentenbetrag betrug zuletzt (im Februar 1995) DM 87,50.

Ab dem Jahr 1975 firmierte der Druckereibetrieb als „S. L. GmbH, Zweigniederlassung der M. & W. GmbH”. Laut Eintragung im Handelsregister (Bl. 140 d.A.) hatte die Gesellschafterin der S. L. GmbH (Fa. ITT) zunächst am 02.07.1975 die Sitzverlegung von W. nach N., die Änderung der Firma in „M. & W. GmbH” und die Erweiterung des Unternehmensgegenstandes, dann – am 21.11.1975 – die Erhöhung des Stammkapitals von 300 TDM auf 6300 TDM und die Errichtung einer Zweigniederlassung in W. unter der Firma „S. L., Zweigniederlassung der M. & W. GmbH” beschlossen.

Am 05.05.1982 schloß die M. & W. GmbH mit dem jetzigen Geschäftsführer der Beklagten S. L. GmbH und deren früheren Mitgeschäftsführer F. einen Vertrag über die Veräußerung von Vermögen, Verbindlichkeiten und Geschäft der W. Druckerei. In Ziffer 9 des Vertrages ist (in deutscher Übersetzung) wörtlich bestimmt:

„Die Vertragspartner sind bereit, alle Anstrengungen zu unternehmen, um vor dem Abschluß die Zustimmung aller beteiligten Dritten zur Übertragung der Verträge auf die L.-Gesellschaft zu erhalten. In Fällen, in denen Dritte der Übertragung nicht zustimmen, werden die Käufer dafür sorgen, daß die L.-Gesellschaft diese Verträge erfüllt und den Verkäufer von jeglichen Ansprüchen aus diesen Verträgen schadlos hält. Die Vertragspartner sind weiterhin einverstanden, daß die L. Gesellschaft der L.-Unterstützungskasse solche Beträge zur Verfügung stellt, wie sie gegenwärtig von der L.-Unterstützungskasse nach dem Abschlußdatum benötigt werden, um alle Pensionsverpflichtungen an übertragene L.-Angestellte sowie an frühere L.-Angestellte, die unverfallbare Ansprüche haben, und an Pensionäre ordnungsgemäß zu erfüllen. Die Käufer werden die L.-Gesellschaft dazu veranlassen, die L.-Unterstützungskasse zu unterstützen und den Verkäufer von allen Ansprüchen, die sich aus Pensionszusagen ergeben, einschließlich solcher aus früheren Anstellungsverhältnissen, schadlos zu halten.

Nach Anlage II des Vertrages wurde u.a. die Unterstützungskasse mit 492 TDM übernommen.

Am 19.05.1982 gründete die M. & W. GmbH die „M. & W. Druckerei GmbH” (Sitz: W.; Unternehmensgegenstand: Betrieb einer Druckerei). Gemäß Vertrag vom 28.05.1982 erwarb die M. & W. Druckerei GmbH von der M. & W. GmbH „das gesamte Vermögen, die Verbindlichkeiten und das Geschäft ihrer Zweigniederlassung in W.”. Außerdem wurde die Firma in „S. L. GmbH”, i.e. die Beklagte, geändert.

Zum 01.11.1986 wurde der Betrieb der S. L. GmbH auf die neu gegründete „L. GmbH & Co. KG” übertragen. Laut Kaufvertrag vom 09.12.1987 übernahm die Erwerberin (Fa. S.) u.a. das Logo „L.” und die Unterstützungskasse nebst Vermögen. In § 5 Nr. 1 des Kaufvertrages erklärten die Beteiligten, sich dafür einzusetzen, daß der Pensions-Sicherungs-Verein K. die Beklagte aus der Mithaft entläßt.

Der Kläger erhielt im Februar 1995 die letzte...

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